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IHS-Chef Bonin: Klima ist "Leerstelle" im Regierungsprogramm

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IHS-Chef Holger Bonin: Alle mussten "Kröten schlucken"
©APA/APA/HANS KLAUS TECHT/HANS KLAUS TECHT
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Mit ihrem am Donnerstag präsentierten Regierungsprogramm haben ÖVP, SPÖ und NEOS "nicht grob was falsch gemacht" - so lautet die Gesamtbewertung von IHS-Chef Holger Bonin. Positiv sei, "dass man nicht zu viel verspricht". Auch der Fokus auf dem Thema Arbeit sei eine gute Gewichtung. Der Klimaschutz sei hingegen "eine Leerstelle, da hat man sich eher auf den Mindestkonsens geeinigt", sagte Bonin am Freitag zur APA.

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Das Regierungsprogramm strahle Realismus aus, weil vieles unter Finanzierungsvorbehalt stehe. Dinge, die nicht ausverhandelt worden seien, habe man offen gelassen. Es sei erkennbar, dass alle Beteiligten "Kröten schlucken mussten".

Dass man dem Thema Arbeitsmarkt viel Aufmerksamkeit widmet, bewertet Bonin positiv. Es würden die Fachkräfte-Versorgung, Beschäftigung älterer Menschen und Frauen in den Blick genommen, allerdings hätte man sich Konkreteres wünschen können, was die Tagesbetreuung von Kindern angeht. Gut sei, dass die AMS-Mittel für Integrationspolitik nicht gekürzt werden sollen. Auch die Bildungskarenz werde nicht komplett abgeschafft, sondern zielgenauer ausgerichtet.

Das Thema Klimaschutz sei im Regierungsprogramm hingegen wenig ausgearbeitet worden und habe ganz offensichtlich keine hohe Priorität - "eine Leerstelle", meint der Direktor des Instituts für Höhere Studien. "Da hat man sich eher auf den Mindestkonsens geeinigt, den europäischen Zielen zu folgen. Das ist immerhin schon mal was, das hätte man sich in der anderen Koalition vielleicht anders vorstellen können." Eine besonders proaktive Politik sei in diesem Bereich aber nicht zu sehen, meint Bonin und verweist beispielsweise auf die Ausweitung der motorbezogenen Versicherungssteuer auf E-Autos oder die vorzeitige Abschaffung des Umsatzsteuer-Nullsatzes für PV-Anlagen.

Als "zweite Leerstelle" identifiziert Bonin "alles, was in Richtung Föderalismusreform geht, auch letztlich eine nachhaltige Reform im Gesundheitswesen". Bei der Pensionsreform habe man immerhin erste Schritte gemacht. Hier ist unter anderem eine Erhöhung des Zugangsalters für die Korridorpension sowie der erforderlichen Versicherungszeiten geplant. Dabei hält der IHS-Chef die Korridorpension für wichtiger als die steuerlichen Anreize für Menschen, die über das Regelpensionsalter hinaus arbeiten. "Weil, man muss ja einmal das Regelpensionsalter erreichen." Der Koalition habe aber der Mut für eine langfristigere Perspektive bei den Pensionen gefehlt. Man habe sich nicht getraut zu sagen "was passiert, wenn wir die Finanzen in den 30-er Jahren dann aber immer noch nicht im Griff haben?"

Was die Budgetkonsolidierung angeht, habe man die nach Brüssel gemeldeten Zahlen im Prinzip übernommen. Es fehle aber die mittelfristige Perspektive für die nächsten fünf bis sieben Jahre. Zur Einnahmenerhöhung gebe es jetzt zwar auch Belastungen für die Energiewirtschaft und die Banken, "aber ansonsten sind das alles eher Belastungen, die auf die privaten Haushalte zukommen." So werde etwa der Klimabonus abgeschafft. Andererseits gebe es verhältnismäßig wenige Entlastungen, wie etwa die Steuerfreiheit für Prämien bis 1.000 Euro.

Für den Wegfall des Klimabonus gebe es eine gewisse Kompensation bei den Pendlern, was aber nicht sozial treffsicher sei. Während der Klimabonus eher als Entlastung für einkommensschwächere Haushalte gedacht gewesen sei, seien Pendlerhaushalte tendenziell eher nicht die ärmeren Haushalte.

Profitieren könnten ärmere Haushalte von der Mietpreisbremse - die aber nicht mehr so wirksam sei wie sie es in der Hochinflationsphase gewesen wäre. Statt in die Preise einzugreifen, sollte man besser die Mieter selbst unterstützen, meint der IHS-Chef.

Die Banken- und die Energieabgabe seien zwar "populär, aber rational nicht erklärbar", so Bonin. Es handle sich um "Steuerpolitik nach Kassenlage" - man belaste die Banken, weil sie in den letzten Jahren hohe Gewinne gemacht hätten. "Wenn das das einzige Argument ist, ist das nicht sehr konsistent."

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