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Geothermie: Der Schlüssel zu Europas zukünftiger Energieversorgung?

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Angesichts der Energiewende und dem Drang zur Klimaneutralität rückt eine verlässliche, jederzeit verfügbare Energiequelle in den Fokus: die Geothermie. Kann die Nutzung von Erdwärme Europas Weg zu einer unabhängigen und nachhaltigen Energieversorgung ebnen?

Europas Energiewende und die Rolle der Geothermie

Europa steht vor einer gewaltigen Herausforderung: Um den CO₂-Ausstoß zu verringern und unabhängiger von fossilen Brennstoffen zu werden, müssen alternative Energien in großem Stil und stabiler verfügbar sein. Die Geothermie, also die Nutzung der Wärmeenergie aus dem Erdinneren, bietet hierfür enormes Potenzial. Das Erdinnere ist eine unerschöpfliche Quelle von Energie, die, anders als Sonne oder Wind, jederzeit zur Verfügung steht – unabhängig von Wetterbedingungen.

Laut einer Studie der Europäischen Union könnten rund 25 Prozent des gesamten Energiebedarfs in Europa durch Geothermie gedeckt werden, wenn diese flächendeckend genutzt würde. Der Zugang zu Erdwärme könnte somit ein entscheidender Baustein für eine stabile und nachhaltige Energieversorgung sein, der die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen drastisch reduziert und gleichzeitig dem Aufbau eines dezentralen Energiesystems dient.

Geothermie in Europa: Regionen und Potenziale

In Regionen wie Island wird Geothermie bereits intensiv genutzt und deckt etwa 90 Prozent des Heizungsbedarfs. Auch in Italien und Frankreich, vor allem in den Regionen der Alpen und entlang vulkanischer Gebiete, gibt es vielversprechende geothermische Projekte. In Deutschland konzentrieren sich die Aktivitäten vor allem auf das Oberrheingraben-Gebiet und das Molassebecken in Bayern, wo die geothermischen Ressourcen besonders zugänglich sind.

Durch die Förderungsprogramme der EU, die z.B. über den „European Green Deal“ einen verstärkten Ausbau der Geothermie-Infrastruktur unterstützen, wird die Erschließung neuer Gebiete weiter vorangetrieben. So konnten bis 2022 mehr als 100 Tiefengeothermie-Projekte allein in Deutschland realisiert werden, mit einer Leistung von insgesamt mehr als 300 Megawatt (MW). Durch diese Projekte werden nicht nur Haushalte geheizt, sondern auch die Kühlung und die Stromproduktion mit Erdwärme realisiert.

Nachhaltig und zuverlässig: Die Vorteile der Erdwärme

Geothermie bietet viele Vorteile. Sie ist eine nahezu CO₂-neutrale Energiequelle, bei der kaum Schadstoffe entstehen. Die Nutzung ist sowohl für die Wärmeerzeugung als auch für die Stromproduktion möglich. Besonders attraktiv wird die Geothermie aber durch ihre Zuverlässigkeit: Während Wind- und Sonnenkraft von wechselnden Witterungsbedingungen abhängig sind, kann die Erdwärme eine stetige Grundlast liefern, die dem Energiebedarf zu jeder Tageszeit gerecht wird.

Darüber hinaus hat die Geothermie eine besonders hohe Flächeneffizienz: Während Windkraftanlagen und Solarfelder große Flächen benötigen, kann ein Geothermiekraftwerk auf relativ kleinem Raum betrieben werden. Eine weitere Stärke der Geothermie liegt in der Möglichkeit der dezentralen Nutzung. Besonders in urbanen Gebieten kann Erdwärme direkt genutzt werden, um große Gebäude oder ganze Stadtteile zu beheizen.

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 © IMAGO/Cavan Images

Die Herausforderungen: Finanzierung, Technik und Akzeptanz

Trotz aller Vorteile ist die Geothermie noch immer mit Herausforderungen konfrontiert. Die Initialkosten für die Erschließung geothermischer Ressourcen sind hoch, da Tiefbohrungen bis in mehrere Kilometer Tiefe erforderlich sind. Auch gibt es technische Hürden, vor allem bei der effizienten Umwandlung der Wärmeenergie in Strom. Zudem führen Sorgen um Erdbebengefahr und Auswirkungen auf die Umwelt oft zu Bedenken in der Bevölkerung, insbesondere in dicht besiedelten Gebieten.

In Deutschland und Frankreich, wo tiefe Geothermieprojekte gelegentlich Erdbeben ausgelöst haben, sind strenge Vorschriften und fortschrittliche Sicherheitstechnologien im Einsatz, um solche Risiken zu minimieren. Dennoch bleibt die öffentliche Akzeptanz ein entscheidender Faktor für den Ausbau der Geothermie. Viele Experten fordern daher, die Aufklärung der Bevölkerung über die Chancen und Risiken zu intensivieren.

Der Weg in eine geothermische Zukunft: Chancen für Europa

Trotz der bestehenden Herausforderungen gibt es viele Anzeichen dafür, dass die Geothermie in Zukunft eine größere Rolle in der europäischen Energieversorgung spielen wird. Der EU-Green-Deal und nationale Förderprogramme schaffen die notwendigen Rahmenbedingungen, um in Forschung und Entwicklung zu investieren und das Potenzial der Erdwärme effizienter zu nutzen. Länder wie die Niederlande und Italien, die bereits hohe Summen in Geothermieprojekte investieren, könnten damit zu Vorreitern werden und zeigen, wie diese Energiequelle nachhaltig und sicher genutzt werden kann.

Mit weiteren technologischen Fortschritten und der notwendigen politischen Unterstützung könnte die Geothermie in den kommenden Jahrzehnten zu einer festen Säule der europäischen Energieversorgung werden. So könnte sie nicht nur zur Dekarbonisierung beitragen, sondern auch eine verlässliche und unabhängige Energiequelle für ganz Europa schaffen.

Fazit: Ein unterschätztes Potenzial für Europas Energieversorgung

Geothermie bietet eine selten genutzte, aber vielversprechende Möglichkeit für eine nachhaltige und verlässliche Energieversorgung in Europa. Wenn Regierungen und die Bevölkerung die Potenziale der Erdwärme stärker wahrnehmen und in den Ausbau investieren, könnte sie zu einem entscheidenden Baustein einer klimaneutralen Zukunft werden.

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