Der Nationalrat hat am Mittwoch die verpflichtende Frauenquote in Aufsichtsräten beschlossen. 30 Prozent soll diese betragen und für börsennotierte Unternehmen sowie Betriebe mit mehr als 1000 Beschäftigten gelten. Die Vorgabe tritt ab 2018 in Kraft. Bei Nichteinhaltung drohen Sanktionen und der Platz bleibt unbesetzt. Doch was versteht man genau unter der „Frauenquote“? Welche Arten gibt es? Und wozu braucht es sie? Braucht es sie überhaupt?
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Mit der Frauenquote soll eine geschlechterbezogene Regelung für die Besetzung von Stellen in Wirtschaft, Politik oder Gesellschaft erreicht werden. Ziel ist die Gleichstellung von Männern und Frauen in allen Bereichen sowie die gezielte Förderung von Frauen. Die Quote kann als eine Art „Vorrangregel“ für Frauen in beruflichen Bereichen verstanden werden. Zurückzuführen ist diese Idee auf die Frauenbewegung der 80er Jahre. Und seitdem höchst umstritten.
Die eine Frauenquote gibt es nicht
Die Basis der Quotenregelung ist der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz: „Bund, Länder und Gemeinden bekennen sich zur tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau. Maßnahmen zur Förderung der faktischen Gleichstellung von Frauen und Männern insbesondere durch Beseitigung tatsächlich bestehender Ungleichheiten sind zulässig.“ Die Frauenquote ist eine dieser Maßnahmen.
Wobei es die eine Frauenquote nicht gibt. In Wahrheit gibt es unterschiedliche Modelle davon. So besagt die Entscheidungsquote beispielsweise, dass bei einer Einstellung oder Beförderung Frauen bevorzugt werden. Bei der Ergebnisquote hingegen will man bestimmte Zielvorgaben erreichen. Quoten dienen hier als Mittel zum Zweck. Ziel bei den Aufsichtsräten ist es nun beispielsweise, dass ab 2018 30 Prozent der Posten mit Frauen besetzt werden. Geschieht das mit „relativen“ Quoten werden wirklich nur dann Frauen eingestellt, wenn sie die gleichen Qualifikationen aufweisen wie ihre männlichen Mitbewerber. Bei „absoluten“ Quoten, werden so lange Frauen bevorzugt, bis ein ausgeglichener Frauenanteil erreicht wird. Im Öffentlichen Dienst liegt die Quote bei 50 Prozent. Für staatsnahe Betriebe gibt es bereits seit 2011 eine Frauenquote. Und sie wirkt. Hier ist der Frauenanteil seither auf über 40 Prozent gestiegen.
Frauen in Führungspositionen stark unterrepräsentiert
Fast die Hälfte aller Erwerbstätigen sind Frauen. Nach wie vor gibt es in Europa aber eine hohe Diskrepanz zwischen dem Anteil an beschäftigten und gut ausgebildeten Frauen gegenüber dem Anteil weiblicher Führungskräfte. Obwohl Frauen öfter über einen Studienabschluss verfügen als Männer, werden nicht mal ein Viertel der Sitze in Aufsichts- und Verwaltungsräten von Frauen besetzt. Das zeigt der Frauen.Management.Report.
Auch 2017 bleiben die Geschäftsführungen Männerbastion. Von 1002 Personen, die weltweit der Führungselite angehören sind gerade einmal 29 Frauen. Da die Berufswelt primär auf Männer ausgelegt ist, nimmt der Frauenanteil mit jeder Hierachieebene und Karrierestufe ab. Ein übrigens international zu beobachtendes Phänomen, das nicht nur hierzulande gilt. Dass qualifizierte Frauen kaum in Top-Positionen vordringen können, wird auch oft mit der Metapher der „Gläsernen Decke“ beschrieben.
In keinem Land Europas ist der Anteil von Frauen und Männern in Führungspositionen absolut ausgeglichen. Lediglich Island und Norwegen schaffen über 40 Prozent. Dicht gefolgt von Frankreich, Schweden, Italien und Finnland. Was all diese Länder gemeinsam haben: Eine Quotenregelung. Österreich liegt mit 20 Prozent unter dem europäischen Durchschnitt. Im Top-Management der umsatzstärksten Unternehmen Österreichs stehen 44 weibliche 565 männlichen Geschäftsführern gegenüber. Durchschnittlich sind also lediglich sieben von hundert Führungskräften weiblich. In den Aufsichtsräten sind es 18 Prozent. Dass Spitzenmanager hauptsächlich männlich sind liegt unter anderem daran, dass sie Nachfolger wählen, die ihnen ähnlich sind. Deshalb ist es vielen Menschen aus der Arbeiterschicht ebenso nicht möglich, in hohe Positionen aufzusteigen. Der Soziologe und Elitenforscher Michael Hartmann fordert daher nicht nur eine Quote für Frauen-, sondern auch für Arbeiterkinder.
Wozu Quoten?
„Quoten für Frauen in Aufsichtsräten sind gut und wichtig und werden helfen, Frauen in Führungspositionen zu bringen und sichtbarer zu machen“, meint Gundi Wentner, Aufsichtsratbesetzungs-Expertin und Partnerin bei Deloitte. Einen Mangel an weiblichen Kräften, wie von der ÖVP und FPÖ so oft konstatiert, sieht sie nicht. Schade findet Wentner aber, dass manche Frauen partout nicht als „Quotenfrau“ auftreten wollen und manche Männer wohl Frauen als solche diskreditieren werden. Dabei belegen viele Untersuchungen die zahlreichen Vorteile von gemischten Führungsteams. Diese würden die Arbeitswelt nicht nur gerechter machen, sondern seien auch erfolgreicher, da sie die Lage des Unternehmens aus unterschiedlichen Perspektiven bewerten können.
Die Einführung der Frauenquote in Norwegen zeigt beispielsweise, dass sich ein höherer Frauenanteil positiv auf die Arbeit, den Führungsstil und die Gruppendynamik auswirkt. Langfristig hat die Quote außerdem das Potential, positive Rollenmodelle zu schaffen. Die Quote sei zwar laut Wentner kein Allheilmittel, wenn man möchte, dass sich etwas tut, braucht man sie jedoch. Vor allem auch, da angesichts geburtenschwacher Jahrgänge ohnehin Personalknappheit drohe: „Ohne Frauen würde das Unternehmen ja auf die Hälfte des Potentials verzichten“, fügt sie hinzu. Während einige statt der 30 Prozent 50 fordern, ist für andere schon 30 zu viel. Denn die Frauenquote stößt nicht überall auf Begeisterung.
Wenig Begeisterung für verpflichtende Quote
Wenig erfreut zeigt sich beispielsweise die Industriellenvereinigung. Für Christian Friedl, Bereichsleiter der Gesellschaftspolitik der IV, kommt diese mit 2018 noch zu früh. Das Problem der geringen weiblichen Führungskräfte sei zwar bekannt, gerade in Industriebetrieben seien aber eben nun einmal wenig Frauen tätig. In der Industriebranche sei man noch damit beschäftigt, Frauen mit Netzwerken, Schwerpunktthemen oder Ausbildungsprogrammen auf Führungspositionen vorzubereiten. „Wir freuen uns nicht darüber, weil es nicht das richtige Mittel ist, um das Problem zu lösen, aus unserer Sicht“, kommentiert Friedl die verpflichtende Quote.
Friesl ortet grundsätzlich strukturelle Probleme und fordert neue Rollenbilder. Hier müsste bereits im Kindergarten angesetzt werden. So soll etwa das Interesse an „MINT“-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) gestärkt werden. Die Berufswahl sei immer noch stereotyp. Die Hälfte der weiblichen Lehrlinge entscheide sich für die Berufe Friseurin, Einzelhandels- oder Bürokauffrau, gab der Bereichsleiter zu bedenken. Das spiegelt sich auch in den Zahlen wieder: In der Industrie beträgt der Frauenanteil in der Geschäftsführung lediglich 4,3 Prozent. Zum Vergleich: Im Dienstleistungssektor sind es immer fast 13. Gerade aber in Hinblick auf die Zukunft des Arbeitslebens, Stichwort Industrie 4.0, müssten Frauen hier eine größere Rolle spielen.
Arbeiten in einer gerechteren Welt
Um Gleichstellung am Arbeitsmarkt auf allen Ebenen zu fördern, braucht es neben der Frauenquote allerdings auch noch andere Maßnahmen. Frauenministerin Rendi-Wagner tritt daher nicht nur für einen Mindestlohn von 1.500 Euro brutto ein, sondern fordert ebenso mehr Lohntransparenz sowie den Ausbau der Kinderbetreuung. Nur durch die Schaffung besserer Betreuungsmöglichkeiten kann das Problem der Doppelbelastung Familie und Beruf entschärft werden. Geht es nach der Ministerin, sollte es außerdem immer die Option geben, von Teilzeit auf Vollzeit zurückzukehren. Nur dann würden sich auch Männer trauen, ihre Arbeitszeit zugunsten der Familie zu reduzieren.