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Damals gingen die Bundeswohnungen um 961 Mio. Euro an ein Konsortium rund um die Immofinanz des umstrittenen Managers Karl Petrikovics, der unterlegene Bieter CA Immo hatte gerade einmal 1 Mio. Euro weniger für die rund 60.000 Wohnungen geboten. Das sorgte zwar für Überraschung, dass diese Privatisierung möglicherweise geschoben war, stellte sich aber erst ein paar Jahre später heraus, als bekannt wurde, dass zwei Grasser-Freunde - Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger und Lobbyist Peter Hochegger - bei dem Immofinanz-Deal 9,6 Mio. Euro an Provision mitgeschnitten hatten.
Die Frage lautete danach: Hatte Grasser seinen Freunden, die die Immofinanz berieten, verraten, wie hoch das Angebot für einen Zuschlag sein müsse und damit die Republik geschädigt? Der Ex-Finanzminister verneint das wortreich bis heute, allerdings wird er von Hochegger schwer belastet. Dieser hatte beim 168 Tage dauernden Buwog-Prozess Grasser vorgeworfen, an einem Tatplan gearbeitet zu haben, sich illegal an der Republik zu bereichern. Im Dezember 2020 erging dann das erstinstanzliche Urteil im Wiener Straflandesgericht, Grasser muss für acht, Meischberger für sieben und Hochegger für sechs Jahre in Haft. Alle drei beriefen gegen das Urteil, am Donnerstag sehen sich die Ex-Freunde beim OGH am Wiener Schmerlingplatz wieder.
Ungewöhnlich lange, ganze vier Tage, hat der OGH für das Berufungsverfahren anberaumt. Ob sie wirklich benötigt werden, wird unter anderem davon abhängen, wie umfangreich die Anwälte der Angeklagten von ihrem Rederecht Gebrauch machen. Im Strafverfahren hatte insbesondere Grasser-Anwalt Norbert Wess sehr ausführlich Stellung genommen. Und auch Grasser hatte sein Rederecht ausgiebig genutzt. Neue Beweisaufnahmen sind keine vorgesehen. Die Berichterstatterin des Fünf-Richterinnen-Senats wird zunächst den bisherigen Verfahrensgang skizzieren, anschließend tragen die Verteidiger ihre Rechtsmittel vor. Danach kommt die Vertretung der Generalprokuratur zu Wort, ehe die Angeklagten Gelegenheit haben, allfällige Schlussworte an den Senat zu richten.
Nach dem Urteil im Dezember 2020 sprach Grasser von einem "glatten Fehlurteil" und einem "politischen Urteil". Meischberger warf Richterin Marion Hohenecker Befangenheit vor. Beide Ex-Politiker kündigten damals an, vor den Europäischen Gerichtshof zu gehen. In der Zwischenzeit hat auch Richterin Hohenecker ihren Job gewechselt und arbeitet nun für die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Gut 13 Monate nach dem erstinstanzlichen Urteil im Grasser-Prozess lag im Jänner 2022 das schriftliche Urteil im Grasser-Prozess vor. Es umfasste knapp 1.300 Seiten.
Wobei es beim OGH nicht nur um die Buwog geht, sondern auch um die Einmietung der Finanzbehörden in den Linzer Terminal Tower, bei dem laut erstgerichtlichem Urteil rechtswidrig 200.000 Euro Provision vom Errichterkonsortium rund um die Porr und die RLB OÖ an Grasser und Co gegangen sind. Insgesamt umfasste das erstinstanzliche Urteil acht Schuld- und sechs Freisprüche. Vollinhaltlich freigesprochen wurde der frühere Immofinanz-Vorstand Christian Thornton und weitere fünf Angeklagte.
Der Oberste Gerichtshof hat jedenfalls mehrere Möglichkeiten in der Causa Buwog/Terminal Tower Linz: Er könnte die eingebrachten Rechtsmittel verwerfen und die Urteile samt Strafen bestätigen, er könnte aber auch die Urteile aufheben und eine Neuaustragung des Prozesses anordnen. Oder aber auch der OGH bestätigt einen Teil der Urteile und hebt andere Teile auf. Schlussendlich könnte der Richtersenat auch die Urteile des Erstgerichts bestätigen, aber das Strafmaß mildern.
Halten Schuldspruch und Strafe, bekommen die Angeklagten eine Aufforderung zum Strafantritt. Nach Verbüßung der Hälfte der Strafe, im Fall von Grasser also nach vier Jahren, könnte der Ex-Spitzenpolitiker frühestens einen Antrag auf vorzeitig bedingte Entlassung stellen. Schon nach Verbüßung von drei Jahren könnte er einen Antrag auf eine Fußfessel stellen.
Was gerne übersehen wird: In dem Verfahren geht es nicht nur um die Strafhöhe, sondern auch um die Wiedergutmachung des Schadens des nahezu eine Milliarde schweren Buwog-Deals. Im Falle der CA Immo, die den Zuschlag für die Buwog-Wohnungen knapp verloren hat, wurde der Konzern vom Wiener Straflandesgericht auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
(S E R V I C E: Ein umfangreiches Paket zum OGH-Verfahren gegen Grasser ist bereits am 13. März 2025 gelaufen. APA0025, APA0027 APA0030, APA0031 sowie GRAFIK 0385-25, Format 88 x 160 mm)