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Signa: Benko-Razzia und ein PR-Coup

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Hausdurchsuchung bei René Benko

©Markus Angerer/APA/picturedesk.com
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René Benko und Teile seines Netzwerks stehen schon seit Monaten im Visier von Ermittlern im In- und im Ausland von Vaduz bis Wien. Kürzlich kam es zu Hausdurchsuchungen an mehreren Standorten in Österreich. News kennt die Details.

Nur wenige Tage vor den Hausdurchsuchungen wagte sich ein Mann aus der Deckung, der eigentlich viel zu erzählen hätte und es dann bis auf wenige Ausnahmen bei ein paar Allgemeinplätzen und mit der Herstellung von persönlicher Distanz zu seinem vormaligen Herrn und Gebieter versuchte. Manuel Pirolt, Benkos Mann der Zahlen, wandte sich an die Öffentlichkeit. Die offensichtlich akkordierte und länderübergreifende Vorgehensweise ist wohl schon über Wochen geplant worden. Pirolt griff als Noch-Vorstandsmitglied der Signa Prime auf eine ohnehin bereits für das Unternehmen tätige PR-Firma aus Wien zurück, die der ÖVP nahesteht. In deren Räumlichkeiten ließ er sich dann auch mit ernster Miene ablichten. Warum genau er sich auf diese Weise ohne jegliche Notwendigkeit auf die Bühne der Medienöffentlichkeit begab, blieb für den genauen Beobachter unklar. Ebenso, warum ihm in keinem der besagten Interviews die von News aufgedeckten Geldverschiebungen und Kreisüberweisungen konkret vorgehalten wurden. Möglicherweise fielen diese Fragen und seine Antworten auch der Autorisierung zum Opfer. Also blieb bis auf die Botschaft, er, Pirolt, sei mit Benko nicht befreundet und obendrein sei Benko "nur" Berater der Signa gewesen, wenig übrig. Nur ein interessanter Nebenaspekt dieser unerwarteten Offensive: Wer Benko schlicht auf eine Rolle als Berater reduziert, erhöht natürlich seine eigene Rolle als Finanzchef.

Zuckerbrot und Peitsche

Die Beziehung zwischen Benko und Pirolt war über die Jahre fast durchwegs eng. Der Ton mitunter rau und deftig. So schrieb Benko etwa einmal: "Stell Dich nicht blöd – es war ein zwei Stunden Kick off wo die erste Stunde Immobilien war und die zweite Stunde Retail – Du wirst irgendwann Prioritäten setzen müssen zwischen Arbeiten und Geld verdienen (…)." Doch Benko brauchte Pirolt. Zu jeder Tages- und Nachtzeit musste der Signa-Finanzchef Gewehr bei Fuß stehen und bei Benko antanzen. Zumeist in der Früh gingen die beiden das von Pirolt aufbereitete Zahlenmaterial durch. Pirolt dürfte dabei auch intensiv mit den schattigen Ecken in Benkos Reich in Berührung gekommen ein. Dazu zählten Liquiditätsberechnungen, aber auch die Einblicke in die einzelnen Optionsvereinbarungen, die Benko mit Investoren, auch aus dem arabischen Raum, eingegangen war, um sie zu gewinnen oder bei der Stange zu halten.

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Manuel Pirolt galt jahrelang als Schlüsselfigur im Benko-Netzwerk. Jetzt zieht er sich aus dem Unternehmen zurück

 © Signa/Stephan Pick

Pirolt hatte als einer der wenigen den breiten Überblick über das Signa-Konstrukt. Über die Forderungen und Verbindlichkeiten. Über die Signa-Sphäre und über die Laura-Sphäre. In Letzterer verwaltete Pirolt als langjähriges Vorstandsmitglied der Laura-Privatstiftung mitunter auch das millionenschwere Vermögen der von Benko gestifteten Laura-Stiftung. Die Bilder, die Ferraris und das Immobilienreich im Schatten. Mehr noch: Pirolt zeichnete auch für die horrenden Benko-Honorarnoten verantwortlich.

"Kannst Du Dich um Deinen wichtigsten Berater kümmern und die Rechnungen bezahlen", erinnerte Benko Pirolt an die Überweisung der "Konsulentenhonorare 2022". Und Pirolt meldete umgehend zurück: "Sind schon im Zahlungslauf".

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René Benko und Manuel Pirolt hatten offenbar schon länger den "Worst Case" im Auge

 © News

Der Bierdeckel

René Benko wurde von Pirolt über die wirtschaftliche Lage der Signa-Gruppe im Detail auf dem Laufenden gehalten. Kein Zahlungsstrom sollte an Benko vorbeigehen. Insbesondere die "Cash-Flow-Rechnung" war für den Finanzjongleur von großem Interesse. Er legte Wert auf regelmäßige Updates. Zur Lage der Signa Holding wie auch der wichtigsten Gesellschaften namens Prime und Development. Pirolt lieferte.

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Die WKStA geht in die Offensive und führt nun zahlreiche Verfahren gegen Benko und sein Umfeld. Das von News aufgedeckte "Geldkarussell" steht im Fokus der Untersuchungen

 © News

Er etablierte mit Benko schon vor Jahren ein eigenes System. Sie nannten es "Bierdeckel". Eine simple strukturierte Übersicht über die Zahlungseingänge und Ausgänge. In großen grünen Lettern stand dort regelmäßig "WORST CASE" geschrieben, der schlimmste Fall. Dieser sollte bekanntlich Mitte August 2023 eintreten, als am 17. August eine dringend erforderliche Finanzspritze, diesmal aus Korea, ausbleiben sollte. Die 400 Millionen Euro wurden im letzten Moment abgesagt, und Benko sollte das laut einer Mail in dem Buch "Inside Signa" an Pirolt gerichtet mit folgendem Wort quittieren: FUCK. Danach nahm das ganze Signa-Drama, gleichsam der letzte Akt, seinen Lauf. Mit einer Insolvenzkaskade, aber auch mit einem Reigen an Sachverhaltsdarstellungen und Ermittlungen durch Staatsanwälte und Kriminalisten.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 27+28/2024 erschienen.

Die Causa Benko - News berichtete:

Inside Signa: Aufstieg und Fall des René Benko. Ein Blick hinter die Kulissen und neue Fakten über groteske Deals, Politnetzwerke und den Zerfall eines Imperiums.

Inside Signa: Aufstieg und Fall des René Benko. Ein Blick hinter die Kulissen und neue Fakten über groteske Deals, Politnetzwerke und den Zerfall eines Imperiums.

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Causa René Benko

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