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Die Praxis, Überstunden nicht zu zahlen, schädige nicht nur die Arbeitnehmenden, "das ist auch deshalb bitter, weil das Geld für den privaten Konsum fehlt" und damit die kränkelnde Konjunktur weiter geschwächt werde, meinte Anderl. Im Endeffekt entgingen dem Staat durch den "Lohnraub" zusätzliche Einnahmen, die es angesichts des aktuellen Budgetdefizits dringend benötige. Die AK-Präsidentin bezifferte die entgangene Lohnsteuer durch nicht bezahlte Überstunden auf 960 Mio. Euro, die entgangenen Einnahmen für die Sozialversicherung auf rund 330 Mio. Euro.
Ines Stilling, Bereichsleiterin Soziales bei der AK Wien, sprach von einer "sinkenden Zahlungsmoral" unter Wirtschaftstreibenden, während die "Arbeitsbereitschaft der Beschäftigten weiter auf enorm hohem Niveau ist". So sei zwar die Zahl aller geleisteten Überstunden verglichen mit 2023 um knapp 7 Prozent zurückgegangen, die Quote an nicht abgegoltenen Überstunden habe sich in jüngerer Vergangenheit aber erhöht. 2020 etwa seien bei 216 Mio. Überstunden gut 30 Mio. nicht bezahlt worden - also knapp 14 Prozent im Gegensatz zu den rund 25 Prozent heute.
Männer leisten ihren Angaben zufolge zwei Drittel aller Überstunden, die Zahlungsbereitschaft sei bei Frauen allerdings geringer. So werde fast jede dritte von Frauen geleistete Überstunde nicht kompensiert, bei Männern seien es 23 Prozent.
Geht es nach Anderl, sollten Arbeitgeber, die ihren Arbeitnehmern berechtigte Ansprüche aus Überstunden vorenthalten, "Strafzuschläge von 100 Prozent" auferlegt werden. Außerdem brauche es mehr Personal für Arbeitsinspektorate, die Betriebskontrollen durchführen, sowie ein gesetzliches Verbot von Verfallsfristen für Überstundenzuschläge in Arbeitsverträgen. Rückendeckung bekam sie vom Gewerkschaftsbund (ÖGB), der für "schwarze Schafe" ebenso höhere Zuschläge verlangt.