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12 Millionen: Signa Prime klagt Benkos Haus- und Hofkanzlei

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©APA/EXPA/Johann Groder
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Die Steuerberatungskanzlei TPA war der finanzmaroden Gruppe in der Vergangenheit bei der Vermeidung der Konsolidierungspflicht beratend zur Seite gewesen – News liegt das Geheimpapier vor.

Norbert Abel, der Sanierungsverwalter der finanzmaroden Signa Prime Selection AG, nimmt die Haus- und Hof-Steuerberatungskanzlei von Immobilienspekulant René Benko ins Visier: Laut dem fünften Bericht an das Handelsgericht Wien, der News vorliegt, hat Abel eine Klage gegen TPA eingebracht. In Summe geht es um 12,063 Millionen Euro. Davon entfallen 3,943 Millionen auf eine Anfechtung, bei weiteren acht Millionen Euro geht es um Schadenersatz.

TPA-Partnerin Karin Fuhrmann gilt, wie mehrfach berichtet, seit Jahren als enge Vertraute des Signa-Gründers. Die 58-Jährige bekleidet seit 13 Jahren den Vorstandsvorsitz der Familie Benko Privatstiftung, die mittlerweile ebenfalls in die Pleite geschlittert ist. Die Familie Benko Privatstiftung war so etwas wie die heimliche Holding des offenbar bewusst undurchsichtig gehaltenen Signa-Konglomerates.

Fuhrmann und die TPA waren der Signa-Gruppe dabei als Berater behilflich gewesen, die Konsolidierungspflicht zu vermeiden. Das geht aus einem Geheimpapier hervor, das News vorliegt.

 

„Empfehlungen“

Das Dokument aus dem November 2018 trägt den Titel: „Konsolidierungspflicht der Signa Holding – Empfehlungen“. In dem 13-seitige Dokument wird selbst für bilanztechnische Laien gleich zu Beginn klar, worum es bei diesem Auftrag ging: Unter dem Punkt „Zielsetzung“ heißt es wörtlich: „Ziel unserer Empfehlungen ist die Vermeidung einer Konsolidierungspflicht der Signa Holding (SIHO) hinsichtlich der Konzerne von Signa Prime Selection AG („Prime“), Signa Development Selection AG („SDS“) und Signa Retail GmbH („Retail“).“ Im ersten Unterpunkt heißt es: „Es soll vermieden werden, dass SIHO (also Signa Holding, Anm.) überhaupt einen Konzernabschluss aufstellt.“

Dann wird es sehr technisch: „Zur Erreichung des Ziels ist es essentiell, dass keine Beherrschung nach §244 Abs 2 UGB hergestellt wird. Das bedeutet in erster Linie, dass SIHO (also Signa Holding, Anm.) niemals mehr als 50 % der Stimmrechte an Prime, SDS oder Retail erlangt. Dies ist ein hartes Kriterium, wo es kein Ermessen gibt.“

Das bedeutet: Rene Benkos Signa-Gruppe hatte keinen Aufwand gescheut, Umgründungen bzw. Neugründungen vorzunehmen, damit nur ja keine offizielle Konsolidierungspflicht entsteht. Inoffiziell war Rene Benko freilich der dominante Mann, der auch ohne offizielle Organfunktion (Vorstand, Geschäftsführer, Aufsichtsrat) im Signa-Geflecht über allen anderen stand. Und als informeller Machthaber in Auftrag gab, welchen Kurs der Konzern einschlägt, obwohl er selbst – auf dem Papier – lediglich als Berater an Bord war.

Die zweite entscheidende Empfehlung der TPA betraf Ende 2018 die einheitliche Leitung. Das bedeutet: Die Führung der wesentlichen Konzerngesellschaften der Signa sollte bestmöglich personell getrennt sein bzw. werden. Die TPA sprach laut ihrem Papier eine eindeutige Warnung aus: Die Ausgangslage der Signa Holding “betreffend die Feststellung des Vorliegens einheitlicher Leitung ist grundsätzlich als grenzwertig einzustufen. Die eigentliche Funktion einer Holding-Gesellschaft liegt in der Steuerung eines Konzerns.” Aus eben diesem Grund müsse “besonderes Augenmerk auf die personelle Besetzung der Leitungsorgane (keine überwiegende Personenidentität) sowie auf die Ausgestaltung von Management-Verträgen zwischen der obersten Holding-Gesellschaft und deren Untergesellschaften gelegt werden (Beratungscharakter vs Entscheidungscharakter).”

Absurderweise wollte die Signa-Gruppe keinesfalls als Gruppe firmieren. Offensichtlich aus dem Grund, damit nur ja keine kreditgebenden Banken, geldgebende Investoren oder die interessierte Öffentlichkeit einen echten Einblick in konsolidierte Finanzkennzahlen dieser Gruppe erhalten. Die Kanzlei TPA hatte für Signa im November 2018 sogar Empfehlungen für den öffentlichen Auftritt parat. So heißt es etwa auf Seite 9 des Geheimpapiers: “Auf der Homepage der Signa finden sich einige Hinweise auf das Vorliegen einer zentral gesteuerten Gruppe, die starke Indizien für das Vorliegen einer einheitlichen Leitung darstellen. Wir verweisen auf das E-Mail vom 4. November 2016. Im Folgenden stellen wir nochmals die Highlights dar.” Offenbar war die drohende Konsolidierungspflicht bereits über Jahre Thema. Von TPA wurde jedenfalls empfohlen, das Wort ‘Gruppe’ zu entfernen und nur von ‘SIGNA’ zu sprechen.” 

Anfechtungen

Das dicke Ende ist bekannt. Bei der Signa-Gruppe setzte Ende 2023 ein Konkurs-Domino ein. Heute müssen sich Insolvenzverwalter, Anwälte und Ermittler mit einem Dickicht an Firmen auseinandersetzen, um Zahlungsflüsse und Abhängigkeiten nachvollziehen zu können.

Allein bei der Signa Prime hat Sanierungsverwalter Abel laut seinem fünften Bericht mittlerweile 442 ausgehende Zahlungen identifiziert, die angefochten und zurückgefordert werden sollen. In Summe geht es um 456 Millionen Euro.

Causa René Benko

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