Der Alpenverein ist nicht nur der mitgliederstärkste alpine Verein hierzulande, sondern auch einer der größten Grundbesitzer Österreichs. Und ein Verein mit einer bewegten Geschichte.
Was ist der Alpenverein, was sind seine Aufgaben?
Der Österreichische Alpenverein (ÖAV) ist der größte alpine Verein Österreichs. (Der größte Verein Österreichs ist der ÖAMTC.)Seine knapp 650.00 Mitglieder verteilen sich auf rund 200 Sektionen. Der ÖAV betreibt 231 alpine Schutzhütten, betreut ein rund 26.000 Kilometer langes Wegenetz und über 200 Kletteranlagen. Die Vereinsarbeit wird von rund 25.000 Ehrenamtlichen geschultert. Neben der Betreuung des Wegenetzes gehören die Förderung des Bergsports sowie die Ausbildung von Sportler:innen und Fachleuten zu den wichtigsten Tätigkeiten des Vereins. Der ÖAV versteht sich selbst als „Anwalt der Alpen“ und ist in Natur- und Umweltschutzprojekten involviert.
Der Alpenverein ist mit 33.500 Hektar (Stand 2011) einer der größten Grundbesitzer Österreichs. Ein Großteil davon liegt im Nationalpark Hohe Tauern, dem ersten Nationalparks Österreich. Das Magazin „Trend“ sprach vom ÖAV einst als „Österreichs reichsten Verein“.
Alpenverein in Fakten und Zahlen:
Gründungsjahr: 1862 in Wien
Vereinssitz: Innsbruck
Vorstand: Andreas Ermacora
Mitglieder: 649.436 (Stand Ende Dezember 2021)
Sektionen: rund 200
Größte Sektion: Wiener Alpenverein Edelweiss mit 78.675 Mitgliedern
Ehrenamtliche Mitarbeiter:innen: 25.000
Schutzhütten: 231
Vom Verein betreutes Wegnetz: 26.000 Kilometer
Grundbesitz: 33.500 Hektar (Stand 2011)
Kosten für Mitgliedschaft: 62 Euro im Jahr
Wie ist der ÖAV entstanden? [Geschichte]
Die Gründungsversammlung des ÖAV fand am 19. November 1862 im grünen Saal der Akademie der Wissenschaften in Wien statt. Zweck des von drei Studenten gegründeten Vereins sollte sein, mit Vorträgen und Publikationen „die Kenntnis von den Alpen zu verbreiten, die Liebe zu ihnen fördern und ihre Bereisung zu erleichtern“. Bereits 1873 kam es zur Verschmelzung mit dem 1889 gegründeten Deutschen Alpenverein (DAV), am Vorabend des 1. Weltkriegs unterhielt man gemeinsam 400 Sektionen und 319 Hütten.
Der Alpenverein im Nationalsozialismus
Bereits zu diesem Zeitpunkt waren in dem Bergsteigerverein antisemitische, fremdenfeindliche und völkische Töne laut. Auch wenn offiziell keine Pflicht bestand, führten die meisten Sektionen nach dem 1. Weltkrieg den „Arierparagraphen“ ein, der Jüd:innen de facto vom Verein ausschloss. Nach 1938 wechselte der Vereinssitz nach Innsbruck, wo er sich bis heute befindet. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde der ÖAV in den „Nationalsozialistischen Reichsbund für Leibesübungen“ eingegliedert, sämtliche konkurrierenden Vereine, z.B. die sozialistischen Naturfreunde, wurden verboten.
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Nachkriegszeit und erster Nationalpark
Nach turbulenten Nachkriegsjahren kamen mit dem wirtschaftlichen Aufschwung Österreichs auch auf den ÖAV erholsamere Zeiten zu. Aktivitäten und Mitgliederzahl wurden beständig größer. Auch weil Erholung und Freizeit in der Gesellschaft einen höheren Stellenwert einnahmen und Bergsport und Wandern sukzessive zum Massensport wurden. In den 1980ern konnte der ÖAV die Realisierung des Nationalparks Hohe Tauern durchsetzen, der erste Nationalpark hierzulande.
Wie viele Mitglieder hat der Alpenverein?
Mit Stichtag 31.12.2021 verzeichnet der ÖAV 649.436 Mitglieder, rund 48.000 mehr als im Jahr zuvor. Seit Jahrzehnten wächst die Mitgliederzahl (mit wenigen Ausnahmen, z.B. das Corona-Jahr 2020) beständig an. Das treueste Mitglied ist mit 95 Jahren Mitgliedschaft die 101-jährige Gertrude Gostner. Noch als Kind registrierte sie ihr Vater beim ÖAV.
Wie ist der ÖAV aufgebaut?
Sitz des ÖAV ist Innsbruck. Bundesweit besteht der Alpenverein aus rund 200 Sektionen. Die größte ÖAV-Sektion ist mit derzeit 78.675 Mitgliedern der Wiener Alpenverein Edelweiss. Neben inländischen Sektionen unterhält der ÖAV auch Sektionen im Ausland, zum Beispiel die Sektion Britannia oder die Sektion Flandern. Die Sektion Weitwanderer versteht sich als überregionale Sektion.
Wie auch in anderen Vereinen üblich hat jede Sektion
eine Vorsitzende
eine Schriftführerin und
einen Kassier.
Hinzu kommen spezifische Funktionen wie
der Wegewart
der Hüttenwart oder
der Alpinwart.
Der Vorstand des Alpenvereins
Der Vorstand des Bundes-ÖAV wird alle vier Jahre neu gewählt. Derzeit wird das Amt von Andreas Ermacora bekleidet. Schon dessen Vater, langjähriger ÖVP-Nationalratsabgeordneter, fungierte einst als ÖAV-Chef.
Was bringt eine Mitgliedschaft beim Alpenverein?
Eine reguläre Mitgliedschaft im Alpenverein kostet 62 Euro jährlich, vergünstigt zwischen 26 und 48 Euro. Für seine Mitglieder bietet der Alpenverein umfassende Vorteile. Der wohl Wichtigste: Im Mitgliedsbeitrag ist der „Alpenverein Weltweit Service“ mitinbegriffen, eine Versicherung für Bergungskosten, Rückhol- und Überführungskosten sowie Krankenhausaufenthalte im Ausland. Eine Hüttenübernachtung ist für Vereinsmitglieder mindestens zwölf Euro günstiger, auch im benachbarten Ausland. Im hauseigenen Sportshop bekommen ÖAV-Mitglieder Rabatte auf Kletter- und Wanderausrüstung, auch Ausleihen ist günstiger. Zudem erhalten Mitglieder Rabatte auf Ausbildungsangebote der Alpenverein-Akademie.
Auch Nichtmitglieder haben (beschränkten Zugang) auf das Portal alpenvereinaktiv.com zur Planung von Wandertouren oder auf den Wetterdienst des Alpenvereins. Die beiden Tools sind auch als App verfügbar.
Der Alpenverein, die Naturfreunde und die Politik
Wie bei so vielen Freizeitaktivitäten in Österreich existiert auch beim Bergwandern eine parteipolitische Doppelung. Während die Naturfreunde der SPÖ zugerechnet werden, gilt der ÖAV als Vorfeldorganisation der ÖVP. Einst konnte man die Mitglieder des jeweiligen Vereins sogar am Berggruß erkennen. So grüßten die „Roten“ am Gipfel mit „Berg frei!“, die „Schwarzen“ mit „Berg Heil!“ (was man aufgrund historischer Vorbelastung mittlerweile weitgehend unterlässt).
Offiziell gilt der Alpenverein – im Gegensatz zu den meist offen sozialdemokratischen Naturfreunden – als parteiunabhängig und überkonfessionell. Zumindest inoffiziell gilt er jedoch als bürgerlich bzw. ÖVP-nah, auch gewisse personelle Überschneidungen sind nicht von der Hand zu weisen. Die Gräben von einst scheinen jedoch zu großen Teilen überwunden. Auf alpinen Hütten gilt das Gegenrechtsabkommen, Mitglieder des einen bekommen Vergünstigungen beim jeweils anderen. In Salzburg teilen sich Naturfreunde und ÖAV seit 2019 sogar ein eigenes Vereinsgebäude.
Einzig in Sachen Mitgliederstärke bestehen nach wie vor Unterschiede. Den knapp 650.000 ÖAVlern stehen lediglich 160.00 Naturfreund:innen gegenüber. Die Naturfreunde wurden einige Jahrzehnte nach dem Österreichischen Alpenverein, im Jahr 1895 in Wien gegründet. Einer der Gründungsmitglieder war Karl Renner, zu dieser Zeit noch Student, später Staatskanzler und Bundespräsident Österreichs.
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