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Atomkraftwerk: Wie gefährlich die Kernenergie ist

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Atomkraftwerk

Atomkraftwerk

©Elke Mayr
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Im Gegensatz zum Kohlekraftwerk fällt bei einem Atomkraftwerk (AKW) im Betrieb deutlich weniger CO2 an. Dennoch ist die Atomkraft keineswegs CO2-neutral und weist eine schlechtere Ökobilanz als erneuerbare Energien auf. Vor allem aber ist Atomenergie laut Umweltschützern riskant. Atomkatastrophen wie Tschernobyl oder Fukushima dienen als mahnende Beispiele. Welche Atomkraftwerke es rund um Österreich gibt, wie gefährdet diese sind und ob man in Zukunft völlig auf Atomkraft verzichten kann.

Wie funktioniert ein Atomkraftwerk?

Ein Atomkraftwerk (AKW), auch Kernkraftwerk genannt, gewinnt elektrische Energie aus kontrollierter Kernspaltung (Fission) bzw. Kernenergie.

Bei der kontrollierten Kernspaltung entsteht Wärmeenergie in einem Atomreaktor. Mithilfe der gewonnenen Wärme wird Dampf erzeugt und dieser treibt eine Turbine an. Die Turbine ist wiederum an einen Generator angeschlossen ist, der elektrischen Strom produziert.

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Funktionsprinzip eines Druckwasserreaktors

 © Martin Czwiertnia

Die Wärme in einem Atomreaktor entsteht durch Kernspaltung. Dabei trifft ein Neutron (ein Baustein des Atoms, das keine elektrische Ladung trägt) auf ein spaltbares Nuklid (Atomsorten) wie etwa Uran oder Plutonium. Ein Uran-235-Kern besteht aus 92 Protonen und 143 Neutronen und ist zunächst stabil. Wenn ein weiteres Neutron auf den Kern trifft, spaltet sich das Uran in zwei leichtere Kerne, nämlich in Barium und Krypton auf. Bei dieser Reaktion werden ebenfalls zwei bis drei Neutronen frei, die wieder neue Urankerne spalten können. Jede Spaltung setzt eine Energie von bis zu 200 Mega-Elektronenvolt (MeV) frei, wobei es sich hauptsächlich um kinetische Energie (Bewegungsenergie) handelt.

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Eine Kernspaltung am Beispiel von Uran-235

 © iStockphoto.com/Adisonpk/News.at

Die Kernspaltung läuft in den zylinderförmigen Brennstäben eines Reaktors ab, wobei mehrere Brennstäbe zu einem Brennelement gebündelt werden (siehe Bild unten). Ein Brennstab hat durchschnittlich eine Lebensdauer von rund 4 Jahren. Im Betrieb werden die Brennstäbe bei thermischen Reaktoren durch Wasser gekühlt (und auch wenn sie abgebrannt sind, müssen sie noch mindestens drei Jahre lang in Wasserbecken gekühlt werden). In einem Brennstab befinden sich grob zusammengefasst:

  • der Kernbrennstoff: Er besteht meist aus gepressten, gesinterten und geschliffenen Urandioxid-Tabletten (Pellets).

  • die gasdichte Brennstabhülle: Sie besteht bei wassergekühlten Reaktoren aus Zirkaloy, einer Metall-Legierung, die zu über 90 % korrosionsbeständigem Zirconium enthält. Das Rohr wird mit Endkappen verschlossen.

  • eine Druckfeder: Sie drückt von oben auf die Tabletten und hält sie zusammen. Oberhalb des Kernbrennstoffes bleibt noch etwas Raum für die bei der Kernspaltung entstehenden Edelgase und leicht flüchtigen Spaltprodukte.

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Modell eines Brennelements, bestehend aus mehreren Brennstäben

 © IMAGO/Ex-Press

Von einer Kernschmelze spricht man dann, wenn die Brennstäbe nicht mehr entsprechend gekühlt werden können, überhitzen und schließlich schmelzen. Kann die Schmelze nicht aufgefangen werden beziehungsweise wird das Reaktorgefäß zerstört, gelangt das hoch radioaktive Material unkontrolliert in die Umgebung und gefährdet Mensch und Umwelt. Man spricht in einem solchen Fall von einem Super-GAU, einem besonders schweren Reaktorunfall.

Die beiden bisher bekanntesten Unfälle in Kernkraftwerken waren der Reaktorunfall in Tschernobyl am 26. April 1986 und die Nuklearkatastrophe von Fukushima am 11. März 2011.

Lesen Sie hier:
Was tun bei einem Atomunfall? Wie man sich im Notfall verhält und welche Schutzmaßnahmen es gibt.

Atomkraftwerke: Welche Typen von Reaktoren gibt es?

Atomkraftwerke arbeiten immer nach einem ähnlichen Grundprinzip. Sie lassen sich einerseits nach dem Entwicklungsstand und andererseits hinsichtlich ihrer Funktionsweise in verschiedene Typen von Reaktoren einteilen.

Abhängig von der Entwicklung werden Atomkraftwerke in Generationen unterteilt:

  • Generation I: Erste Prototypen von Kernkraftwerken, die in den 1950er- und 60er-Jahren entwickelt wurden.

  • Generation II: Kommerzielle Atomkraftwerke, die von circa 1965 bis 1995 in Europa, Russland, Japan und USA errichtet und in Betrieb genommen wurden. Die passiven Sicherheitsvorkehrungen dieser Kernkraftwerke haben sich teils als mangelhaft herausgestellt. Die Reaktorblöcke 3 und 4 in Tschernobyl gehörten dieser Generation an, genauso wie das Kernkraftwerk Fukushima Daiichi.

  • Generation III: Die Generation III bewegt sich im Zeitraum zwischen 1995 und 2016. Vor allem die passiven Sicherheitssysteme wurden bei diesen Atomkraftwerken verbessert (verstärkte Böden unter den Reaktordruckbehältern, Verstärkung des Reaktorgebäudes). Zudem wurden unter anderem die Lebensdauer, Bauzeit und Kosten sowie die Brennstoffeffizienz optimiert. Kernkraftwerke der Generation 3+ weisen noch einmal verbesserte Sicherheitsmaßnahmen auf.

  • Generation IV: Darunter fallen Atomkraftwerke der Zukunft, die sich derzeit noch in Entwicklung befinden. Das erste Treffen zu diesem Thema erfolgte im Jahr 2000. Die Kernkraftwerke der Generation IV sollen nachhaltiger, wirtschaftlicher und sicherer sein - und ab 2030 in Betrieb gehen. Sie sollen mit Thorium oder Plutonium statt Uran betrieben werden und Natrium als Kühlmittel (Flüssigsalzreaktoren) verwenden. Außerdem setzt man künftig bei der Bauweise auf kleine Modulreaktoren, quasi vor Ort zusammenbaubare Mini-Atomkraftwerke ("Small Modular Reactors").

Auch interessant

Leichtwasserreaktor

Der Leichtwasserreaktor ist weltweit die gängigste Variante und kommt unter anderem in Deutschland zum Einsatz. 90 Prozent der internationalen Kernenergie wird durch Leichtwasserreaktoren erzeugt. Bei dieser Art des Reaktors kommt als Brennstoff leicht angereichertes Uran zum Einsatz und als Kühlmittel und Moderator dient (leichtes) Wasser (H2O).

Der Leichtwasserreaktor kann als Siedewasserreaktor (SWR) oder Druckwasserreaktor (DWR) betrieben werden. Bei ersterem wird das Wasser so weit erwärmt, dass es direkt im Reaktordruckbehälter siedet und verdampft. Beim Druckwasserreaktor ist der Druck im Reaktorbehälter so hoch, dass das Wasser bei Betriebstemperatur nicht siedet. Stattdessen wird das durch die Kernspaltung erhitzte Wasser über Rohre in einen eigenen Dampferzeuger geleitet und gibt dort seine Wärme an einen getrennten Wasser-Dampf-Kreislauf ab.

Schwerwasserreaktor

Der Schwerwasserreaktor arbeitet mit natürlichem, nicht angereichertem Uran als Brennstoff und als Kühlmittel und Moderator wird sogenanntes schweres Wasser (Deuteriumoxid, D2O) verwendet. Der CANDU-Reaktor in Kanada funktioniert beispielsweise auf diese Art.

Graphitmoderierter Reaktor

Der graphitmoderierte Reaktor ist der weltweit älteste Reaktortyp, er wurde bereits in den 1950er-Jahren entwickelt. Wie der Name schon sagt, dient bei diesem Typ Graphit als Moderator. Gekühlt wird in der Regel mit Gas oder im Fall der sowjetischen Variante RBMK mit Leichtwasser. Als Brennstoff wird Natururan bzw. leicht angereichertes Uran verwendet.

Bei den graphitmoderierten Reaktoren unterscheidet man folgende Varianten:

  • Magnox-Reaktor: Diese alte Variante arbeitete mit natürlichem Uran, CO2 als Kühlmittel und einer Brennstabhülle, die aus einer Magnesiumlegierung bestand. Heute gibt es keine aktiven Magnox-Reaktoren mehr, sie wurden alle stillgelegt.

  • Advanced Gas-cooled Reactor (AGR): Hier wird im Gegensatz zum Vorgänger, dem Magnox-Reaktor, leicht angereichertes Uran verwendet und die Brennstabhüllen sind aus rostfreiem Stahl. Dieser Typ ist heute noch in Großbritannien im Einsatz.

  • Hochtemperaturreaktoren (HTR): Diese Reaktoren nutzen Graphit als Moderator; als Kühlmittel wird jedoch das Gas Helium verwendet. Aus wirtschaftlichen Gründen (höhere Kosten als ein Leichtwasserreaktor) und aufgrund von Sicherheitsproblemen ist dieser Typ nicht weit verbreitet. In Europa, den USA und Asien gab es lediglich einige Versuchsanlagen und Prototypen wie das Prototypkraftwerk THTR-300 in Deutschland.

  • der russische Reaktortyp RBMK: Diese Variante ist in Russland entwickelt worden und kommt dort heute noch zum Einsatz. Der Reaktor in Tschernobyl zählt ebenfalls zum Typ RBMK. Leicht angereichertes Uran dient als Brennstoff, Graphit wird als Moderator verwendet, als Kühlmittel allerdings leichtes Wasser. In den Bohrlöchern der Graphitblöcke befinden sich Druckröhren mit den Brennelementen und dem Kühlmittel. Dieser Reaktortyp ist unsicher, weil der Dampfblasenkoeffizient stark positiv ist: Der Koeffizient gibt an, wie sich die Leistung der Reaktivität (Maß für die Abweichung eines Kernreaktors vom kritischen Zustand) eines Kernreaktors bei Bildung von Dampfblasen im Kühlmittel oder im Moderator verändert. Beim RBMK kann ein Kühlmittelverlust die Leistung des Reaktors nicht verringern, weil der Moderator nicht Wasser, sondern Graphit ist. Geht die Kühlfähigkeit also verloren, erhöht sich die Reaktivität und somit die Wärmeleistung. Eine unzureichende Kühlung kann daher leichter zu einer Kernschmelze führen. Das hat auch zur Atomkatastrophe von Tschernobyl beigetragen.

Brutreaktor

Ein Brutreaktor produziert mehr spaltbares Material, als der Reaktor zur Aufrechterhaltung der Kettenreaktion verbraucht. Neben der Energiegewinnung wird also zudem noch spaltbares Material erzeugt. Es gibt zwei Typen von Brutreaktoren, die sich in Hinblick auf das Energiespektrum der Neutronen unterscheiden:

  1. Schneller Brüter: Die Neutronen werden in diesem Fall nicht moderiert bzw. abgebremst und sind somit schnell unterwegs. Der Vorteil dieses Reaktors ist: Statt dem selten vorkommenden und leicht spaltbaren Uran-235, kann bei diesem Reaktor das häufig in der Natur vorkommende Uran-238 eingesetzt werden. Da Uran-238 aber schwerer spaltbar ist, braucht es die schnellen Neuronen, um es zu spalten. Uran-238 kann so in Plutonium-239 umgewandelt werden. Der Brennstoff besteht aus Uran-Plutonium-Mischoxid (MOX), als Kühlmittel kommt flüssiges Natrium zum Einsatz, das nur geringe moderierende Eigenschaften aufweist.

  2. Thermischer Brüter: Hier kommt das schwach radioaktive Metall Thorium als Brutstoff zum Einsatz, das 3-mal häufiger als Uran in der Natur vorkommt. Außerdem wird mit langsamen bzw. thermischen Neutronen gearbeitet. Aus Thorium-232 entsteht durch Neutronenanlagerung und Betazerfall schließlich spaltbares Uran-233.

Einige wenige Brutreaktoren waren in der Vergangenheit unter anderem in den USA oder Frankreich im Einsatz. Heute gibt es noch Brutreaktoren in Indien und Russland und China. Sicherheitstechnisch erfordert dieser Reaktortyp andere Mittel als etwa bei Leichtwasserreaktoren. Kommt es zum Kühlmittelverlust müssen eigene Sicherheits- oder Abschaltstäbe eingebracht werden, damit es nicht zur Kernschmelze kommt. Hinzu kommt, dass das erzeugte Plutonium (im Schnellen Brüter) wesentlich gefährlicher für die Gesundheit ist als Uran.

Flüssigsalzreaktor

Beim Flüssigsalzreaktor liegt der Brennstoff (Uran oder Thorium) als geschmolzenes Salz vor, beispielsweise als Uranchlorid. Der Brennstoff wird gleichzeitig als Kühlmittel genutzt und die Salzschmelze wird in einem Kreislauf umgewälzt. Da der Brennstoff bereits in geschmolzenem Zustand vorliegt, kann es prinzipiell nicht zu einer Kernschmelze kommen.

Ohne Risiko ist jedoch auch dieser Reaktor nicht: So besteht unter anderem ein Korrosionsproblem. Mit der Zeit frisst sich das Salz durch das Metallgehäuse. Weiters sind die eingesetzten Fluoridsalze nicht wasserlöslich. Das kann zu einer schwerwiegenderen Kontamination führen, falls es zu einem Reaktorunfall kommt.

Flüssigsalzreaktoren sind bisher nur im Forschungsbereich getestet worden. Seit dem 21. Jahrhundert tauchen sie wieder als Kernkraftwerke der sogenannten IV. Generation auf. China setzt auf Mini-Atomkraftwerke ("Small Modular Reactors") mit Flüssigsalzreaktoren, die Thorium als Brennstoff nutzen, und will bis 2030 mehrere solcher Reaktoren in Betrieb nehmen. Thorium wird dabei ähnlich wie beim Brutreaktor mit Neuronen beschossen und in das spaltbare Element Uran 233 umgewandelt. Der Reaktor produziert somit seinen eigenen Brennstoff.

Wo steht das größte AKW der Welt?

Weltweit gibt es insgesamt 440 aktive Atomreaktoren. Das leistungsstärkste Atomkraftwerk der Welt ist das Kernkraftwerk Bruce in Kanada. Der Leichtwasserreaktor (Druckwasserreaktor) weist eine Gesamtleistung von 6.738 MW auf. Gleich dahinter liegt China mit seinen AKWs in Hongyanhe, Fuqing und Tianwan (ebenfalls Druckwasserreaktoren).

Der leistungsstärkste Reaktor, ein Druckwasserreaktor, ist seit Dezember 2018 der erste Block des Kernkraftwerks Taishan in China, mit einer elektrischen Leistung von 1.660 MW netto (1.750 MW brutto).

Ist Atomenergie tatsächlich klimafreundlich?

Der Betrieb eines Kernkraftwerks an sich verursacht kaum Treibhausgas-Emissionen, dennoch fallen vor und nach der Energieerzeugung Treibhausgas-Emissionen an, wie unter anderem eine Studie des IPCC (2014) und eine Publikation des deutschen Öko-Instituts (2007) zeigen. Angefangen vom Abbau des Brennstoffelements (zum Beispiel Uran), über die Herstellung der Brennelemente, den Bau/Rückbau des Kernkraftwerks bis hin zur Entsorgung des Atommülls muss viel Energie aufgewandt werden bzw. entstehen Treibhausgas-Emissionen.

Laut IPCC-Studie stoßen Atomkraftwerke über ihren gesamten Lebenszyklus zwischen 3,7 bis 110 Gramm CO2-Äquivalenten pro Kilowattstunde (kWh) aus. Umweltschützer und Atomkraftgegner gehen von höheren Werten aus. So spricht die Umweltschutzorganisation Global 2000 auf ihrer Website von circa 88 bis 146 Gramm CO2/kWh.

Atomenergie ist also keineswegs CO2-neutral, zählt aber zu jenen Energiequellen, die im Vergleich zu fossilen Brennstoffen wie Kohle oder Erdgas einen niedrigeren Treibhausgas-Ausstoß aufweisen und damit klimafreundlicher sind. Allerdings kann Atomenergie in puncto Klimafreundlichkeit und Nachhaltigkeit nicht mit erneuerbaren Energien mithalten. Das sieht das österreichische Umweltministerium genauso: Ein in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zur Taxonomie von Atomenergie (2021) und eine Studie zur Beurteilung der Kernenergie (2020) kommen zu dem Schluss, dass Kernenergie keine geeignete Energieform ist, um Umweltziele zu erfüllen. "Klimaschutz gelingt nur ohne die Kernkraft", lautet Österreichs Position.

Atomkraft ist klar die risikoreichste Variante, um Strom zu erzeugen. Der anfallende radioaktive Abfall, Austritte von Radioaktivität sowie Nuklearunfälle und Atomkatastrophen stellen eine Gefahr für die Gesundheit und Umwelt dar.

Was sind die Vorteile und Nachteile der Atomkraft?

Der größte Nachteil der Atomkraft liegt auf der Hand: Im Zuge der Energiegewinnung entsteht radioaktive Strahlung, die große Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt birgt. Welche Nachteile es noch gibt und welche Vorteile die Kernenergie mit sich bringt.

Pro
  • Atomkraftwerke stellen eine effiziente Energiequelle dar: mit der Leistung eines kommerziellen AKWs können jährlich Millionen Haushalte mit Strom versorgt werden.
  • CO2-arme Stromerzeugung im Vergleich zu fossilen Brennstoffen wie Kohle, Öl und Gas
  • der Strom kann kontinuierlich geliefert werden - unabhängig von Wetterbedingungen und Tageszeit
  • der Brennstoff eines AKWs unterliegt nicht den selben Preisschwankungen wie fossile Brennstoffe (Ölpreis, Gaspreis)
  • Geringerer Flächenbedarf als viele erneuerbare Energien wie Wind- oder Solarenergie (bei kommerzieller Nutzung)
  • Technologiefortschritte führen zu Verbesserungen bei Sicherheit und Effizienz der Atomkraftwerke
Contra
  • Bei der Kernspaltung wird radioaktive Strahlung freigesetzt
  • Es werden radioaktive Abfälle bzw. Atommüll produziert, die tausende von Jahren gefährlich bleiben können und sicher gelagert werden müssen
  • hohe Baukosten und Instandhaltungskosten
  • Es besteht das Risiko von nuklearen Unfällen und Atomkatastrophen (wie Tschernobyl oder Fukushima), die schwerwiegende Auswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit haben können
  • Die Lebensdauer von Atomkraftwerken ist zeitlich begrenzt und mit teuren Rückbaukosten und zusätzlichem Atommüll verbunden. Bei einem Überschreiten der Lebensdauer steigen die Sicherheitsrisiken
  • Atomkraftwerke können Ziel von terroristischen Angriffen oder Kriegszielen werden, wobei Angriffe zu einem nuklearen Unfall führen könnten

Wie gefährlich ist diese Art der Energiegewinnung?

Geht es rein nach der Todesrate (aufgrund von Unfällen und Umweltverschmutzung) pro erzeugter Terrawattstunde Strom, zeigen Studien, dass Kernenergie im Vergleich zu beispielsweise Kohlekraftwerken und Ölgewinnung eine sichere Art der Energiegewinnung ist. Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace oder Global 2000 halten dagegen: Sie fordern den vollständigen Ausstieg aus der Atomkraft. Das liegt vor allem an dem potentiellen Risiko der erzeugten radioaktiven Strahlung und ihren Auswirkungen.

Nach Aussagen von Umweltschützern werden bereits im Normalbetrieb eines Atomkraftwerks radioaktive Stoffe an die Umwelt abgegeben. Wenn es zu Störfällen oder nuklearen Unfällen kommt, können große Mengen an radioaktivem Material freigesetzt werden. Auch wenn moderne AKWs höhere Sicherheitsvorkehrungen ausweisen, kann ein Unfall nicht 100-prozentig ausgeschlossen werden. In Europa sind zudem noch einige veraltete Atomkraftwerke in Betrieb, denen wichtige Sicherheitsvorkehrungen wie ein Containment (Reaktorsicherheitsbehälter) fehlen.

Hinzu kommt der hochradioaktive Abfall, der bei der Produktion von Atomstrom - egal bei welchem Reaktortyp - anfällt. Die Lagerung von Atommüll stellt ein Problem dar: Erstens muss das hochradioaktive Material sicher verwahrt werden und zweitens muss der Atommüll für sehr lange Zeit lagern, da das Material noch für teils hunderttausende Jahre stark verstrahlt ist. Die Halbwertszeiten, also jene Zeitspanne, in der die Hälfte der vorhandenen Atomkerne zerfallen ist, sind bei radioaktiven Stoffen sehr lange.

Radioaktiver Stoff

Halbwertszeit

Uran-234

245.500 Jahre

Plutonium-239*

24.110 Jahre

Cäsium-137

30 Jahre

*Plutonium-239 ist noch für 241.100 Jahre (10 Halbwertszeiten) extrem krebserregend.

Die radioaktive Strahlung kann je nach Art und Grad der Strahlenbelastung Zellen verändern und beschädigen - das gilt auch für die in der Zelle enthaltende DNA, in der unser Erbgut enthalten ist.

  • Akute Strahlenfolgen (deterministische Strahlenschäden) sind: Appetitlosigkeit, Übelkeit, Durchfall, Kopfschmerzen, Haarausfall und letztlich Gewichtsverlust.

  • Langzeitfolgen (stochastischen Strahlenschäden) können eine Veränderung der Erbanlagen, Erbschäden und Krebserkrankungen sein.

Laut Gesundheitsministerium beträgt die durchschnittliche Strahlendosis der österreichischen Bevölkerung rund 4,5 mSv (Millisievert) pro Einwohner:in und Jahr. Eine hohe radioaktive Strahlenbelastung kann zu schweren gesundheitlichen Folgen oder sogar zum Tod führen.

Weltweit setzen sich viele Länder für den Ausstieg aus der Atomkraft ein. In Österreich gibt es keine Atomkraftwerke und die österreichische Regierung lehnt eine Nutzung der Atomkraft strikt ab. 14 der 27 Mitgliedstaaten der EU betreiben laut Umweltministerium derzeit keine Kernkraftwerke.

EU-Staaten
Reaktoren in Betrieb
Reaktoren in Bau
Status/Ausstieg
Belgien
7
0
Ausstieg bis 2025 beschlossen
Bulgarien
2
0
Neubaupläne (Baustelle in Belene suspendiert)
Dänemark
0
0
Keine KKW, Parlamentsbeschluss 1985
Deutschland
6
0
Beschleunigter Ausstieg bis 2022 beschlossen
Estland
0
0
Keine KKW
Finnland
4
1
Neubauprojekt
Frankreich
57
1
Keine Ausstiegspläne, Reduktion des Anteils auf 50 Prozent bis 2030 angepeilt, Neubaupläne suspendiert
Griechenland
0
0
Keine KKW
Irland
0
0
Keine KKW
Italien
0
0
Ausstieg per Volksentscheid 1987, per Referendum 2011 Wiedereinstieg abgelehnt
Kroatien
50 % von 1
0
50 % Miteigentümerschaft am KKW Krško in Slowenien
Lettland
0
0
Keine KKW
Litauen
0
0
KKW Ignalina abgeschaltet, Neubaupläne suspendiert
Luxemburg
0
0
Keine KKW
Malta
0
0
Keine KKW
Niederlande
1
0
Ausstieg bis 2003 beschlossen, jedoch 2005 wieder aufgehoben
Österreich
0
0
Keine KKW, 1978 per Volksentscheid abgelehnt
Polen
0
0
Neubaupläne, Einstieg bis 2025 in Vorbereitung
Portugal
0
0
Keine KKW
Rumänien
2
0
Neubaupläne, Bau unterbrochen
Schweden
7
0
Ursprüngliche Ausstiegspläne 2010 aufgehoben, Politische All-Parteien-Vereinbarung 2016: Bestandsgarantie für bestehende KKW, Ersatzinvestitionen bei Schließung möglich
Slowakei
4
2
Neubaupläne
Slowenien
50 % von 1
0
Kroatien hält eine 50 % Miteigentümerschaft am KKW Krško
Spanien
7
0
Schrittweiser Ausstieg bis 2024 beschlossen, jedoch neues Gesetz, das es ermöglicht Nutzungsdauer der KKW zu verlängern
Tschechische Republik
6
0
Neubaupläne
Ungarn
4
0
Neubaupläne
Zypern
0
0
Keine KKW

Quelle: Umweltministerium (2019): Power Reactor Information (PRIS); Umweltbundesamt

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Wo wird der Atommüll gelagert?

Weltweit sind über 400 Atomkraftwerke in Betrieb und sie erzeugen laut Greenpeace jährlich tausende Tonnen an hochradioaktivem Atommüll. Wie Umweltschützer betonen, gibt es nach wie vor kein sicheres Endlager. Die Staaten, die Kernkraftwerke betreiben, entsorgen ihren Atommüll entweder in zentralen Lagern oder dezentral in Lagern auf dem Gelände der Atomkraftwerke.

Das Problem bei der Entsorgung ist dabei weniger der Platz: So würde der gesamte Atommüll Deutschlands (rund 15.000 Tonnen; Stand 2023) in drei große Sporthallen passen. Aber der Müll ist hochgiftig und das noch rund eine Million Jahre lang. Wer beispielsweise nur ein Millionstel Gramm Plutonium einatmet, kann an Lungenkrebs erkranken. Der Atommüll muss daher entsprechend durch Erd- oder Gesteinsmassen und Sicherheitsbehältern von der Umwelt abgeschirmt werden.

Ein Überblick über zentrale und dezentrale Lager für Atommüll weltweit:

Land
Name der Anlage
Art des Radioaktiven Materials
Status
Ägypten
Inshas
schwachradioaktive Abfälle
Standort für experimentellen Kernreaktor
Argentinien
Atucha
schwach- und mittelradioaktive Abfälle
Atomkraftwerk mit Zwischenlager für radioaktive Abfälle vor Ort
Argentinien
Embalse
schwach- und mittelradioaktive Abfälle
Atomkraftwerk mit Zwischenlager für radioaktive Abfälle vor Ort
Argentinien
Sierra del Medio
x
geplant, Erkundungsarbeiten seit 1986; Projekt bis zum Jahr 2030 zurückgestellt
Brasilien
Abadia de Goiás
x
geplant
Bulgarien
Belene
x
nie fertig gestelltes AKW mit 2 Reaktorblöcken
Bulgarien
Kosloduj
schwach- und mittelradioaktive Abfälle
Atomkraftwerk mit Zwischenlager für radioaktive Abfälle vor Ort
Bulgarien
Nowi Chan
schwachradioaktive Abfälle
Lagerung in 6 m Tiefe; Herkunft: Industrie, Medizin und Forschung
China
Chanwan Bay
x
geplant
China
Gansu
x
geplant
Deutschland
Ahaus
schwach-, mittel- und hochradioaktiver Abfall
Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente
Deutschland
Gorleben
x
Stillegung des Erkundungsbergwerkes vom deutschen Umweltministerium in Auftrag gegeben
Deutschland
Grafenrheinfeld
schwach- und mittelradioaktive Abfälle
seit 2006 in Betrieb (Standort ist ein ehemaliges AKW) befindliches Zwischenlager
Deutschland
Greifswald
schwach-, mittel- und hochradioaktiver Abfall
Zwischenlager Nord (am Standort Lubmin) seit 1999 in Betrieb; lagert auch Kernbrennstoffe
Deutschland
Lingen
hochradioaktiver Abfall
Brennelemente-Zwischenlager, das seit 2002 in Betrieb ist
Deutschland
Mitterteich
schwach- und mittelradioaktiv
seit 1987 in Betrieb befindliches Zwischenlager
Deutschland
Morsleben
schwach- und mittelradioaktive Abfälle
wird stillgelegt; bis zum Jahre 1998 wurden 37.000 m³ radioaktiver Abfälle eingelagert
Deutschland
Schacht Konrad
x
in Bau (Fertigstellung 2027 geplant), für schwach- und mittelradioaktiven Atommüll
Deutschland
Würgassen
schwach- und mittelradioaktiv
Deutschland
Asse
schwach- und mittelradioaktive Abfälle
stillgelegt; Schließung bis 2017; 1967-1978 125.000 Behälter mit schwachradioaktiven Abfällen; 1972-1977 rund 1300 Fässer mit mittelradioaktiven Abfällen
Finnland
Loviisa
schwach- und mittelradioaktive Abfälle
Lagerung in 120 m Tiefe; Betriebsaufnahme Mai 1997
Finnland
Olkiluoto
schwach- und mittelradioaktive Abfälle
Betriebsaufnahme Mai 1992
Frankreich
Bure (Felslabor)
mittel- und hochradioaktiver Abfall
geplant
Frankreich
Centre de l’Aube
schwachradioaktive sowie kurzlebige mittelradioaktive Abfälle
Betriebsaufnahme 1992
Frankreich
Centre de la Manche
schwach- und mittelradioaktive Abfälle
stillgelegt; Einlagerung von 526.650 m³ in der Zeit 1969-1994
Großbritannien
Drigg
schwachradioaktive Abfälle
Betrieb ab 1959 bis mindestens 2050
Großbritannien
Endlager Sellafield
x
Planung ab 1991 durch Nirex; Planungseinstellung März 1997
Indien
Kakrapar
schwach- und mittelradioaktive Abfälle
Atomkraftwerk mit Zwischenlager für radioaktive Abfälle vor Ort
Indien
Kalpakkam
schwach- und mittelradioaktive Abfälle
Atomkraftwerk mit Zwischenlager für radioaktive Abfälle vor Ort
Indien
Narora
schwach- und mittelradioaktive Abfälle
Atomkraftwerk mit Zwischenlager für radioaktive Abfälle vor Ort
Indien
Rajasthan
schwach- und mittelradioaktive Abfälle
Atomkraftwerk mit Zwischenlager für radioaktive Abfälle vor Ort
Indien
Tarapur
schwach- und mittelradioaktive Abfälle
Atomkraftwerk mit Zwischenlager für radioaktive Abfälle vor Ort
Indien
Trombay
schwach- und mittelradioaktive Abfälle
Atomkraftwerk mit Zwischenlager für radioaktive Abfälle vor Ort
Japan
Rokkasho
schwachradioaktive Abfälle
Betriebsaufnahme 1992
Nauru (Inselstaat im Pazifik)
Nauru
x
geplant; genauer Standort wird noch geprüft
Norwegen
Himdalen
schwach- und mittelradioaktive Abfälle
soll noch bis 2030 in Betrieb sein
Österreich
Seibersdorf – NES
schwachradioaktive Abfälle
Zwischenlager für radioaktiven Abfall in Österreich aus Medizin, Industrie, Forschung (Vertrag bis 2045)
Schweden
SFR Forsmark
schwach- und mittelradioaktiven Abfällen
Betriebsaufnahme 1988
Schweden
Kernkraftwerk Oskarshamn
schwach- und mittelradioaktiven Abfällen
zentrales Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente aller schwedischen Reaktoren
Schweiz
Benken
hochradioaktive und langlebige mittelradioaktive Abfälle
geplant als Tiefenlager. Endlager gesetzlich verboten.
Schweiz
Zwilag
schwach-, mittel- und hochradioaktiver Abfall
Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente
Spanien
El Cabril
schwachradioaktive Abfälle
0
Spanien
Villar de Cañas
schwach-, mittel- und hochradioaktiver Abfall
auch Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente
Tschechien
Beroun-Hostim
schwach- und mittelradioaktive Abfälle
Betrieb ab 1959 bis 1964, 1997 endgültig stillgelegt
Tschechien
Bratrství
schwach- und mittelradioaktive Abfälle
Betriebsaufnahme 1972
Tschechien
Dukovany
schwach-, mittel- und hochradioaktiver Abfall
Lager für abgebrannte Brennelemente
Tschechien
Richard
schwach- und mittelradioaktive Abfälle
Betriebsaufnahme 1964; liegt in 70–90 m Tiefe
Tschechien
Temelín
x
geplant; Lager für abgebrannte Brennelemente
Ungarn
Püspökszilágy
schwach- und mittelradioaktive Abfälle
Betriebsaufnahme 1976; Die Anlage dient nur noch als Zwischenlager
USA
Waste Isolation Pilot Plant (WIPP)
Transuranabfälle
Betriebsaufnahme März 1999
USA
Yucca Mountain
x
geplant als Lager für abgebrannte Brennelemente und hochradioaktive Abfälle

Eine Lösung für das Atommüll-Problem gibt es bis heute nicht. Kommerzielle Wiederaufarbeitungsanlagen wie jene in La Hague (Frankreich) und Sellafield (Großbritannien) tragen nur oberflächlich betrachtet zur Wiederaufarbeitung des Atommülls bei. Bei dieser Form der Aufarbeitung werden abgebrannte Brennstäbe aus Atomkraftwerken physikalisch und chemisch bearbeitet, um wenige Prozent dieses Atommülls in neuen Brennstäben wiederzuverwenden. Das Volumen an hochradioaktivem Abfall kann dadurch zwar stark verringert werden, ein Großteil des radioaktiven Mülls wird hingegen nicht aufbereitet und muss zwischengelagert werden. Darüber hinaus gelangen bei der Wiederaufbereitung radioaktive Teile über die Abluft und die Abwässer in die Umwelt. Nach Angaben von Greenpeace pumpen die beiden europäischen Wiederaufarbeitungsanlagen täglich rund zehn Millionen Liter radioaktive Abwässer in den Ärmelkanal und die Irische See. Das Fazit der Umweltschützer: Die Menge an Atommüll wird so nicht reduziert, sondern sogar noch vergrößert.

Forscher:innen setzen ihre Hoffnung auf eine andere Methode: die Transmutation. Dabei wird ein chemisches Element in ein anderes umgewandelt. Konkret kann hochradioaktiver und langlebiger Atommüll durch die Bestrahlung mit Neutronen in weniger gefährliche Stoffe mit einer signifikant kürzeren Halbwertszeit verwandelt werden. Diese Methode funktioniert im Labor bereits, kommerziell ist sie noch nicht erprobt. Die Menge an Atommüll könnte dadurch reduziert und die Lagerung im Untergrund laut Wissenschaftler:innen von beispielsweise 200.000 Jahren auf 200 Jahre - also um den Faktor 1.000 - verkürzt werden. Der Reaktor zur Transmutation produziert nebenbei sogar Strom. Der Haken daran ist: Diese Methode ist sehr kostspielig, aufwändig und es ist unklar, ob sie im großen Maßstab funktioniert.

Welche Atomkraftwerke liegen rund um Österreich?

Österreich ist von einigen potentiell gefährlichen Atomkraftwerken umzingelt. Manche sind sie über 30 Jahre alt und haben mangelhafte Sicherheitsvorkehrungen.

Folgende Kernkraftwerke in Österreichs Nachbarschaft stuft die Umweltschutzorganisation "Global 2000" als Sicherheitsrisiko ein:

1. Beznau, Schweiz

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1. Beznau, Schweiz

AKW Beznau

 © iStockphoto.com/thamerpic

Das AKW Beznau wird aufgrund seines hohen Alters - die Reaktorblöcke sind älter als 30 Jahre - als Hochrisikoreaktor bezeichnet. Es liegt rund 110 Kilometer von Österreichs Grenze entfernt. In der Schweiz ist das AKW ebenfalls umstritten. Atomkraftgegner kämpfen schon seit Jahren für eine endgültige Abschaltung des Kraftwerks. Es ist das älteste noch laufenden Kernkraftwerk der Welt.

2. Dukovany, Tschechien

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2. Dukovany, Tschechien

AKW Dukovany

 © iStockphoto.com/Hanis

Das AKW Dukovany liegt in Südmähren, nur circa 100 Kilometer nördlich von Wien. Die 4 Reaktorblöcke sind zwischen 1985 und 1987 in Betrieb gegangen. Das AKW besitzt kein sogenanntes Containment, eine den Reaktordruckbehälter umschließende Sicherheitsvorkehrung, um im Fall eines Störfalls die Umwelt vor radioaktiver Verstrahlung zu schützen. Daher zählt das AKW zu den Hochrisikoreaktoren.

3. Bohunice, Slowakei

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3. Bohunice, Slowakei

AKW Bohunice

 © iStockphoto.com/DanielPrudek

Rund 85 Kilometer Luftlinie von Wien entfernt befindet sich das AKW Bohunice . Während die Blöcke Bohunice 1 und Bohunice 2 bereits 2006 und 2008 abgeschaltet wurden, sollen die verbliebenen Blöcke 3 und 4 planmäßig noch mindestens bis 2025 betrieben werden - auch wenn das AKW genauso wie Dukovany über kein Containment verfügt. Zuletzt trat 2010 im Block 1 ein Störfall auf: Ein Kurzschluss führte zu einem Feuer im Verwaltungsgebäude neben dem abgeschalteten, immer noch radioaktiv belasteten Block. Der Brand konnte rechtzeitig gelöscht werden.

4. Mochovce, Slowakei

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4. Mochovce, Slowakei

AKW Mochovce

 © IMAGO / Wirestock

Ähnlich sieht die Lage beim AKW Mochovce (2 Reaktorblöcke) aus: Hier fehlt ebenfalls ein Containment. Baubeginn war in den 1980er Jahren und seit Ende der 1990er Jahre sind zwei der vier gebauten Reaktoren in Betrieb. Die Reaktoren 3 und 4 wurden zu Bauruinen.

Das AKW liegt knapp 200 Kilometer von Wien entfernt und ist in Österreich stark umstritten. Ex-Politikerin Eva Glawischnig - sie schrieb ihre Dissertation über grenznahe Kraftwerke - klagte sogar gegen den Kraftwerksbetreiber Slovenské Elektrárne wegen der Gefährdung durch radioaktive Immissionen. Allerdings scheiterte sie 2005 mit ihrer Klage in zweiter Instanz vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien. Sicherheitsmängel seien nicht konkret nachweisbar gewesen, hieß es damals. Heute hat das AKW einige Jahre mehr auf dem Buckel und Umweltschützer raten nach wie vor zur Abschaltung. Am 26. November 2010 sorgte ein Störfall im Block 2 für Aufregung: Ein Turbogenerator brannte.

Erst im April 2017 forderte "Global 2000" die vorübergehende Stilllegung des AKWs Mochovce: Einer der Werte von mehreren entnommenen Wasserproben hatte laut Umweltschützern den Trinkwassergrenzwert von radioaktivem Wasserstoff (Tritium) um das 13-fache überschritten. Seit 2008 wird an den Bauruinen von Reaktor 3 und 4 wieder weitergebaut.

5. Paks, Ungarn

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5. Paks, Ungarn
 © IMAGO / Xinhua

Das AKW Paks, das rund 300 Kilometer von Wien entfernt liegt, besitzt 4 Reaktorblöcke, sie sind teilweise bereits über 30 Jahre alt. Von einem Containment fehlt, wie bei seinen Nachbar-AKWs, jede Spur. Im Laufe der Zeit sind mehrere Störfälle aufgetreten, zuletzt 2021 im Block 2: Aufgrund einer Fehlfunktion des Öl-Systems eines Generators wurde die Reaktorleistung um die Hälfte reduziert.

Seit 2014 ist in Ungarn mit Paks II ein Neuanbau zum bestehenden AKW geplant. Russland gewährte zu diesem Zweck einen Kredit von 10 Milliarden Euro. Im Februar 2018 hat Österreich eine Klage gegen den Ausbau des Atomkraftwerkes Paks II beim Gericht der Europäischen Union eingebracht.

6. Krško, Slowenien

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6. Krško, Slowenien

AKW Krško

 © IMAGO / Elmar Gubisch

Krško zählt laut Global 2000 zu den gefährdetsten AKWs überhaupt. Das AKW mit 1 Reaktorblock läuft seit 1981 und liegt auf einem Erdbebengebiet. In den letzten Jahrzehnten sind dort gleich mehrere Störfälle aufgetreten:

  • 2012 Notabschaltung: Laub und Schlamm verstopfen infolge eines Hochwassers in der Kühlwasserzuleitung die Filter der Kühlpumpen.

  • 2013 Notabschaltung: Ein Isolationsventil an der Hauptdampfleitung versagt.

  • 2013 Reparatur: Beim Transport eines Brennelements vom Reaktor bricht ein 0,5 Meter langes Teil ab und sinkt auf den Boden des Abklingbeckens, 5 der 121 Brennelemente im Reaktor sind beschädigt oder lecken und müssen ersetzt werden

  • 2017 Fehler an Entlastungsventil: Dampf tritt aus, es kommt zur Notabschaltung.

Krško liegt nur rund 100 Kilometer Luftlinie von der südsteirischen Stadt Leibnitz entfernt.

Für Umweltschützer gibt es nur eine Lösung: Die AKWs müssen abgeschaltet werden. Das gilt für alle Reaktoren, die in Erdbebengebieten liegen, älter als 30 Jahre sind oder kein Containment besitzen.

Wie viele gefährliche Atomkraftwerke gibt es in Europa?

Rund ein Viertel aller aktiven Atomkraftwerke stehen in der EU. Laut "Global 2000" betreiben 13 der 27 EU-Staaten Atomkraftwerke. Etliche davon stuft die Umweltschutzorganisation als Risikofaktor ein. Ein Überblick:

Farbcode der AKW-Karte:
ORANGE = Hochrisikoreaktor, kein Containment
GELB = Hochrisikoreaktor, älter als 30 Jahre
BRAUN = Hochrisikoreaktor, Erdbebengebiet
GRAU = Reaktor in Betrieb
SCHWARZ = Reaktor abgeschaltet

Stand: 6.1.2023

Baut Bill Gates wirklich ein Atomkraftwerk?

Viele Gerüchte und Verschwörungstheorien ranken sich um Bill Gates und den Bau seines Atomkraftwerkes. Die Fakten dazu sind:

  • Bill Gates ist ein Befürworter moderner Kernenergie.

  • Der Microsoft-Gründer ist Mitgründer, Finanzier und Vorstandsvorsitzender (Chairman of the Board) bei TerraPower, einem US-Forschungsunternehmen, das sich auf die Entwicklung von Laufwellen-Reaktoren und Flüssigsalzreaktoren spezialisiert hat.

  • Die Firma TerraPower will tatsächlich - mit finanzieller Unterstützung der US-Regierung - in der ehemaligen Kohlestadt Kemming im US-Bundesstaat Wyoming ein modernes Atomkraftwerk der Generation IV bauen.

  • Das Kohlekraftwerk in Kemming soll bald stillgelegt werden. Gates möchte mit seinem Reaktor dort für neue Arbeitsplätze und eine klimafreundlichere Alternative sorgen.

  • Gebaut werden soll ein Flüssigsalzreaktor, der eine Grundlast von 345 Megawatt liefern soll. Eine Fertigstellung ist bis spätestens 2030 geplant.

  • Als Brennstoff soll bis zu 20% angereicherte Uran zum Einsatz kommen - auch als High-Assay Low Enriched Uranium (Haleu) bezeichnet. Es ist in den USA noch nicht kommerziell verfügbar. TerraPower will den Brennstoff aus Russland beziehen. Viele Reaktoren der Generation IV setzen auf diesen Brennstoff. Vorteile von Haleu gegenüber niedrig angereichertem Uran (LEU) sind unter anderem: Die Effizienz von Reaktoren wird erhöht, Reaktoren können daher kleiner gebaut werden und es müsste weniger oft Brennstoff nachgeladen werden.

  • Bei dem Reaktor handelt es sich um einen Natrium-Reaktor, der mit flüssigem Natrium (anstatt mit Wasser) gekühlt wird. Eine Kernschmelze ist nicht möglich, da der Brennstoff bereits flüssig vorliegt. Das Problem der Entsorgung des Atommülls bleibt aber.

  • Geschätzte Baukosten sind 4 Milliarden US-Dollar.

  • TerraPower will in Zukunft mehrere solcher kostengünstigen und schnellen Mini-Natriumreaktoren - Small Modular Reactors (SMR) - bauen. Sie sollen laut Bill Gates dazu beitragen, den Klimawandel zu stoppen.

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Kann man in Zukunft auf Atomkraft verzichten?

Einige Staaten weltweit verzichten bereits auf Atomkraft wie zum Beispiel Irland, Italien, Österreich, Griechenland, Dänemark oder Neuseeland. Andere Länder wie Deutschland, die Schweiz oder Belgien haben einen Ausstieg aus der Atomkraft in den nächsten Jahren angekündigt.

Andererseits erlebt die Kernenergie aufgrund des Klimawandels und Fortschritten in der Technologie von Atomkraftwerken in vielen Staaten wieder ein Revival. Manche Länder, die bereits Atomkraftwerke betreiben, wie Finnland, Frankreich, China oder die USA setzen auf den Ausbau der Atomkraft, um klimafreundlichere Energie zu produzieren. Andere Länder wollen in die Atomkraft einsteigen wie etwa Polen, das 2033 sein erstes Atomkraftwerk in Betrieb nehmen will. Eine wichtige Rolle für die Zukunft der Atomkraft spielen dabei Kernkraftwerke der Generation IV (Atomkraftwerke der Zukunft, die sich derzeit noch in Entwicklung befinden).

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 © news.at

Theoretisch könnte man durch einen großangelegten Ausbau an erneuerbaren Energien wie Photovoltaik, Windkraft oder Geothermie künftig weltweit auf Atomkraft verzichten - und gleichzeitig den Klimawandel stoppen. Tatsache ist jedoch, dass viele Staaten einen beträchtlichen Anteil ihres Energiebedarfs über Atomkraft decken und künftig nicht auf Atomkraft verzichten wollen. Besonders jenen Ländern, die zu einem Großteil noch von der Kernenergie abhängig sind (siehe Grafik oben) , würde ein Umstieg bzw. Ausstieg schwerfallen. Eine Zukunft ohne Atomkraft liegt daher noch in weiter Ferne.

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