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Es sei quasi "der zweite Tod", so NHM-Direktorin Katrin Vohland am Dienstag vor Journalisten, den Objekte wie tote Tiere, Pflanzen, Textilien und Papier bei Schädlingsbefall ereilen kann. Dieser mache die Objekte dann nicht zuletzt auch wissenschaftlich wertlos. Die mit Unterstützung durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) umgesetzte Ausstellung soll die Problematik aufzeigen und u.a. nachhaltige und präventive Formen der Schädlingsbekämpfung - abseits vom stark reglementierten und bisweilen überholten Einsatz von Giften wie Arsen oder DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) - aufzeigen. Aber auch vor dem Hintergrund höherer Durchschnittstemperaturen oder mehr Feuchtigkeit durch Starkregenereignisse etwa stelle sich die Frage, so DBU-Vertreterin Constanze Fuhrmann, wie man Sammlungen für künftige Generationen schützt.
Ein "zerfressener" Tukan, dessen Existenz nur noch der Schnabel und die freigelegten Federkiele belegen, ein historischer Atlas mit altem Schimmelbefall, eine von einer Hausmaus angefressene Papierrolle, aber auch die Schau ergänzende Bilder des österreichischen Fotografen Klaus Pichler zu "Zeugnisse der Zerstörung" zeigen anschaulich die zerstörerische Wucht des Befalls - bei letzterem farblich imposant umgesetzt. Leuchttafeln mit vergrößerten Abbildungen von Tierchen - etwa vom Wollkrautblütenkäfer, Polsterwarenkäfer oder Dornenspeckkäfer - zeigen auch ihre Schönheit. Installationen für eine sauerstoffreduzierte Behandlung in einem luftdichten Zelt gegen den Schädlingsbefall oder auch die Tiefkühltruhe zum Einfrieren von Herbarbögen zeigen heutige Gegenmaßnahmen.
Die 30 Millionen Objekte des NHM seien großteils attraktiv für Schädlinge wie Kleidermotten, Silberfischchen, Papierfischchen und andere Schädlinge, sagte Pascal Querner, Experte für "integrierte Schädlingsbekämpfung" am NHM. "Da Insekten ihre Körpertemperatur kaum regulieren können", sei ihre Aktivität, Entwicklung und Reproduktionsrate von Innenraumtemperatur direkt abhängig. Auch für Schimmel und Mikroorganismen gelte eine gesteigerte Aktivität.
So zeigt die überschaubare Ausstellung - neben den Museums- und Wohnungsschädlingen und der historischen und aktuellen Schädlingsbekämpfung in Museen - eben auch erste Einsichten und Erkenntnisse, wie der Klimawandel wirkt, welche Schädlinge hier besonders profitieren oder welche Arten durch den Menschen neu eingeschleppt wurden und nun auch zunehmend im Museum wüten. So viel sei verraten: Neben den eher "neueren" Papierfischchen, die ursprünglich aus dem südlichen Afrika stammen und gerne - der Name sagt es - Papier befallen, sind es z.B. laut Querner auch Amerikanische Wespenkäfer, die die Bekämpfer stärker beschäftigen.
Die ausgestellten Erkenntnisse zum Klimawandel und Schädlingsbefall gehen auf Forschungsprojekte zurück: Seit etwa drei Jahren wird am NHM, mit Unterstützung durch die Akademie der Wissenschaften (ÖAW), untersucht, wie sich die Beziehung von Klimawandel und schädlichen Insekten und Pilzen gestaltet. So wurden 20 Museen, Depots und Bibliotheken in historischen Gebäuden als Orte ausgewählt, wo über die Zeit Daten zur Aktivität und Diversität von Schädlingen in Bezug zum Innenklima gesammelt wurden. Im NHM selbst sind über 250 "Klimadatenlogger" und hunderte Insektenfallen installiert. Dem Einfluss des Klimawandels widmet sich auch ein von der DBU unterstütztes Forschungsprojekt - mit dem Ziel, so Fuhrmann, "erstmals belastbares Material" und eine Grundlage für den präventiven Schutz von Kulturgütern vor Schädlingen zu gewinnen. Die als Wanderausstellung konzipierte Schau wird im Anschluss in München gezeigt, Dresden und Berlin sind in Planung, wie es hieß.
Service: Sonderausstellung "Hier nagt nicht nur der Zahn der Zeit - Museumskäfer, Motten, Schimmel und der Klimawandel", Saal 21 im NHM Wien, Maria-Theresien-Platz, 1010 Wien, von 19.3. bis 15.6. 2025, https://www.nhm-wien.ac.at
WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/Chloé Potter, NHM Wien