von
Wie zahllose Forschungszentren weltweit hatte auch das traditionsreiche Center for Austrian Studies in Minneapolis den russischen Angriffskrieg verurteilt und dazu im Februar 2022 eine kurze Erklärung veröffentlicht. Anfang April 2025 wurde dieser Text nun von der Webseite des Zentrums gelöscht. Das CAS war in diese Entscheidung nicht eingebunden worden, der Direktor des Zentrums, Howard Louthan, lediglich kurz zuvor über den geplanten Schritt der Universitätsleitung informiert worden.
Formal sei die Entscheidung mit einer kürzlich installierten Kommission der Universität in Verbindung gebracht worden, die bestimmen solle, welche Statements und Inhalte kontroversiell seien und gelöscht werden sollten, erzählte der auf das 16. und 17. Jahrhundert spezialisierte Historiker Louthan, der sich selbst keinesfalls als Aktivist versteht. "Ich denke, dass es eine Strategie war, alles kompliziert und obskur zu machen", sagte er. Löschentscheidungen der Uni hätten auch Erklärungen zu Gaza, Palästina und Israel betroffen, die Ukraine sei seines Erachtens mit dem komplizierten Nahost-Thema in einen Topf geworfen worden.
Über die tatsächlichen Hintergründe der konkreten Entscheidung könne er nur spekulieren, klagte Louthan. Einer der Gründe dürfte sein, dass US-Präsident Donald Trump Vergeltung liebe und dabei auch die Tatsache eine Rolle spielen könnte, dass der demokratische Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten, Tim Walz, Governeur von Minnesota sei. "Die Universität hat Riesenangst, staatliche Förderungen zu verlieren. Für die Forschung in Medizin und Naturwissenschaften hätte das katastrophale Auswirkungen", erzählte der ehemalige CAS-Direktor. Anders als die zuletzt von der Trump-Administration angegriffenen Privatunis Columbia und Harvard handelt es sich bei der auf Forschung spezialisierten University of Minnesota um eine staatliche Einrichtung mit deutlich geringeren Reserven.
Nach der "beschämenden Szene" mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei Trump im Oval Office dürfte daher womöglich vorweg eine Entscheidung getroffen worden sein, um keine Angriffsflächen zu bieten, mutmaßte Louthan. "Ich sehe das (die Löschung des Statements, Anm.) aber als völligen Verrat an der Mission der Universität, der ukrainischen Community vor Ort und auch der Ukraine. Und offen gesagt ist es dumm", sagte er. Gerade als Historiker sei er zudem gegen die Entfernung eines historischen Statements. Aber seine Universität verfolge nunmehr eine Politik, die sie als "institutionelle Neutralität" bezeichne, und würde keinerlei aktuelle Konflikte mehr kommentieren.
In Bezug auf seinen Rücktritt habe er "signifikante Reaktionen" von österreichischen Kolleginnen und Kollegen erhalten, informiert sei auch der zuständige Abteilungsleiter im nunmehrigen Bundesministerium für Frauen, Wissenschaft und Forschung - Österreich subventionierte laut Louthan zuletzt das Zentrum mit 25.000 Euro jährlich.
Für das älteste Österreichstudienzentrum in der westlichen Welt, das 1977 von Bundeskanzler Bruno Kreisky eröffnet worden war, sieht der Ex-Leiter dennoch keine größeren Zukunftsprobleme: Bereits vor seiner symbolischen Entscheidung sei geplant gewesen, dass im Juni eine neue Leiterin ihr Amt antrete. Das Zentrum sei auch in Bezug auf Finanzen und wissenschaftliche Aktivitäten gut aufgestellt. Auch für sich selbst erwarte er keine ernsthaften Konsequenzen. Er kehre in das Department für Geschichte der Universität zurück, wo er eine Dauerstelle habe, erzählte Louthan.
(Das Gespräch führte Herwig G. Höller/APA)
MINNEAPOLIS - USA: FOTO: APA/APA/GETTY IMAGES NORTH AMERICA/STEPHEN MATUREN