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Tiroler Forscher für Fasnacht ohne politische Korrektheit

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Ein Tiroler Forscher will die Fasnacht ohne "politische Korrektheit"
©APA/APA/MARKUS STEGMAYR/MARKUS STEGMAYR
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Die Fasnacht ist in Tirol bereits in vollem Gange. Der heimische Fasnachtsforscher Thomas Nussbaumer mahnt in diesem Zusammenhang ein, dass diese "frei von überschießender politischer Korrektheit" bleiben müsse. Der Tradition und ihrer Wurzeln entsprechend, arbeite die Fasnacht nämlich naturgemäß "mit Tabubrüchen und Grenzüberschreitungen" und würde zudem die wichtige soziale Funktion eines "temporär moralfreien Raums" darstellen, betonte Nussbaumer im APA-Gespräch.

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Die Fasnacht bzw. die Fasnachten - verstanden als verschiedene Fasnacht-Veranstaltungen - seien der Form nach immer ein "darstellendes Spiel", bei dem prinzipiell "alles sagbar und ausdrückbar sein muss", erklärte der Tiroler Nussbaumer, der am Mozarteum-Standort Innsbruck im Fachbereich Musikwissenschaft als Musikethnologe tätig ist. "Eine Fasnacht mit einer Sprech-Korrektheits-Polizei ist für mich deshalb absolut nicht vorstellbar", strich der Fasnacht- und Volksmusikforscher heraus.

So gebe es etwa - wieder ganz im Sinne des darstellenden, moralfreien Spiels - in manchen Fasnachten Sklaventreiber oder "Mohren" und "Zigeuner". Das habe aber nichts mit Rassismus zu tun, eben weil man sich in der Fasnacht-Zeit außerhalb von "normalen" Moral- und Tabu-Erwartungshaltungen befinde: "Rassismusvorwürfe finde ich deshalb sehr problematisch." Die Frage sei auch, wo man dann "die Grenzen zieht" und was von der Fasnacht bei übermäßigen, allzu "korrekten" Zugriffen auf die Inhalte noch übrig bliebe. "Es geht nämlich auch um die Darstellung des Wilden, der Geilheit oder der Unmäßigkeit", führte Nussbaumer aus. Eine Fasnacht dürfe und müsse auch "ordinär und hemmungslos sein", so der Wissenschafter.

Das sei vor allem deshalb sehr wichtig, weil die Fasnacht und der Fasching auch eine "gottlose Zeit" markiere. Mit der Fasnacht - die als Zeitraum verstanden werden muss, der sich über mehrere Wochen erstreckt - beginne jährlich eine Zeit des "Irrsinns" und des "Närrisch-Seins", so Nussbaumer, der auch jahrzehntelang Feldforschung im Fasnacht-Bereich betrieben hat. Danach beginne auch wieder eine Zeit des "Fastens und der Mäßigung".

Dementsprechend sei die Fasnacht auch durchaus mit Fasching oder auch Karneval gleichzusetzen. "Die Fasnacht ist dem Ursprung nach lediglich ein Fest vor der Fastenzeit", erläuterte Nussbaumer. Alle anderen Geschichten, wie etwa die Funktion der Fasnachten des "Winteraustreibens", gehörten "ins Reich der Märchen". Dabei handle es sich nämlich um spekulative Interpretationen der deutschen Volkskunde des 19. Jahrhunderts, die vor allem auch in der Zeit des Nationalsozialismus nur allzu gerne übernommen wurden.

Stattdessen müsse man die Fasnachtsfeste und -bräuche, die es in Tirol vor allem im Großraum Innsbruck und im Tiroler Oberland gibt, im Kontext anderer traditioneller Faschingsfeste in Österreich und der Welt sehen. "In Deutschland ist der Begriff Fastnacht etwa ein Überbegriff." Mit Fasching sei ursprünglich der "letzte Ausschank vor der Fastenzeit gemeint".

Zudem gebe es weltweit ähnliche "Typen" und "Figuren" in Fasnachtsbräuchen, wie etwa den Esel beim Karneval in Rio de Janeiro. "Den Esel gibt es beispielsweise auch in der Fasnacht in Telfs", führte Nussbaumer aus. Es existiere zudem eine Figur in den USA in Louisiana, die wiederum der Figur des "Wilden" beim Telfer Schleicherlaufen ähnle. Die Figuren verbinde darüber hinaus weltweit, dass es sich zu einem guten Teil auch um eine "Darstellung des Grotesken und Sündhaften" handle, die sich vom "Alltags-Durchschnittsverhalten" deutlich abhebe.

Solchen Figuren lassen sich heuer in Tirol mehrfach erleben. Am 2. Februar findet in Telfs das Telfer Schleicherlaufen statt, eine sogenannte große Fasnacht. Am 9. Februar geht schließlich die Fasnacht in Tarrenz über die Dorfbühne, am 16. Februar eine weitere in Wenns. Eine Art Schlusspunkt bildet das "Wampelerreiten" am 27. Februar in Axams. Einige Figuren trifft man gleich mehrfach, etwa den kräftigen, wilden "Scheller" und den eleganten "Roller" als Gegenpart. Zudem wimmelt es vor Hexen und sogenannten "Schleichern". In Telfs sind zudem auch Giraffe, Kamel, Strauß und eine Schildkröte im Fasnacht-Einsatz.

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