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Strategien einer Pilotin

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©Foto: Carsten Arnold
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2.300 Flugstunden absolvierte Nicola Winter bei der deutschen Bundeswehr. Bei den Übungen und Einsätzen der Pilotinnen und Piloten sind schnelle Entscheidungen, klare Kommunikation und Teamfähigkeit überlebenswichtig. Nun schrieb Winter ein Buch, in dem sie ihr Wissen weitergibt

Bereits als Jugendliche erwarb Nicola Winter eine Drachenfluglizenz. Sie liebt Fliegen über alles, und ihr Berufswunsch war immer klar: Lufthansa-Pilotin. Ein Traum, der allerdings an ihrer Körpergröße scheiterte. Denn um bei der deutschen Airline Pilotin werden zu können, ist eine Mindestgröße vorgeschrieben, die Winter nicht erreichte. „Lange suchte ich verzweifelt nach Alternativen“, blickt sie zurück. Dann besuchte sie eine Berufsmesse, bei der es einen Stand der Bundeswehr gab. „Ich zögerte lange, dort jemanden anzusprechen. Aber als ich mich schließlich überwunden hatte, waren alle total nett und motivierten mich zur Bewerbung.“

Winter stellte sich dem harten Aufnahmeverfahren, durchlief die anspruchsvolle Ausbildung und wurde schließlich die zweite Kampfflugzeug-Pilotin Deutschlands.

Jeder Tag eine neue Herausforderung

In den folgenden Jahren absolvierte sie 2.300 Flugstunden bei der deutschen Bundeswehr und bildete zahlreiche Flugschülerinnen und Flugschüler aus. „Es ist eine Mischung aus verschiedenen Dingen, die mich beim Fliegen faszinieren“, schwärmt die Pilotin. „Zum einen ist es das In-der-Luft-Sein selbst. Man hat dabei einen tollen Überblick und kann in 20 Minuten einmal quer durch Deutschland fliegen.“ Andererseits sei Formationsfliegen, wenn man mit drei bis vier anderen Flugzeugen unterwegs ist, etwas ganz Besonderes. „Außerdem ist es für mich wahnsinnig spannend, dass man eine Aufgabe in der Luft hat“, sagt Winter.

Jeder Tag, jede Mission war eine neue Herausforderung, die im Team zu meistern war. „Man muss laufend mitdenken, um die Strategie der anderen zu erkennen. Es ist wie Schach bei Überschallgeschwindigkeit“, so Winter.

Die Erfahrungen einer Pilotin

Bei derartig hohen Geschwindigkeiten, Tausende Meter über dem Boden, können bereits kleinste Fehler zu einem Unglück führen. Daher müssen Entscheidungen oft innerhalb weniger Sekunden getroffen werden. Die Pilotinnen und Piloten der einzelnen Flieger müssen zudem perfekt als Team zusammenarbeiten und klar kommunizieren können. Alles Eigenschaften, die in jedem Beruf weiterhelfen. Darum entschloss sich Winter, ihr Wissen weiterzugeben und ein Buch über Krisenkompetenz, schnelle Entscheidungen und neue Horizonte in Beruf und Alltag zu schreiben.

Entscheidungen treffen

Jeder von uns trifft bis zu 20.000 Entscheidungen täglich, den überwiegenden Teil davon unterbewusst. Wichtige Entscheidungen unter Stress zu treffen, sei Übungssache, weiß Winter: „Es gibt nicht einfach den einen cleveren Hack, den man in fünf Minuten erklären könnte.“

Wer unter Stress ruhig bleiben möchte, müsse sich regelmäßig stressigen Situationen aussetzen, um dies zu trainieren. So lernt man, Ruhe zu bewahren und die Kontrolle über die Situation zu behalten. „Es hilft, damit schon in jungen Jahren anzufangen, indem man z. B. Leistungssport betreibt oder sich ehrenamtlich bei der Feuerwehr engagiert“, erklärt Winter.

Pilotinnen und Piloten reflektieren im Nachhinein die getroffenen Entscheidungen. Winter: „Dabei ist es wichtig, die jeweilige Entscheidung ehrlich zu bewerten und zu beurteilen, ob ich sie das nächste Mal vielleicht anders treffen würde.“ Hier gehe es nicht darum, diese Entscheidung im Nachhinein als Top oder Flop zu bewerten, da man „in der Rückschau immer schlauer ist“. Vielmehr hänge „die Qualität einer Entscheidung einzig und allein davon ab, ob alle in der Situation vorhandenen Fakten und Fähigkeiten richtig bewertet wurden.“

„Man muss laufend mitdenken, um die Strategie der anderen zu erkennen. Es ist

wie Schach bei Überschallgeschwindigkeit“

Nicola Winter über das Fliegen von Übungen und Einsätzen

Mit Ängsten richtig umgehen

Jeder Mensch verspürt ab und zu Angst. „Dieses Gefühl auszuschalten, wäre ganz schlecht“, erklärt Nicola Winter. „Denn das Gehirn versucht, damit eine Nachricht zu geben.“ Dabei gebe es zwei unterschiedliche Arten von Angst. „Einerseits gibt es reale Risiken, wie beispielsweise abzustürzen. Ich tue alles dafür, dass es nicht passiert und ziehe daraus die Motivation, es richtig zu machen.“

Das andere sei dieses diffuse Gefühl von Angst, das man z. B. manchmal auch in den Bergen bekommt. „Wenn ich in diesem Bereich Profi bin, muss ich auf das Gefühl hören“, so die Pilotin. Das habe nichts mit Phobien zu tun. In dem Fall ist es wichtig, kurz innezuhalten und zu bewerten, ob es einen realen Hintergrund gibt – und dementsprechend zu handeln.

Von der Jet- zur Hubschrauberpilotin

Nicola Winter gehört zu jenen Menschen, die immer wieder gerne Neues ausprobieren. 2018 trat sie aus der Bundeswehr aus und war ab 2021 Doktorandin der Weltraumwissenschaften an der University of North Dakota (USA). Seit 2022 ist sie Reserveastronautin und ab Ende des Jahres wird sie als Rettungshelikopter-Pilotin tätig sein. Denn ihr Ziel sei es auch immer gewesen, anderen Menschen zu helfen.

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 © Ariston

Das Buch

Jetpilotin Nicola Winter verrät Wege zum Erfolg in Beruf und Alltag. Sie erklärt in ihrem Buch u. a., wie man schnelle Entscheidungen trifft und warum man Risiken eingehen sollte. Ariston Verlag, € 24,70

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