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Der Räuberhauptmann "Schinderhannes", der eigentlich Johannes Bückler hieß, wurde am 21. November 1803 in Mainz gemeinsam mit 18 weiteren Verurteilten durch das Fallbeil hingerichtet, hieß es in einer Aussendung am Montag. Die Misere begann dann zwei Jahre später im Jahr 1805: Der erste Lehrstuhlinhaber der Anatomie in Heidelberg, Jacob Fidelis Ackermann, brachte das Skelett des zu Lebzeiten trotz seiner Verbrechen beliebten "Schinderhannes" gemeinsam mit dem eines weiteren Räubers, dem "Schwarzen Jonas", an sein Institut.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kam es unter Ackermanns Nachfolger, Friedrich Tiedemann, offenbar zu einer Vertauschung der Sammlungsnummern und damit auch der korrekten Zuordnung der Skelette. Die Gebeine des "Schwarzen Jonas" gingen im Laufe der Zeit dann verloren. Es wird vermutet, dass es im Glauben, es handle sich um das Skelett des "Schinderhannes", entwendet oder ausgeborgt und dann nie zurückgegeben worden war. Ein internationales und interdisziplinäres Wissenschafter-Team aus Deutschland, Österreich, Schweden, Portugal und den USA wollte daher der Frage auf den Grund gehen, ob jenes Skelett, das sich noch in Heidelberg befindet, auch tatsächlich das des geschichtenumwobenen Räuberhauptmannes ist.
Doch die Forschenden stießen bei ihrer Untersuchung auf ein Problem: Bei der damaligen Ausstellung der Skelette der beiden Räuber wurden ihre Knochen eingeweicht und behandelt, um sie haltbar zu machen und ausstellen zu können. Dabei wurde aber auch DNA zerstört. Daher wandten die Wissenschafterinnen und Wissenschafter eine neuartige Methode an, welche "die Bestimmung von Verwandtschaftsverhältnissen sogar bei Individuen erlaubt, die über fünf Generationen hinweg getrennt sind", erklärte Walther Parson, Leiter des Forschungsbereichs Forensic Genomics am Institut für Gerichtliche Medizin an der Medizin Uni Innsbruck und Erstautor einer nun veröffentlichten Studie.
Im Zuge der Forschung gelang es, einen Verwandten des "Schinderhannes" in fünfter Generation ausfindig zu machen. Zunächst wies ein "Abgleich mit der über die mütterliche Linie vererbten mitochondrialen DNA darauf hin, dass die Knochenmontage in Heidelberg, die fälschlicherweise dem sogenannten 'Schwarzen Jonas' zugeordnet war, vom 'Schinderhannes' stammen könnte", hieß es. Die neue molekulargenetische Methode, anhand der rund 5.000 Kern-DNA-Marker aus Knochen analysiert wurden, lieferte schließlich den entscheidenden Befund. Das sich über fünf Generationen erstreckende Verwandtschaftsverhältnis konnte "statistisch abgesichert" werden, es handelt sich in Heidelberg also "zweifelsfrei" um den hingerichteten Räuberhauptmann.
Für die Wissenschaft dürfte dies wegweisend sein: "Die Kombination forensischer, genetischer und historischer Techniken ermöglichte dieses Ergebnis und dient als Modell für künftige Untersuchungen", meinte Parson. Der Forscher und sein Team wurden in der Vergangenheit indes schon zur Untersuchung mehrerer "Prominenter" herangezogen: So war er an der Aufklärung historischer Fälle zur russischen Zarenfamilie Romanow, Wolfgang Amadeus Mozart, Friedrich Schiller oder zuletzt Kaspar Hauser beteiligt.
MAINZ - DEUTSCHLAND: FOTO: APA/APA/Stadtarchiv Mainz BPSP/3894C