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In Bezug auf Luftgüte und Mobilität treten die sogenannten Nicht-Abgas-Emissionen, die vor allem aus Reifen-, Brems- und Straßenabrieb bestehen, immer mehr in den Fokus: Denn mit den ab 2030 EU-weit strengeren Luftgütegrenzwerten werden erstmals auch die Abriebemissionen unter die Lupe genommen. Spätestens bis dahin sollte eine verlässliche Methode der Quantifizierung dieser Emissionen entwickelt sein, denn der Abrieb wird laut den Experten der TU Graz bisher nur unzureichend erfasst.
Gemessen wird der Abrieb, der u. a. jährlich Tausende Tonnen Mikroplastik verursacht, bisher vor allem indirekt über den Gewichtsverlust - im Fall von Reifenabrieb beispielsweise den der Differenz der Gesamtreifenmasse im Verhältnis zur gefahrenen Strecke. Das ist jedoch für jeden zu prüfenden Reifentyp sehr zeitaufwendig und auch von vielen Einflussfaktoren und Unsicherheiten abhängig.
Cornelia Lex vom Institut für Fahrzeugtechnik führt einen weiteren Kritikpunkt an: "Welche und wie viele gesundheitsgefährdende ultrafeine Partikel dabei entstehen, wird nicht erfasst". Es bestehe daher "die Gefahr, dass Hersteller ihre Reifen lediglich in Hinblick auf den Masseverlust optimieren, dies aber möglicherweise mit einer Zunahme von ultrafeinen Abriebpartikeln oder der Verwendung umweltschädlicher Bestandteile einhergeht".
Lex und ihr Kollege Stefan Hausberger vom Institut für Thermodynamik und nachhaltige Antriebssysteme erforschen mit Teams von insgesamt fünf Instituten die Entstehung von Reifen-, Bremsen-, Fahrbahn- und Schienenabriebpartikeln, um letztlich standardisierte, realistische Testverfahren für verschiedene Fahrzeugklassen und -komponenten zu entwickeln. Dazu müssen zuerst auch Methoden entwickelt werden, in denen die Abriebemissionen vollständig aufgefangen werden.
"Um auch feinste Partikel bis zu einer Größe von 2,5 Nanometern zu messen und zu klassifizieren, werden wir hochsensible Sensoren und Untersuchungsmethoden entwickeln, mit denen wir neben der Anzahl und Größe der Abriebpartikel auch deren Morphologie und chemische Zusammensetzung genau bestimmen können", erklärte Stefan Hausberger.
Besonders wichtig sei, dass die Messergebnisse auf den realen Fahrbetrieb übertragbar sind. Dafür werden die Forschenden Simulationsmodelle weiterentwickeln und durch reale Test- und Messfahrten validieren, bei denen sie auch den Einfluss verschiedener Fahrstile und Straßenverhältnisse berücksichtigen. Neben dem Straßenverkehr will man auch den Schienenverkehr ins Visier nehmen, der ebenfalls einen bedeutenden Anteil der Nicht-Abgas-Emissionen verursacht.
Die TU Graz fördert die Forschung zu den Abriebemissionen mit knapp 1,9 Millionen Euro für die kommenden drei Jahre. Insgesamt sind mehr als 30 Forschende, Labor- und Prüfstandsmitarbeitende an dem Leadprojekt namens "Non-Exhaust Emission Topics" (NExT) beteiligt.
Die Förderung von Leadprojekten an der TU Graz dient der Weiterentwicklung von Spitzenforschungsbereichen im Haus: "Die Leadprojekte sind eng verknüpft mit den Fields of Expertise der TU Graz, in denen Forschende verschiedener Disziplinen gemeinsam an drängenden Themen unserer Zeit arbeiten. Nachhaltige Mobilität ist dabei ein zentraler Forschungsschwerpunkt, den wir mit dieser hohen Projektförderung weiter stärken", erklärte dazu Andrea Höglinger, Vizerektorin für Forschung.
TU Graz, Leadprojekt NExt, Non-Exhaust-Emissionen (Brems-, Reifen- und Schienenabrieb), Stefan Hausberger & Team,Institut für Thermodynamik und nachhaltige Antriebssysteme