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Regierung will Orientierungsklassen für ganz Österreich

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Die Orientierungsklassen sollen den Kindern beim Ankommen helfen
©APA/APA/THEMENBILD/HANS KLAUS TECHT
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Kinder und Jugendliche, die über die Familienzusammenführung nach Österreich kommen, sollen künftig zuerst einige Zeit in sogenannten Orientierungsklassen verbringen. Erst nachdem ihnen dort erste Deutschkenntnisse und Grundfertigkeiten für den Schulbesuch vermittelt wurden, sollen sie in eine Regel- oder Deutschförderklasse kommen. Ähnliche Modelle gibt es in Wien und Vorarlberg, im Ministerrat soll am Mittwoch die Ausarbeitung eines bundesweiten Modells beschlossen werden.

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Seit 2023 waren über den Familiennachzug vermehrt Kinder von Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten nach Österreich gekommen, die wegen ihrer Fluchterfahrung samt Aufenthalten in Lagern in der Türkei oder im Libanon nur wenig oder gar keine schulische Vorerfahrung hatten. Neben Deutschkenntnissen fehlten ihnen auch soziale Grundkompetenzen, sie waren nur teilweise oder gar nicht alphabetisiert. Von dem Thema betroffen seien alle Ballungsräume im Land, hieß es in einer Unterlage aus dem Ressort von Bildungsminister Christoph Wiederkehr (NEOS).

Mit den Orientierungsklassen soll diesen Kindern und Jugendlichen der Einstieg ins österreichische Schulsystem erleichtert werden, indem sie dort zeitlich befristet in einem eigenen klassenartigen Verband eine erste Orientierung erhalten. Im Zentrum stehen dabei laut Unterlage erste Deutschkenntnisse, für den Schulbesuch notwendige Grundfertigkeiten wie Stifte halten oder mit der Schere schneiden, aber auch "das Vermitteln relevanter Werte und Grundsätze für das Zusammenleben in einer demokratischen Gesellschaft (wie Respekt, Gleichberechtigung, Toleranz, Verantwortung und Selbstbestimmung)".

Darauf, wie lange die Kinder und Jugendlichen die Orientierungsklassen besuchen sollen, hat man sich im Ministerium noch nicht festgelegt, hieß es auf APA-Nachfrage. Die gesetzliche Grundlage für die Orientierungsklassen soll jedenfalls nach einem Begutachtungsverfahren im Parlament beschlossen werden. Im Bildungsministerium kann man in dieser Sache wohl auf Vorarbeiten zurückgreifen. Wiederkehrs Amtsvorgänger Martin Polaschek (ÖVP) hat erst vergangenen Sommer Lehrplanänderungen zur Einrichtung von solchen Vorbereitungsklassen angekündigt. Diese sollten ein halbes Jahr oder Jahr dauern und vorschulähnlich organisiert sein.

"Wir sehen in Ballungszentrum die hohe Anzahl an Kindern, die einen besonders hohen Bedarf an Integrationsangeboten haben - hier müssen wir dringend Maßnahmen setzen", betonte Wiederkehr die Dringlichkeit der Maßnahme. Die Orientierungsklassen würden auch den Kindern helfen, die schon im Unterricht sind. "Sie bekommen später Mitschülerinnen und Mitschüler, die die gemeinsamen Regeln kennen und dem Unterricht gut folgen können."

Projekte zu Orientierungsklassen laufen derzeit bereits in Wien und Vorarlberg. In der Bundeshauptstadt hatte Wiederkehr als damaliger Bildungsstadtrat das Modell vor gut einem Jahr eingeführt, die Orientierungsklassen dauern hier in der Regel zwei Monate. Bisher haben über 500 Kinder eine Orientierungsklasse besucht, aktuell gibt es zwölf Orientierungsklassen an zwei Standorten. In Wien werden zunächst schulische Vorerfahrungen, Alphabetisierungsstand und weitere für den Schulalltag wichtige Informationen der Kinder erfasst. Außerdem gibt es ein eigenes Angebot, um die Eltern mit Infos rund um den Schulbesuch zu versorgen und sie einzubinden. "Diese Vorbereitung dient auch der Unterstützung der Schulen bei der Integration der neu aufzunehmenden Schülerinnen und Schüler", wurde Wiens Bildungsstadträtin Bettina Emmerling (NEOS) zitiert.

In Vorarlberg gibt es seit Herbst 2024 das Pilotprojekt "Lernraum Schule und Kultur", bei dem rund 40 nicht alphabetisierte und nicht mit dem Schulalltag in Österreich vertraute Kinder, dislozierte Deutschförderklassen in Bludesch-Gais besuchen. Dem Sport-, Werk- und Musikunterricht folgen sie weiter in ihrer Stammschule, um den Kontakt zu ihren Mitschülerinnen und Mitschülern zu erhalten. Sobald sie den MIKA-D Test bestehen, der über die Zuweisung zu einer Deutschförderklasse entscheidet, sollen sie in die Stammschule zurückwechseln. Laut Landesrätin Barbara Schöbi-Fink hat man durchwegs positive Erfahrungen mit dem Pilotprojekt gemacht. "Es ist eine große Chance für die Schülerinnen und Schüler und entlastet gleichzeitig die Stammschule." In den kommenden Monaten soll von der Bildungsdirektion ein zusätzlicher Standort geprüft werden.

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