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Rund 150 Exponate hat das Kuratorenduo Monika Faber und Arne Reimer zusammengetragen, das den Buchumschlag als wirksames Mittel der Aufmerksamkeitsgenerierung zeigt. "Es ist ein kleines Plakat", machte Faber deutlich, wie bedeutend der Außenauftritt von Schriften im Kampf um die öffentliche Meinung war. Und so verstößt man bei Bonartes willentlich gegen das ansonsten ehern aufrechterhaltene Prinzip "Don't judge a book by its cover".
Das verbindende Element der gebundenen Werke: Fotografien oder Montagen finden sich nicht im Buchinneren, sondern ausschließlich am Schutzumschlag. Just dieses protegierende Papier ist im Laufe der Jahrzehnte oftmals verloren gegangen - entledigten sich die Bibliotheken aus Platzgründen doch oftmals der vermeintlich zu entbehrenden Umschläge. Umso wertvoller sind entsprechend die noch vorhandenen Bestände. Ein weiterer Roter Faden der Ausstellung: Samt und sonders handelt es sich um Belletristik, die bereits im Ständestaat aus den Leihbibliotheken verbannt wurde.
Dabei ist die Schau im Wesentlichen in drei Kapitel gegliedert - je nach ideologischer Ausrichtung. Bei der Propaganda der Sozialisten überrascht besonders ein Kompendium an Kampfschriften aus dem Roten Wien, die vielfach mit Hakenkreuz, Hitler oder der Parole "Der Jud ist an allem schuld" aufwarten und Auflagen von bis zu 100.000 Stück hatten. Mittels subversiver Technik versuchte man hier, die Anhängerschaft des politischen Gegners anzuziehen respektive in die Irre zu führen - entgegen der heutigen Devise, den ideologischen Widersacher möglichst nicht zu erwähnen. Es sind Tarnschriften oder Camouflageliteratur, wie sie ihren Höhepunkt im 1937 auf die Weltausstellung von Paris geschmuggelten, vermeintlichen Reiseführer "Beautiful Austria" von Otto Leichter findet, der scheinbar idyllische Stadtspaziergänge mit sozialistischer Anklage des Ständestaates verbindet.
Für die Sozialisten war teils die spätere Starfotografin Edith Tudor-Hart tätig, während die kommunistische Agitprop, vornehmlich aus dem Verlagsimperium von Hilde und Johannes Wertheim, unter anderen mit John Heartfield aufwarten kann, der Legende der grafischen Gestaltung. Dessen avantgardistischen Montagen steht die politische Propaganda des Ständestaates gegenüber.
Die Schriften des Regimes setzen im Gegensatz zu den Kommunisten auf das fotografische Einzelbild anstelle der Montagen. "Man will, dass alles so bleibt, wie es ist - oder noch älter wird, als es ist", erklärte Faber den Ansatz, primär idyllische Ruhe, vermeintliche Urzustände der ländlichen Bevölkerung oder die Berge zu zeigen. Und nicht zuletzt Dollfuß selbst: "In Österreich wird der Personenkult von Dollfuß eingeführt - den gibt es vorher nicht." Auch das ein Umstand, der einem heute mehr als vertraut erscheint.
Service: "Buchumschlag! Fotomontagen im politischen Kampf der 1930er-Jahre in Österreich" im Photoinstitut Bonartes, Wien 1, Seilerstätte 22, von 19. März bis 20. Juni. Dazu erschienen "Buchumschlag! Fotomontagen im politischen Kampf der 1930er-Jahre in Österreich", hrsg. von Hanna Schneck , Arne Reimer und Monika Faber, Schleebrügge, 248 Seiten, 28 Euro. www.bonartes.org
WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/APA/Photoinstitut Bonartes