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Mehr Geld - Höhere Lebenserwartung

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Soziale Faktoren bestimmen Gesundheit und Lebenserwartung
©APA/BARBARA GINDL
Soziale Faktoren bestimmen Gesundheit und Lebenserwartung. US-Wissenschafter haben jetzt ein speziell für die Vereinigten Staaten besonders ernüchterndes Faktum belegt: Die dort reichsten Bevölkerungsschichten weisen eine ähnlich hohe Sterblichkeit auf wie die ärmsten im Großteil Europas. Das hat eine im "New England Journal of Medicine" publizierte Vergleichsstudie ergeben.

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Sara Machado von der Abteilung für öffentliche Gesundheit der Brown University (Providence/US-Bundesstaat Rhode Island) und ihre Co-Autoren haben zwei repräsentative Studien aus den Vereinigten Staaten und aus Europa mit insgesamt 73.828 Erwachsenen im Durchschnittsalter zu Studienbeginn von 65 Jahren (Bandbreite zwischen 50 und 85 Jahren) miteinander verglichen. Die mittlere Beobachtungszeit der Probanden im gesamten Studienzeitraum von 2010 bis 2022 betrug zehn Jahre. Während dieser Zeitspanne starben 13.802 Personen (18,7 Prozent), schrieben sie in der weltweit hoch angesehenen Medizin-Fachzeitschrift (DOI: 10.1056/NEJMsa2408259).

Zunächst zeigte sich einmal mehr, wie sehr der Wohlstand insgesamt Gesundheit und Lebenserwartung beeinflusst: Über die Vereinigten Staaten und die europäischen Daten hinweg hatte das reichste Viertel des Samples die geringste Sterblichkeit. Das zweite Viertel lag schon um 20 Prozent schlechter, das dritte um 32 Prozent und das vierte Viertel um 40 Prozent schlechter.

Im Vergleich zwischen den Vereinigten Staaten und dem alten Kontinent gab es aber noch einmal große Unterschiede. "Die Überlebenslücke zwischen dem obersten und dem untersten Vermögensviertel (Quartile; Anm.) war in den USA größer als in Europa. Die Überlebensraten unter den Teilnehmern der obersten Vermögensquartile in Nord- und Westeuropa sowie in Südeuropa war höher als unter den reichsten Amerikanern. Die Überlebensrate im wohlhabendsten Viertel der US-Bevölkerung zeigte sich als ähnlich hoch wie im ärmsten Viertel der nord- und westeuropäischen Länder", schrieben die Wissenschafter.

So lebten nach der mittleren Beobachtungsdauer von zehn Jahren in den USA nur noch 65 Prozent der in der Studie berücksichtigten Menschen, die zum ärmsten Viertel der Bevölkerung zählten. In Nord- und Westeuropa (Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Niederlande, Österreich, Schweden und die Schweiz) waren es etwa 78 Prozent. Umgekehrt betrug die Überlebenswahrscheinlichkeit der Menschen, welche zu den reichsten 25 Prozent gehörten, in den USA im Beobachtungszeitraum von zehn Jahren knapp über 80 Prozent. In Europa waren es für die Personen innerhalb der 50 Prozent (zwei Quartile fast gleichauf) mit den größten finanziellen Ressourcen etwa 85 Prozent. Das ärmste Viertel der Studiengruppe in Nord- und Westeuropa wies eine Überlebensrate von etwas über 80 Prozent auf, was eben dem wohlhabendsten Viertel in den USA entsprach. Auch im Vergleich zu südeuropäischen Ländern schnitten die Vereinigten Staaten ähnlich schlecht ab.

"Die Ergebnisse zeigten, dass Menschen mit höherem Vermögen tendenziell länger leben als Menschen mit geringerem Vermögen, insbesondere in den USA, wo die Kluft zwischen Arm und Reich deutlich größer ist als in Europa", hieß es in einer Aussendung der Brown University in Providence.

Vergleichsdaten hätten außerdem bewiesen, dass die Sterberaten in den USA auf allen Stufen der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel höher waren als in den von den Forschern untersuchten Teilen Europas. "Die reichsten Amerikaner haben im Durchschnitt eine kürzere Lebenserwartung als die reichsten Europäer; in einigen Fällen liegen die Überlebensraten der reichsten Amerikaner auf dem Niveau der ärmsten Europäer in westlichen Teilen Europas wie Deutschland, Frankreich und den Niederlanden", fassten die Wissenschafter ihre Ergebnisse zusammen.

Zusätzlich sei die Lebenserwartung in den USA in den vergangenen Jahren gesunken, sagte Studienautorin Irene Papanicolas, Professorin für Gesundheitsdienste, -politik und -praxis an der Brown University. "Die Ergebnisse erinnern eindringlich daran, dass selbst die wohlhabendsten Amerikaner nicht vor den systemischen Problemen in den USA geschützt sind, die zu einer niedrigeren Lebenserwartung beitragen, wie etwa wirtschaftliche Ungleichheit oder Risikofaktoren wie Stress, Ernährung oder Umweltgefahren", erklärte die Expertin.

SALZBURG: FOTO: APA/BARBARA GINDL

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