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Innovative Totholz-Messung in Vorarlbergs wildester Ecke Rohrach

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Die abgestorbenen Bäume und Äste bieten Lebensraum, unterstützen den Nährstoffkreislauf und reduzieren Erosion
©APA/APA/JAKOB GALLE/JAKOB GALLE
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Es zählt zu Vorarlbergs wildesten Ecken: Das Naturwaldreservat Rohrach ganz im Norden hat sich seit seiner Unterschutzstellung vor über 30 Jahren zu einem urwaldähnlichen Gebiet entwickelt. Das Areal, durch das auf Vorarlberger Seite nicht einmal Wanderwege führen, liefert wertvolle Basisdaten für die europäische Naturwaldforschung. Eine Masterarbeit, die mit Unterstützung der inatura Dornbirn entstand, befasste sich dort etwa mit innovativen Methoden zur Messung von Totholz.

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Um die Rickenbach-Schlucht im Norden Vorarlbergs erstrecken sich beidseits der Staatsgrenze Österreich-Bayern Natura-2000-Schutzgebiete. Auf österreichischer Seite in den Gemeindegebieten von Hohenweiler und Möggers (Bez. Bregenz) wurde bereits 1992 das 50 Hektar große Naturwaldreservat Rohrach gegründet und jegliche forstliche Nutzung verboten. Seither wird die ungestörte Waldentwicklung dort wissenschaftlich beobachtet. Die erhobenen Daten sind gerade mit Blick auf die Klimawandelanpassung, die Erfassung des Zustands der Wälder und deren nachhaltige Nutzung von hoher Aktualität.

Eine Ersterfassung von Flora und Fauna in den 1990er-Jahren unter Leitung des inzwischen verstorbenen Ökologen Georg Grabherr wurde 2022 im Rohrach wiederholt, diesmal dank der Weiterentwicklung von Vermessungsmethoden an das Heute angepasst. Eine Sammelpublikation dazu lässt laut Miriam Simma vom Regionsmanagement zwar noch auf sich warten, doch die wissenschaftlichen Einzelresultate begeistern die Fachleute bereits: Nach 30 Jahren Ungestörtheit sind im Rohrach viele seltene Vögel, Insekten, Pilze und Pflanzen zu finden. 26 Großpilze konnten für Vorarlberg erstmals nachgewiesen werden, 2 davon erstmals für Österreich. Bei den Käfern wurden 34 Rote-Liste-Arten gefunden, darunter Urwaldreliktarten wie der Rindenschröter () oder der Schaufelkäfer ().

Denn in dem Gebiet ist konstant verfügbar, was in klassischen Wirtschaftswäldern noch immer zu rigoros ausgeräumt wird: Totholz. Die abgestorbenen Bäume und Äste bieten Lebensraum, unterstützen den Nährstoffkreislauf, reduzieren Erosion und speichern temporär Kohlenstoff. Intensive Waldbewirtschaftung hat zu einem Rückgang dieses wichten Bausteins im Ökosystems und damit der Biodiversität der Wälder geführt. Inzwischen gibt es ein Umdenken: ein gewisser Anteil an Totholz, zumeist zwischen fünf und zehn Prozent, wird empfohlen.

Gerade in naturbelassenen Wäldern mit übereinander liegenden Stämmen und dichtem Bewuchs ist aber das so wichtige Monitoring von Totholz schwierig. Wie also vermisst man so einen "Dschungel"? Der Geodät Jakob Galle hat sich in seiner Masterarbeit im Bereich Photogrammetrie am Department für Geodäsie und Geoinformation an der TU Wien genau damit befasst. Der Salzburger schlug sich dafür, den schweren Laser im Gepäck, durch das unwegsame und feuchte Rohrach.

Galle untersuchte Möglichkeiten zur automatisierten Erkennung von Totholz und verglich die zeitaufwendige Feldmessung mit der bewährten Linienstichproben-Methode ("Line Intersect"), der bereits entwickelten Drohnen-basierten Laserscanning-Methode (ULS) und einem neu von Galle entwickelten Algorithmus für terrestrisches Laserscanning (TLS). Der TLS-Ansatz nutzt hochauflösende Punktwolken, um liegendes Totholz anhand geometrischer Merkmale zu detektieren. In der Folge lässt sich daraus die Totholzbiomasse des Gebiets berechnen.

Galles Fazit: Die ULS-Methode war zwar effizient bei großflächiger Kartierung, aber weniger bei Probeflächen mit kleineren oder verdeckten Stämmen. Der Boden-Laser erbrachte detailliertere Messungen, es ergaben sich aber Probleme in Waldteilen mit dichter Vegetation und übereinander liegenden Stämmen. Die Linienstichproben boten einen schnellen und einfachen Überblick, waren aber ungenauer bzw. wie die manuelle Felderfassung nicht für große Flächen geeignet.

Die Lösung liegt für Galle in einem abgestimmten Methoden-Mix: "Eine Kombination von ULS- und TLS-Daten könnte eine umfassendere Lösung bieten, indem ULS für großflächige Erfassungen und TLS für detaillierte Analysen genutzt wird", so der Wissenschafter. Interessant wäre das nicht nur für das Monitoring in Österreichs Naturwäldern, sondern generell für große Waldgebiete wie sie die österreichischen Bundesforste verwalten.

BREGENZ - ÖSTERREICH: FOTO: APA/APA/OPALS/IPF 2024/APA/OPALS,INSTITUTE OF PHOTOGRAMMETRY AND REMOTE SENSING. 2024

MÖGGERS: FOTO: APA/APA/JAKOB GALLE/JAKOB GALLE

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