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Im Rahmen des Projektes wurden im Auftrag des Innenministeriums vom Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung, dessen Gründer Karner ist, die Gräber der rund 90.000 sowjetischen Kriegstoten in Österreich untersucht. Unter diesen konnten 11.067 der Ukraine zugeordnet werden. Das entspreche 21 Prozent jener sowjetischen Kriegstoten, deren Herkunft eindeutig geklärt werden kann. Gemessen am Anteil der damaligen sowjetischen Gesamtbevölkerung von 16,5 Prozent seien Ukrainer damit "überproportional" an der Befreiung Österreichs beteiligt gewesen. Die meisten seien im Jahr 1945, also in den letzten Kriegsmonaten, gestorben. Ihre Gräber seien im gesamten Bundesgebiet zu finden.
Unter den in Österreich begrabenen Ukrainern befänden sich auch nicht nur Soldaten, betonte der Historiker. Rund zwei Drittel der Gräber seien von ehemaligen KZ-Insassen, Kriegsgefangenen, Zwangsarbeitern oder Zivilinternierten. "Darunter sind auch viele Frauen", merkte Karner an.
Jene unter den Zwangsarbeitern, die überlebten und in die Sowjetunion zurückkehrten, hätten zudem dort noch lange nach Kriegsende eine "bürokratische Repression" erleiden müssen. Denn sie hätten schließlich "dem Feind gedient". Auch ihre Angehörigen wären lange diskriminiert worden. Erst 1995 seien die "Stempel aus den Akten gelöscht worden", erklärte Karner.
Ziel des Projekts sei es auch gewesen den toten Ukrainerinnen und Ukrainern erstmals wieder ihre Namen zurückzugeben, wie das Innenministerium betonte, das in Österreich für Angelegenheiten der Kriegs- und Opfergräberfürsorge zuständig ist.
Im Bericht stellt Karner auch den Gegenwartsbezug her. Der russische Angriff auf die Ukraine und die damit einhergehende Kriegspropaganda würden deutlich machen, wie wichtig die Erinnerungsarbeit sei. Schließlich wäre Teil des Narratives, den historischen Anteil der Ukraine an der Bekämpfung des Nationalsozialismus zu schmälern. "Dabei war es die Ukraine, die zusammen mit Polen und Weißrussland die höchsten Opfer durch die deutsche Besatzung und die Kampfhandlungen zu erleiden hatte", schließt Karner ab.
Am 29. März 1945 begann mit dem Überschreiten der österreichischen Grenze bei Klostermarienberg im Burgenland die Befreiung Österreichs durch die alliierten Streitkräfte. "Wir sind über die große Linie", hieß es damals seitens der sowjetischen Roten Armee. Erst einen Monat später, am 28. April, betraten die Westalliierten in Tirol Österreich. Bis dahin war es die Rote Armee, die gegen das nationalsozialistische Regime kämpfte.