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"Ziel dieser Studie war es daher, erstmals belastbare Daten zur Inzidenz der RA bei österreichischen Erwachsenen zu erheben. Alle oberösterreichischen Rheumatologen meldeten neu diagnostizierte RA-Patienten mit Symptombeginn zwischen 2016 und 2018 zusammen mit demografischen Daten, Labor- und Röntgenergebnissen. Fälle, die Ende 2018 noch unklar waren, wurden in einem erweiterten Beobachtungszeitraum bis 2023 verfolgt", schrieb jetzt das Autorenteam mit den Rheumatologen Rudolf Puchner und Judith Sautner vom Landeskrankenhaus Korneuburg-Stockerau als Erst- und Zweitautoren in der Fachzeitschrift "Rheumatic and Musculoskeletal Diseases/RMD Open" (doi: 10.1136/rmdopen-2024-005331).
Fundierte Informationen zum Auftreten chronischer Erkrankungen sind speziell für die Planung der Versorgung und die Abschätzung des Behandlungsbedarfes sowie für die Identifizierung besonders betroffener Personengruppen wichtig. Das gilt auch für Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises inklusive Gelenksrheuma. Bisher existiert in Österreich kein Register dazu, wie die Experten feststellten. Die Zahl der Betroffenen konnte bisher am ehesten indirekt über Behandlungsdaten geschätzt werden, die keine wirklich exakten Informationen darstellen.
Und so sahen die aus ganz Oberösterreich stammenden Informationen aus, wie die Experten schrieben: "Insgesamt wurden 701 Fälle von rheumatoider Arthritis gemeldet. 583 vollständige Patientendatensätze wurden analysiert. Bei allen 551 Personen mit einem Durchschnittsalter von 60,2 (plus/minus14,2) Jahren, davon 359 (65,2 Prozent) Frauen, wurde die Diagnose RA klinisch von einem Rheumatologen festgestellt (...)." Berücksichtigt wurden Neudiagnosen in der Altersgruppe der über 16-Jährigen.
Daraus ergab sich über den Zeitraum von drei Jahren hinweg eine Häufigkeit von Gelenksrheuma-Neudiagnosen von 14,9 Fällen pro 100.000 Menschen. Im Jahr 2016 waren es beispielsweise 20 neue Fälle je 100.000, im Jahr 2018 hingegen "nur" 11,3 pro 100.000 Personen.
Die rheumatoide Arthritis ist eine schwere, oft mit starken Schmerzen verlaufende Erkrankung. Sie kann durch die entzündlichen Prozesse bis zur Zerstörung der betroffenen Gelenke und Invalidität gehen. Wichtig wären eine frühe Diagnose und eine gezielte Behandlung zur möglichst starken Dämpfung der Entzündungsprozesse.
Auch bei der chronischen Polyarthritis handelt es sich offenbar um eine Krankheit, die besonders ältere Menschen betrifft: Mit pro Jahr 21,6 Neudiagnosen pro 100.000 Menschen waren Personen im Alter über 65 Jahren deutlich überrepräsentiert. Mit insgesamt 18,1 neuen Fällen pro 100.000 Frauen und "nur" 10,4 Neudiagnosen pro Jahr und 100.000 Männern zeigte sich ein wesentlich höheres Risiko unter der weiblichen Bevölkerung.
Die Daten dürften für Österreich repräsentativ sein. "Oberösterreich ist eines von neun österreichischen Bundesländern und repräsentiert etwa 16 Prozent der gesamten österreichischen Bevölkerung. Es hat eine stabile Bevölkerung in Bezug auf Ethnizität und Alter und eine ausgewogene Mischung aus ländlicher und städtischer Bevölkerung", schrieben die Experten.
Im internationalen Vergleich wurde bisher beispielsweise in Schweden mit 41 RA-Neudiagnosen pro 100.000 Menschen und Jahr eine besonders hohe Häufigkeit von chronischer Polyarthritis belegt. Es gibt offenbar ein Nord-Süd-Gefälle. In Spanien wurde in einer vergleichbaren Studie "nur" eine Häufigkeit von 8,3 neuen Fällen pro 100.000 Menschen und Jahr registriert.
Die neuen österreichischen Zahlen belegen in der gesundheitspolitischen Debatte oft kritisierte Charakteristika des Gesundheitswesens: So wurde die Diagnose einer rheumatoiden Arthritis bei 44,5 Prozent der Betroffenen zunächst im Krankenhaus gestellt, nur bei etwas mehr als der Hälfte der Patienten (54,6 Prozent) in der niedergelassenen Praxis eine Rheumatologen.
Laut dem Österreichischen Rheumatologie-Report 2023 dürften in Österreich insgesamt rund 90.000 Menschen, also etwa ein Prozent der Bevölkerung, an Gelenksrheuma leiden. "Ambulante Rheuma-Versorgung erfolgt derzeit in Spitalsambulanzen, weil Kassenärzte fehlen", hieß es in dem Bericht. Im März 2023 gab es in Österreich insgesamt 299 internistische Rheumatologen, davon 110 nur im Spital tätig. Insgesamt hatten nur 26 der Fachärzte einen Vertrag mit allen Krankenkassen.
ZU APA-TEXT II - THEMENBILD - Illustration zu Ärzte/medizinische Versorgung/Gesundheit/Medizin. Eine Ärztin beim Ausfüllen eines Rezepts aufgenommen am Donnerstag, 22. August 2013, (gestellte Szene). APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER