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In Österreich werden jährlich etwa 700 Kinder mit einem angeborenen Herzfehler geboren, was etwa einem von 100 Neugeborenen entspricht. Dank der Fortschritte in der pädiatrischen Herzchirurgie erreichen heute rund 95 Prozent dieser Kinder das Erwachsenenalter. Kinder mit komplexen Herzfehlern können nach erfolgreicher Behandlung ein normales Leben führen, dennoch bedeutet eine erfolgreiche Operation nicht immer eine dauerhafte Heilung. Viele Betroffene benötigen im Laufe ihres Lebens weitere Therapien. So auch die 21-jährige Patientin, an der die neue Behandlung erstmals in Graz durchgeführt wurde.
Kiara, die mit der Fallotschen Tetralogie geboren wurde, hatte nach ihrer ersten Operation im Säuglingsalter lange Zeit keine Beschwerden. Doch vor ihrer Matura verschlechterte sich ihre Belastbarkeit drastisch. Die Ursache war eine undicht gewordene Lungenklappe, die den Blutzufluss von der rechten Herzkammer in die Lungenschlagader reguliert. "Arbeitet dieses Ventil nicht richtig, belastet das die rechte Herzkammer. Abgesehen davon, dass sich dadurch die Belastbarkeit und Lebensqualität der Betroffenen massiv verschlechtern, kann das auch auf Dauer lebensbedrohlich werden", betonte Gernot Grangl, Leiter des Herzkatheter-Labors an der Klinischen Abteilung für Pädiatrische Kardiologie an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde.
Der Eingriff zur Ersetzung der Herzklappe wurde in Graz minimalinvasiv über einen Katheter durchgeführt. Die selbstexpandierende Herzklappe, die seit 2022 in Europa zugelassen ist, wurde in einem zweistündigen Eingriff präzise platziert. "In Österreich sind wir die Ersten, die dieses Verfahren im Rahmen der Behandlung einer erwachsenen Patientin mit angeborenem Herzfehler umgesetzt haben", berichtete Grangl.
Vor der Implantation wurde eine gezielte Verödung von Herzgewebe durchgeführt, um potenzielle Herzrhythmusstörungen zu verhindern, erklärte Stefan Kurath-Koller, Leiter der Ambulanz für Pädiatrische Rhythmologie. Er ist Mitglied des spezialisierten Ärzte-Teams, das Kiara betreut. Der Grazer Experte hat in diesem Jahr an der Med Uni Graz die erste spezielle Professur für Pädiatrische Rhythmologie im deutschsprachigen Raum angetreten.
Zwar werde diese Klappe nur bei einigen wenigen Patienten pro Jahr benötigt, doch für die Betroffenen stelle sie einen bedeutenden Fortschritt dar, wurde betont. "Selbstverständlich macht es einen Unterschied, ob man lediglich eine Nadel in ein Blutgefäß einführt oder ob der gesamte Brustkorb geöffnet werden muss", erklärte Hannes Sallmon, Leiter der Klinischen Abteilung für Pädiatrische Kardiologie, warum der schonende Herzklappenersatz ein wichtiger Fortschritt ist. Die Gesamtbelastung wie auch die Risiken für die Betroffenen würden "enorm reduziert" werden. "Auch für die Eltern ist es beruhigend, wenn wir ihnen die Aussicht auf schonende Optionen für möglicherweise später notwendige Therapien mit nach Hause geben können", ergänzte Grangl.
Am Uniklinikum Graz gibt es seit über 25 Jahren eine spezialisierte Nachsorge für Menschen mit angeborenem Herzfehler (EMAH). An der EMAH-Ambulanz werden Betroffene von einem interdisziplinären Team betreut und beraten. Im Rahmen des Universitären Herzzentrums Graz arbeiten Kinderkardiologen eng mit Erwachsenenkardiologen und Herzchirurgen zusammen, um eine kontinuierliche Betreuung über die Lebensphasen hinweg anzubieten.
--- - DEUTSCHLAND: FOTO: APA/APA/dpa/Daniel Karmann