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E-Bike kaufen: Die bestenTipps vom Rad-Experten

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15 min
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Immer mehr Österreicher steigen auf ein E-Bike. Den Fahrrad-Fachhandel freut das: Er ist einer der wenigen Gewinner in der Corona-Krise, weil das Angebot mit der Nachfrage nicht mithalten kann. Aber wann steigt man als Kunde am besten aus? Worauf sollte man beim Kauf achten? Und wieviel darf ein E-Bike überhaupt kosten? Wir haben mit Ex-Rad-Profi und Unternehmer Bernhard Kohl die wichtigsten Fragen zum Thema beantwortet. Ein Überblick.

Nach dem ersten Lockdown 2020 hatte Bernhard Kohl die Befürchtung, dass die Corona-Krise all das zerstören würde, was er sich die letzten 10 Jahre mit seinem Geschäft in Wien aufgebaut hatte. Eingetreten ist aber genau das Gegenteil und jetzt sitzt er mehr im Geschäft als am Rad. "Die Nachfrage ist wesentlich höher als wir überhaupt Räder verkaufen können. Hätten wir mehr Räder zu verkaufen, wäre 2020/21 eines unserer besten Geschäftsjahre geworden", sagt Kohl.

Im Gespräch mit news.at verrät der Experte, worauf man beim Kauf achten sollte und überrascht mit der Ansage, warum es momentan für einen E-Bike zu spät sein könnte und wie man als Kunde dennoch das Beste für sich herausholen kann.


Wann ist der beste Zeitpunkt für einen E-Bike-Kauf?
Die Pandemie hat das gesamte Kaufverhalten sehr beeinflusst, und damit auch die Lieferfähigkeit von den Rädern. Normalerweise war Februar/März der perfekte Zeitpunkt, wo der Kunde aus dem Vollen schöpfen konnte. Die Corona-Krise hat das sehr weit vorgezogen: Wer also jetzt ein spezielles Modell kaufen wollte, hätte das schon letztes Jahr im Oktober/November bestellen müssen, damit er es auch bekommt.


Ist man jetzt (April 2021) für einen E-Bike-Kauf schon zu spät?
Möchte man ein ganz bestimmtes Modell, ist man sehr wahrscheinlich zu spät dran. So eine große Auswahl wie in den Jahren zuvor hat der Kunde derzeit nicht. Das betrifft vor allem den gewohnten Status „Lagerware“, denn der Kunde kann das Rad nur noch in seltenen Fällen sofort mitnehmen.


Wann wird man wieder die beste Auswahl haben?
Eigentlich wahrscheinlich schon im Mai, wenn man sich bereits für das Modelljahr 2022 interessiert. Mit dem Bonus, dass man sich das Bike dann schon im Herbst abholen kann.


Beginnt der Zyklus der nächsten Saison immer ab Mai?
Normalerweise waren die Vorstellungen immer im Juli/August und die Räder sind November/Dezember langsam eingetrudelt. Dadurch, dass die Nachfrage in der Pandemie aber so stark gestiegen ist, haben die Radhersteller geschaut, dass sie die Produktion der 2022er Modelle in Asien vorziehen. Der Handel gibt die Bestellungen für das Modelljahr 2022 also jetzt schon ab und lässt die ersten neuen Modelle im September zur Auslieferung kommen.

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Wer im Mai bestellt, bekommt im Herbst ein 2022er Modell. © iStockPhoto.com


Was ist besser: Jetzt ein 2021er E-Bike kaufen oder auf die 2022er Modelle warten?
Am besten man sucht den Fachhandel auf und lässt sich beraten, welches Rad für den gewünschten Einsatzzweck das richtige wäre. Sollte es dafür noch ein Bike aus dem Modelljahr 2021 geben, ist ein Kauf auf jeden Fall zu empfehlen, weil E-Bikes nächstes Jahr wegen starker Nachfrage und höheren Transportkosten aus Asien um ein schönes Stück teurer werden. Mit einem Plus von knappen 10 Prozent sollte man schon rechnen.


Was kostet ein E-Bike?
Preislich beginnen neue E-Bikes ungefähr bei 2.200 Euro, eine Grenze nach oben hin gibt es nicht. Ein vollgefedertes E-Mountainbike kostet ungefähr 5.000 Euro, man kann aber auch genauso 10.000 Euro ausgeben. Dann redet man aber schon eher von einem Statussymbol als von einem Gebrauchsgegenstand.


Wo liegt die preisliche Grenze, für unverhältnismäßig viel Geld nur noch wenig an Mehrleistung oder zusätzlichen Extras zu bekommen?
Das fällt natürlich auch pro Einsatzkategorie unterschiedlich aus. Bei einem Mountainbike Hardtail, Cross- oder Trekking-Bike liegt dieses Vernunftgrenze bei rund 3.500 Euro, bei einem vollgefederten E-Mountainbike bewegt man sich ungefähr bei 6.000 Euro.

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Eine Klasse für sich: Das Rotwild Porsche Cross. © Rotwild/Porsche


Was ist das Nonplusultra unter den E-Bikes?
In diese Kategorie fällt die deutsche Marke Rotwild. Die haben tatsächlich sogar eine Kooperation mit Porsche und sind ein Statussymbol für E-Biker. Da bewegt man sich aber preislich auch dementsprechend in luftigen Höhen. Der Spaß beginnt ungefähr bei 6.500 Euro und kann auch mal bis 14.000 Euro gehen.


Worauf sollte man generell beim Kauf achten?
Es gibt zwei Aspekte, die es zu beachten gilt. Zum einen ist es logischerweise der Einsatzzweck, also in welchem Gelände man sich mit dem Rad bewegen möchte. Und zum anderen ist es enorm wichtig, die richtige Rahmengröße/Geometrie individuell zu bestimmen. Nur nach der Körpergröße zu gehen reicht oft nicht aus, bei genauerer Betrachtung ist auch Arm- und Beinlänge von großer Bedeutung. Eine genaue Beratung und Vermessung ist beim Kauf also ein entscheidender Vorteil. Und die Akkureichweite spielt dann letztendlich auch noch eine gewisselle.


Gibt es (noch) technische Tücken, auf die man reinfallen kann?
Das ist von Modell zu Modell sehr unterschiedlich und kann pauschal nicht beantwortet werden. In der Regel sollte man im Fachhandel gut aufgehoben sein, wenn man sich der aktuellen Modellserie bedient. Am ehesten sollte man noch bei Restposten aufpassen, die oft auch bei Diskontern angeboten werden und sich möglicherweise nicht mehr am aktuellen Stand der Technik befinden.

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Je mehr Akku, desto besser? Nicht immer, aber mesitens. © iStockPhoto.com


Wieviel Watt sollte ein E-Bike haben? Wieviel Reichweite ist sinnvoll?
Auch das ist individuell, aber aus Erfahrung kann man sagen, dass der Österreicher immer gerne den größten Akku hat. Aktuell sind das 625 oder 750 Wattstunden. Das ist aber nicht notwendig, wenn man nicht mehr als 20 oder 30 Kilometer am Stück fahren will.
Prinzipiell ist der Ansatz aber nicht falsch, sich für den größtmöglichen Akku zu entscheiden, weil man ein E-Bike ja nicht für ein Jahr fährt und der Akku über die Jahre automatisch ein wenig an Kapazität verliert.


Wann muss man den Akku wechseln?
Wenn man sich in der Preisklasse über 2.000 Euro bewegt, sind prinzipiell schon sehr gute Akkus verbaut. Nach 500 Ladezyklen müssen diese Akkus immer noch eine Kapazität von 80 Prozent haben. Da stecken also schon mehrere tausend Kilometer drinnen, die man unterstützend damit fahren kann. Wenn auf Akkusysteme und Motoren von Bosch, Yamaha oder Shimano vertraut, wird man adhoc keinen Ersatzakku benötigen.


Wie oft sollte man mit einem E-Bike zum Service?
Das ist wie bei einem Kraftfahrzeug oder Fahrrad auch nach Kilometerleistung zu beurteilen. Motoren sind heutzutage schon so gut gebaut, dass sie über die komplette Lebensdauer keine Wartung benötigen. Die Kette ist allerdings der Schwachpunkt bei jedem E-Bike. Die wird nicht nur von der Kraft des Besitzers, sondern logischerweise auch vom Motor stark beansprucht.

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Die Kette ist die Schwachstelle des E-Biikes, die man beobachten muss. © iStockPhoto.com

Zwar wird die Kette nach 2.000 Kilometer nicht reißen, aber sie wird länger, wodurch sich die Zahnkränze schneller abnutzen. Lässt man das verkommen, muss man irgendwann den kompletten Antrieb tauschen. Tipp: Am besten misst man selbst mit einer Kettenlehre, wie lange die Kette ist, um rechtzeitig reagieren zu können.


Wie lange kann man ein E-Bike nutzen, bevor man auf ein neues wechseln sollte?
Auch diese Frage ist schwer individuell. Natürlich gibt es Leute, die gerne alle zwei Jahre oder früher wechseln, weil sie immer die neueste Technik haben wollen. Aber wenn man das E-Bike wöchentlich nutzt, kann man als „Normalo“ ungefähr alle 7 Jahre ein Wechsel anstreben, weil sich in diesem Zeitraum dann doch enorm viel weiterentwickelt.


Kann man beim Diskonter kaufen?
Auf den ersten Blick lockt natürlich der attraktiv(er)e Preis beim Diskonter. Langfristig gesehen wird man in vielen Fällen allerdings keine Freude damit haben, weil grundsätzlich schon mal die Serviceleistung aber auch Ersatzteile fehlen. Zusätzliches Problem sind die verbauten Akkus, weil die oft schnell an Kapazität verlieren.

In so einem Fall hat man sich das E-Bike möglicherweise günstig um 1.500 Euro gekauft, muss aber rasch einen Akku nachrüsten, der alleine schon 600 Euro kostet – und hat danach noch immer keine vernünftige Lösung. Man läuft also Gefahr einen wirtschaftlichen Totalschaden zu erleiden, um sich dann erst ein Rad im Fachhandel um 2.500 Euro zu kaufen.

Auf der anderen Seite kann man einen Kauf beim Diskonter durchaus in Erwägung ziehen, wenn man nur einmal in das E-Bike-Feeling hineinschnuppern möchte, sich aber noch nicht sicher ist, ob man dabei bleiben will. Da stellt sich allerdings berechtigt die Frage, ob dafür ein Ausborgen übers Wochenende nicht auch schon ausreicht.


Sind gebrauchte E-Bikes auch eine Option?
Der Kauf gebrauchter E-Bikes macht allenfalls dann Sinn, wenn man das Alter nachvollziehen und vor allem die Akku-Kapazität messen kann. Der Nachkauf eines Akkus kann nämlich durchaus auch 900 Euro und mehr kosten. Da stellt sich dann schon die Frage, in welchem Zustand sich das restliche Rad befindet und ob sich das dann noch ernsthaft auszahlt.

Hat man keine Messmöglichkeiten zur Verfügung wäre es ideal, wenn man bei einem gebrauchten E-Bike eine Probefahrt machen könnte, um festzustellen, wie weit man noch mit einer vollen Akkuladung kommt.


Was sind die großen Trends für die kommende Saison 2022?
Der Trend geht immer mehr in die Richtung Mountainbike und dort vor allem in den Bereich der Vollfederung. Damit lässt sich auch mal im Bike-Park oder in gröberem Gelände fahren, dort verzeichnen Händler derzeit das stärkste Wachstum. Rein technisch gesehen wird es um mehr Akkuleistung und mehr Drehmoment gehen.

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