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Der bisher bekannte Weg der Infektion durch SARS-CoV-2 führt über einen bestimmten Rezeptor von Zellen (ACE2), an den das prägnant ausgebildete Spike-Protein des Virus bindet. Monozyten, die Wächterzellen des angeborenen Immunsystems, bilden die erste Verteidigungslinie gegen virale Infektionen. Sie verfügen jedoch über keine ACE2-Rezeptoren. Wie sie trotzdem SARS-CoV-2 erkennen und bekämpfen können, konnte sich die Wissenschaft bisher nicht erklären.
Wie die aktuelle Studie zeigt, "entführt" SARS-CoV-2 bestimmte im Körper allgegenwärtige Proteine (Cyclophilin A und B), um an einen Rezeptor auf der Oberfläche von Monozyten (CD147) zu binden. "Diesen alternativen Weg der Infektion nützen Coronaviren wahrscheinlich auch bei anderen Zellen, denen ACE2 fehlt", erläuterte Studienleiterin Anna Ohradanova-Repic.
Da die auf diesem Infektionsweg genützten Zellbestandteile praktisch überall im Körper vorkommen, erweitert diese alternative Eintrittspforte die Reichweite des Virus - ein möglicher Grund, warum Covid-19 so unterschiedliche Bereiche des Organismus betreffen kann. "Zudem kann der von uns entdeckte Eintrittsmechanismus von SARS-CoV-2 auch die Viruslast in infizierten Zellen erhöhen und den Krankheitsverlauf verschlechtern", berichtete Co-Studienleiter Hannes Stockinger.
Trotz Infektion mit SARS-CoV-2 - so das zentrale Ergebnis der Forschung - lassen sich Monozyten von SARS-CoV-2 nicht ausmanövrieren und setzen zum Gegenschlag an. Dabei nützen sie eben jenen neu entdeckten Mechanismus (Cyclophilin-CD147-Achse), um das Virus abzutöten und zu erkennen. So wird eine Entzündungsreaktion ausgelöst, die das Immunsystem aktiviert und die Abwehr durch weitere Immunzellen verstärkt.
Eine zu starke Aktivierung dieses Mechanismus könnte das überschießende Entzündungsgeschehen erklären, das bei schweren Covid-19-Verläufen beobachtet wird und zu Gewebeschäden und Organversagen führen kann. "Somit liefern unsere Ergebnisse wertvolle Hinweise darauf, wie die Immunantwort gezielt moduliert werden könnte, um Patientinnen und Patienten mit schwerem Covid-19 gezielt zu behandeln", betonte Ohradanova-Repic. Weitere Studien sollen die Erkenntnisse vertiefen.
WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/HANS KLAUS TECHT