Tatsächliches Risiko laut Austrian Power Grid nur bei mehreren unvorhersehbaren Ereignissen. Kanzler Stocker: „Wir müssen Blackout-Vorsorge ernst nehmen“.
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- Versorgungssicherheit bei 99,99 Prozent
- n-1-Prinzip bei der Stromversorgung
- Schwarzstartfähige Kraftwerke entscheidend
- Energie AG sieht sich gut vorbereitet
- Versorgungssicherheit in Österreich bei 99,99 Prozent
- Rechnungshof kritisierte fehlende Blackout-Vorbereitung
- Bundeskanzler Stocker: „Blackout-Vorsorge ist ein ernstes Thema“
Versorgungssicherheit bei 99,99 Prozent
Auch wenn ein Blackout in Österreich nicht vollkommen ausgeschlossen werden kann, ist die Gefahr laut Christoph Schuh, Sprecher der Austrian Power Grid (APG), nur sehr gering. „Es müssten mehrere unvorhergesehene Ereignisse aufeinandertreffen“, sagte Schuh der APA. Ein Ausfall eines Kraftwerks wäre jedenfalls kein Problem bei der Versorgung. Auch das Wirtschaftsministerium meldete sich zu Wort: Die heimische Versorgungssicherheit sei weiterhin auf höchstem Niveau.
Die APG betreibt im Bundesgebiet das überregionale Hochspannungsnetz. Dieses Netz besteht aus knapp 7.000 Kilometern Stromleitungen, die Österreich mit elektrischer Energie versorgen. Regionale Netzbetreiber wie die Wiener Netze oder Netz NÖ sind dann für die lokale Verteilung zuständig. Die wichtigste Energiequelle ist die Wasserkraft, in den vergangenen Jahren wurden der APG zufolge aber auch Windkraft und Fotovoltaik sehr stark ausgebaut. Die Versorgungssicherheit liegt demnach bei 99,99 Prozent.
n-1-Prinzip bei der Stromversorgung
Bei der Stromversorgung gilt Schuh zufolge in Österreich das n-1-Prinzip. Dieses sorgt dafür, dass das Stromnetz auch dann stabil bleibt, wenn ein zentrales Betriebsmittel – wie etwa ein Kraftwerk – ungeplant ausfällt. "Die Grundvoraussetzung unserer Betriebsführung ist, dass wir jedenfalls mit unvorhergesehenen Krisensituationen umgehen können müssen und nicht jedes singuläre Ereignis sofort zur Blackout-Gefahr führt. Zu einem großflächigen Stromausfall kann es nur kommen, wenn mehrere unvorhergesehene Ereignisse in einem engen, zeitlichen und technischen Zusammenhang auftreten", sagte Schuh. Was es in Österreich aber gibt, sind regionale Unterbrechungen der Stromleitung, etwa in alpinen Gebieten in den Wintermonaten.
In dem konkreten Fall auf der Iberischen Halbinsel handelten die europäischen Übertragungsnetzbetreiber rasch, um die Katastrophe abzuwenden. „Kommt es zu einer großflächigen Störung, werden die Netzverbindungen getrennt und das betroffene Land im Inselbetrieb stabilisiert“, erklärte Christian Schirmer von der Netz NÖ.
Schwarzstartfähige Kraftwerke entscheidend
Österreich ist für den großräumigen Störungsfall vorbereitet und kann auch im entkoppelten Zustand die Stromversorgung selbstständig wieder aufnehmen. Im Falle eines großflächigen Stromausfalls sind sogenannte schwarzstartfähige Kraftwerke entscheidend. Diese Kraftwerke können ohne externe Stromzufuhr selbstständig hochfahren. Schrittweise werden dann weitere Anlagen zugeschaltet, bis das gesamte Stromnetz stabil wiederhergestellt ist. Österreich verfügt über mehrere schwarzstartfähige Kraftwerke wie etwa das Pumpspeicherkraftwerk Kaprun in Salzburg.
Energie AG sieht sich gut vorbereitet
Ähnlich wie Schuh äußerte sich auch der Vorstandsvorsitzende der Energie AG Oberösterreich, Leonhard Schitter, zu einem möglichen Blackout hierzulande. „Ich sehe für Österreich nicht so diese Gefahr“, sagte Schitter am Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten. „Ausschließen kann man natürlich nichts, aber wir sehen uns gut vorbereitet, Österreich in kurzer Zeit wieder ans Netz zu bringen.“ Die heimischen Netze seien „hervorragend“ ausgebaut, fügte Schitter hinzu.
Versorgungssicherheit in Österreich bei 99,99 Prozent
Die Stromversorgung war und ist zu keinem Zeitpunkt durch den aktuellen Zwischenfall in Spanien und Portugal betroffen, stellte das Wirtschaftsministerium am Dienstagnachmittag in einer Mitteilung klar. Die Versorgungssicherheit bleibe weiterhin auf einem weltweiten Spitzenwert von 99,99 Prozent.
Ressortchef Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP): „Österreich ist auf einen möglichen Blackout gut vorbereitet.“ Im Falle eines gesamtstaatlichen Krisenfalls – etwa eines großflächigen Stromausfalls – sieht das Bundeskrisensicherheitsgesetz klare Zuständigkeiten vor. Die Koordination liegt beim Bundeskanzleramt, während alle Ministerien entsprechend ihrer Materiengesetze verpflichtet sind, aktiv Maßnahmen zu setzen. Regelmäßige Krisenübungen im Bereich Cybersicherheit, Geschäftskontinuität und Krisenmanagement, Energielenkungsübungen im Fall einer Strommangellage würden die heimische Resilienz im Falle eines Blackouts stärken. Darüber werden im Zuge der Krisenübungen auch immer Lieferketten-Stresstests im Rahmen der wirtschaftlichen Landesverteidigung durchgeführt.
Rechnungshof kritisierte fehlende Blackout-Vorbereitung
Der Rechnungshof stellte in einem Bericht im Jänner Österreich kein gutes Zeugnis bei der Vorbereitung für einen Blackout aus. Für den Fall eines Blackouts fehle demnach ein gesamtstaatlicher Plan zur Information und Kommunikation. Alle Gebietskörperschaftsebenen hätten zwar Vorbereitungen für einen solch umfassenden Stromausfall getroffen - jedoch sind diese unterschiedlich intensiv und unterschiedlich weit fortgeschritten.
Bundeskanzler Stocker: „Blackout-Vorsorge ist ein ernstes Thema“
Bundeskanzler Christian Stocker hat im Gefolge des massiven Stromausfalls in Spanien und Portugal dazu aufgerufen, die Blackout-Vorsorge ernst zu nehmen. Mit Zuschreibungen für die Ursachen dieses Stromausfalls sei er „sehr vorsichtig“, betonte der ÖVP-Chef am Dienstag am Rande des EVP-Kongresses im spanischen Valencia im Gespräch mit der APA und der Kleinen Zeitung. „Blackout-Vorsorge ist ein ernstes Thema.“
Man habe in Österreich bereits vor der Pandemie Szenarien zu einer solchen Vorsorge entwickelt. Dabei sehe man, wie wichtig es sei, erneuerbare Energie zu erzeugen und für den Eigenverbrauch zu speichern und weniger in Netze einzuspeisen, weil auch dies zur Resilienz beitragen könne. Andererseits gehe es um Ursachenforschung, um herauszufinden, wo etwas passieren könne.
Es gebe auch die Ansicht, dass gerade die spezifische Situation des Energiesektors auf der iberischen Halbinsel zu dem Stromausfall geführt habe, während dies aufgrund der Stabilität der Netze in anderen Teilen Europas weniger wahrscheinlich wäre. Umgekehrt gestalte sich die Preisbeeinflussung beim iberischen Elektrizitätsmodell leichter, „alles hat sein Für und Wider“, so Stocker.