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Seit dem 18. Jahrhundert wird die Sonnenaktivität gemessen, und zwar anhand der Zahl der Sonnenflecken und -fleckengruppen, aus der die sogenannte "Sonnenfleckenrelativzahl" berechnet wird. Rund alle elf Jahre erreicht diese ein Maximum, 2024/25 befindet sich unser Zentralgestirn im Maximum des Sonnenzyklus Nr. 25.
Wie stark die Sonnenaktivität derzeit ist, zeigen zwei Rekorde: Mit 290 Sonnenflecken hat es am 18. Juli den höchsten Tageswert seit 20 Jahren gegeben, im August gab es mit einem Mittelwert von 215 die höchste monatliche Sonnenfleckenzahl der vergangenen zwei Jahrzehnte. "Es ist definitiv zu erwarten, dass die Sonne 2025 auf dem gleichen Aktivitätslevel sein sollte", betonte Möstl.
"Die Anzahl der Sonnenflecken hängt auch stark mit der Zahl der Sonnenstürme zusammen, die auf die Erde treffen. Denn die meisten dieser Events entstehen in diesen magnetisch aktiven Regionen der Sonne", sagte der Experte. Bei solchen Ausbrüchen schleudert die Sonne energiereiche Teilchen und Magnetfelder ins Weltall. Im derzeitigen Maximum der Sonnenaktivität gebe es rund vier Sonnenstürme pro Tag, die in alle Richtungen des interplanetaren Raums gehen.
Die Erde getroffen haben im zu Ende gehenden Jahr rund 50 Sonnenstürme - die höchste Zahl der vergangenen zwei Jahrzehnte. "Nach unserer Erfahrung haben etwa zehn Prozent davon das Potenzial für Polarlichter in südlicheren Breiten, etwa in Österreich", so Möstl. Tatsächlich wurden 2024 vier starke geomagnetische Stürme registriert.
Solche Sonnenstürme können nicht nur die GPS-Signale, Stromnetze, Satelliten oder andere Technologien stören. Die hochenergetischen Teilchen können auch Atome in der Erdatmosphäre zum Leuchten bringen und so das Polarlicht erzeugen.
So bescherte in der Nacht auf den 11. Mai der stärkste Sonnensturm seit 2003 spektakuläre Nordlichter in Österreich, die selbst in der hell erleuchteten Großstadt Wien zu sehen waren. "Das war sicher das beste Nordlicht-Event, das jemals fotografiert worden ist, vor allem dank der vielen Smartphones, welche die Farben besser aufnehmen als wir mit freiem Auge sehen", so Möstl. Auch in der Nacht auf den 11. Oktober waren die durch einen starken Sonnensturm verursachten Leuchterscheinungen in der Atmosphäre hierzulande zu sehen, wetterbedingt vor allem in Westösterreich.
Damit man in unseren Breiten tatsächlich Nordlichter beobachten kann, spielen neben der Sonnenaktivität noch andere Faktoren eine Rolle. Natürlich muss das Wetter, speziell die Bewölkung passen, auch der Mond darf nicht zu hell scheinen. Auch die Jahreszeit sowie die Ankunftszeit des Sonnensturms sind wichtige Faktoren - es sollte nicht zu lange hell und die Menschen noch wach sein, wenn das Phänomen auftritt.
Obwohl die Sonnenstürme 2024 sehr stark waren, verursachten sie nur wenige Probleme bei der technischen Infrastruktur. Laut Möstl habe es einige Störungen bei Satellitennavigationssignalen gegeben, etwa bei landwirtschaftlichen Maschinen auf großen Feldern in den USA oder bei GPS-gesteuerten Drohnen in Österreich. Auch im heimischen Stromnetz sind dem Experten zufolge bei den starken Sonnenstürmen zusätzliche Ströme gemessen worden, die aber keine Probleme verursacht haben.
Für die Jahre nach 2025 erwartet Möstl dann wieder weniger Sonnenstürme. Diese würden allerdings in der abnehmenden Phase des Sonnenzyklus dazu tendieren, etwas stärkere Effekte zu verursachen, wenn sie über das Erdmagnetfeld fegen. "Damit gibt es sogar bis 2027 noch Chancen, auch in Mitteleuropa den Himmel tanzen zu sehen."
Die Wissenschaft ist jedenfalls sehr daran interessiert, möglichst früh solche Sonnenstürme vorhersagen zu können und ihre Struktur zu verstehen. Möstl verweist auf mehrere Weltraummissionen, die sich diesem Thema widmen. So sei die bereits 2006 gestartete NASA-Sonde "Stereo-A" genau im Mai in einer guten Position gestanden, um das Magnetfeld des starken Sturms zu dieser Zeit schon ein paar Stunden vor dem Auftreffen auf die Erde zu vermessen. Auch die Sonde "Solar Orbiter" der Europäischen Weltraumagentur ESA habe im März einen Sonnensturm analysiert, sehr lange bevor er die Erde erreichte.
Im Februar 2025 startet die US-Weltraumbehörde NASA die aus vier kleinen Satelliten bestehende Mission "Punch" zur Beobachtung der Sonnenwinds, um besser zu verstehen, wie sich Sonnenstürme bis zur Erde ausbreiten. Die ESA plant für 2031 die Mission "VIGIL" zur kontinuierlichen Sonnenbeobachtung, um frühzeitig potenziell gefährliche Sonnenaktivitäten zu erkennen.
(S E R V I C E - Internet: https://swap.geosphere.at/index.php/at/)
WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/MAX SLOVENCIK