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Dieser Abwurf habe sich als ikonografisches Bild für Freiheit eingeprägt, sagt die Vorsitzende der Weißen Rose Stiftung, Hildegard Kronawitter. Nun könne man auch sehr präzise den Abwurfort markieren. In diesem sechsten Flugblatt rief die Weiße Rose die Studierenden zum Widerstand gegen die Nationalsozialisten auf. Ein Hausmeister wurde durch die von der Brüstung herab wirbelnden Blätter aufmerksam, die Geschwister wurden festgenommen.
Sophie Scholl habe später im Verhör erklärt, sie habe den Blättern "in meinem Übermut oder meiner Dummheit" einen Schubs verpasst, beschreibt es der Historiker Hans Günter Hockerts, der die Recherchen betrieben hat. "Just jener Blätterregen, der in der Erinnerungskultur zum Sinnbild des Widerstands der Weißen Rose avanciert ist, war in der realen Geschichte also eine Panne: verhängnisvoll für die Geschwister, indirekt aber auch für alle Mitstreiter."
Hans und Sophie Scholl sowie Christoph Probst wurden am 22. Februar 1943 zum Tode verurteilt und hingerichtet. Andere Mitglieder der Widerstandsgruppe wurden später ebenfalls ermordet.
Den Opfertod hätten die Geschwister mit der Aktion nicht gesucht, ist Hockerts überzeugt. Möglicherweise seien Aufputschmittel im Spiel gewesen, die die Risikobereitschaft erhöht hätten, zumindest bei Hans. Er habe dazu gegriffen, um gegen Übermüdung anzukämpfen. Bei Sophie sei das weniger gewiss. Beide hätten aber auch unter einer enormen emotionalen Anspannung gestanden, infolge ihrer rastlosen konspirativen Aktivität schon in den Wochen zuvor.
Das Auslegen der Flugblätter am helllichten Tage sei aber nicht überstürzt und planlos gewesen, ist Hockerts überzeugt. Die beiden hätten damit gerechnet, die Situation jederzeit meistern zu können. Und sie hätten ungesehen entkommen können, "ohne die eine kleine Handbewegung oben im zweiten Stock, die einen Stapel weithin sichtbar in die Halle flattern ließ".
MÜNCHEN - DEUTSCHLAND: FOTO: APA/APA/dpa/Sven Hoppe