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"Es gab in Tirol - mit Ausnahme von später hingerichteten Rädelsführern - kaum Todesopfer während des Aufstandes, der viele seiner Forderungen auf Verhandlungsweg durchgebracht hat", sagt Rebitsch, der im Herbst das Buch "Rebellion 1525 - Michael Gaismair und der Aufstand der Tiroler Bauern" veröffentlicht hat. Das war in Südwestdeutschland, wo sich die seit langen schwelende Unzufriedenheit früher und stärker entzündete, anders. Kloster Schussenried selbst wurde am 29. März 1525 von aufständischen Bauern verwüstet, in mehreren Schlachten zwischen April und Juni 1525, die vom "Schwäbischen Bund" gegen die aufständische Bauernschaft geführt wurde, soll es mehr als 50.000 Tote gegeben haben.
Der Verweis auf die dortigen verlustreichen Auseinandersetzungen habe in Tirol mit dazu beigetragen, nach dem Brixener Bauernaufstand am 9. Mai, der rasch auf weitere Landesteile übergegriffen hat, nach Verhandlungslösungen zu suchen, betont der 1968 in Brixlegg geborene und an der Universität Innsbruck lehrende Geschichtswissenschafter Rebitsch im Gespräch mit der APA. Hatten die Bauern vom Schwarzwald bis in den Odenwald ihre an Adel und Klerus gerichteten Forderungen nach Freiheit, Gerechtigkeit und politischer Teilhabe in "12 Artikeln" zusammengefasst, die als gedruckte Streitschrift rasch Verbreitung fanden, so umfasste der Forderungskatalog in Tirol gleich 96 Punkte, in denen teils banale Dinge des Alltags, teils langjährige Wünsche aufgenommen wurden. "Rund 50 Prozent hat man davon durchgebracht."
Deswegen könnte der "Landtagsabschied" des 21. Juli 1525, in dem die Verhandlungsergebnisse des vorangegangenen Bauernlandtags zusammengefasst wurden und die den Bauern und Bürger Tirols etliche Verbesserungen brachten, eigentlich ein würdiger Feiertag sein, meint der Historiker. Rebitsch weist aber auch darauf hin, dass es zwar seit 1932 eine Michael-Gaismair-Straße in Innsbruck, aber in ganz Tirol und Südtirol keine Denkmäler gebe, die an die historischen Ereignisse erinnerten. "Es ist allerdings die Frage, ob sich heute überhaupt noch jemand dafür interessieren würde."
Durchaus auf reges Interesse ist dagegen Rebitschs Buch gestoßen, in dem auch Gaismairs Weg vom Schreiber des Landeshauptmanns zum Sozialrevolutionär nachgezeichnet wird. Dem nach Beendigung des Landtags in Innsbruck gefangen genommenen Rebellenführer gelang die Flucht, worauf er von Erzherzog Ferdinand I. zum Staatsfeind erklärt und ein paar Jahre später in Padua ermordet wurde.
Das "Euregio-Museumsjahr", an dem 35 Museen aus der Europaregion Tirol teilnehmen, beschäftigt sich mit den Bauernaufständen vor 500 Jahren und versucht sie - wie etwa ab 6. Juni in der Schau "GeRECHT? Geschichten über soziale Ungleichheiten" im Volkskundemuseum Innsbruck - mit aktuellen gesellschaftlichen Fragen in Beziehung zu setzen.
Auf Kloster Schussenried wartet dagegen die Große Landesausstellung von Baden-Württemberg bis 5. Oktober auf 900 Quadratmetern mit rund 200 historischen Exponaten auf. Anhand von Gemälden, Skulpturen, Kupferstichen, Flugschriften, Alltagsgegenständen und Waffen soll das Publikum "in die Dynamik der Ereignisse hineingezogen" werden und dabei "spannende Einblicke in die Welt um 1500" geboten bekommen.
Die "12 Artikel" zählen neben den elf das damalige Geschehen festhaltenden Federzeichnungen der "Weißenauer Chronik" zu den Höhepunkten der Ausstellung. Acht Personen, die am Bauernkrieg beteiligt waren, werden zudem mittels KI modern interpretiert. Sie sollen von ihrer Sicht auf die Ereignisse berichten, die bewiesen, dass Ordnungen und Machtverhältnisse nicht ewig, sondern veränderbar sind.
Service: "UFFRUR! Utopie und Widerstand im Bauernkrieg 1524/25", Ausstellung im Kloster Schussenried, Bad Schussenried, 26. April bis 5. Oktober, Di bis Fr 10-17 Uhr, Sa, So und Feiertage 10-18 Uhr, www.uffrur.de, www.bauernkrieg-bw.de ; Robert Rebitsch: "Rebellion 1525 - Michael Gaismair und der Aufstand der Tiroler Bauern", Tyrolia-Verlag, 376 Seiten, 70 farb. und 19 sw. Abb., 3 Übersichtskarten, 38 Euro, ISBN 978-3-7022-4222-0; https://2025.euregio.info/; https://www.tiroler-landesmuseen.at/ausstellung/gerecht/; GEO Epoche 131/2025: "Bauernkrieg 1524-1526", 15,50 Euro
STUTTGART - DEUTSCHLAND: FOTO: APA/APA / HdG Baden-Württemberg/Haus der Geschichte Baden-Württemberg