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Schon mit ihrem 2019 erschienenen Debüt "When I'm enlightened, everything will be better." positionierte sich die Künstlerin an den Rändern dessen, was gemeinhin unter Pop verstanden wird. Das setzt sich nun in Stücken wie dem opulenten Opener "Behind the Gates" oder dem fast neunminütigen "The Fall, the Fly and the Water" fort, der in magische Gefilde entführt. Zusammengehalten wird alles neben der einprägsamen Stimme von Edelweiss auch von einem dezidiert feministischen Gestus. "Furie wirkt ja so, als würde es über Wut gehen", erklärt sie im APA-Gespräch. "Das ist sicher ein Teil davon. Aber für mich hat Furie auch mit kindlicher und animalischer Energie zu tun." Das alles wolle sie positiv darstellen.
Und dafür nimmt sie sich, wie schon angedeutet, durchaus Zeit: So etwa in "Untold Heights", das den Aufstieg in ebendiese Höhen mit leichtfüßigen Akkordeonklängen und sich stetig wandelnden Streicherarrangements über Minuten hinweg zelebriert. Aber auch das Klavier gibt immer wieder den Ton an auf "Furie". "Ich habe mich mehr damit beschäftigt", so Edelweiss, die ihre ersten Schritte als Liveperformerin vor vielen Jahren als Straßenmusikerin machte. "Vorher waren es eher Akkordeon, Gitarre und Ukulele. Aber ich wiederhole mich nur sehr ungern. Immer, wenn ich ein neues Instrument entdecke, habe ich mehr Inspiration und Lust, Sachen zu machen."
Grundsätzlich habe sie das Gefühl, das neue Album sei "poppiger" als der Vorgänger. "Gleichzeitig sind die Lieder einfach so lang geworden", lacht Edelweiss. "Es ist kein spezielles Bedürfnis. Da habe ich gar nicht so eine Kontrolle darüber. Die Lieder haben einfach eine Vision von sich selbst. Sie sind wie meine Kinder und wollen bestimmte Sachen. Die versuche ich ihnen auch zu geben." So wird "Walking the Cow" zum amüsanten Kreistanz am Rummelplatz mit unwiderstehlichem Refrain, während sie in "I once was young" eine völlig neue, weit tiefere Stimmfarbe unterbringt, die über einer melancholischen Klaviermelodie zum Träumen anregt. "Ich habe schon beim letzten Album gemerkt, dass sich meine Stimme verändert. Da hatte ich aber keine Zeit mehr, das zu erkunden. Die neuen Stimmfarben spiegeln vielleicht auch einen tieferen Teil meiner Seele wider."
So verspielt der Zugang von Alicia Edelweiss in vielerlei Hinsicht wirkt, so deutlich ist die Künstlerin bezüglich ihrer generellen Stoßrichtung: "Ich möchte noch radikaler sein", sagt sie mit bestimmtem Blick. "Dass mir noch mehr alles wurscht ist. Das wäre mein Ziel." Man hört es "Furie" bereits an: Mit halben Sachen gibt sich die Musikerin nicht zufrieden. "Ich habe es ganz tief drinnen, dass ich nicht in der Lage bin, künstlerische Kompromisse einzugehen. Das geht einfach nicht, auch wenn ich es versuchen würde. Ich würde mich so schrecklich fühlen. Deswegen sind die Lieder auch nicht playlisttauglich - Gott sei Dank aber ab und zu radiotauglich", lacht Edelweiss. "Ich würde die Songs nie anpassen für irgendwas."
Das Album sei einerseits ein Versuch, wieder stärker ihre kindliche Energie ausdrücken zu können. "Es hat aber natürlich auch etwas Feministisches." Galt ihr dafür beim Debüt der Wolf als Sinnbild, waren es diesmal Füchse. "Sie werden für ihr Fell gejagt, sind aber sehr schlaue und tolle Wesen. Die ganze Zeit müssen sie sich verstecken." Hier sehe sie eine Parallele dazu, dass "man als Frau eigentlich ständig irgendwie auf der Hut ist - dabei aber nur man selber sein will". Ein starkes Plädoyer dafür ist das eingängige "Feminist Girlfriend", das sich zwar an Stereotypen abarbeitet, aber mit einer positiven Vision endet. "Ich dachte ursprünglich, dass Männer das Lied nicht so gut aufnehmen werden", schmunzelt Edelweiss. "Aber ich habe von vielen die Rückmeldung bekommen, dass sie es toll finden. Es war sehr schön zu hören, dass tatsächlich viele diese Gleichberechtigung wirklich wollen."
Ab Samstag (26. April) stellt Alicia Edelweiss die neuen Songs live vor, beginnend mit einem Auftritt in Linz. Bei den Konzerten wolle sie ihrem Publikum jedenfalls etwas Neues bieten, stand ein Teil des Albums doch schon in den vergangenen Monaten auf der Setlist. "Ich will, dass es sich frisch anfühlt und ich sozusagen eine neugeborene Alicia bin", lacht die Künstlerin. Einen Hang zum Performativen hat sie ohnedies nicht erst, seit sie an der Akademie für bildende Kunst Performance studiert. Schon das eingangs angesprochene Cover liefert einen Hinweis darauf. "Eine Freundin hat mir gesagt: 'Immer, wenn ich an dich denke, sehe ich dich in einer Rüstung.' Da war es mir klar: Mit Flügeln und brennendem Schwert." Und schon war das Abbild der musikalischen "Furie" geboren.
(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)
(S E R V I C E - Alice Edelweiss live: 26. April Stadtwerkstatt Linz, 29. April Argekultur Salzburg, 30. April Kulturraststation Wipptalherz in Matrei am Brenner, 2. Mai Röda Steyr, 3. Mai Kulturhofkeller Villach, 8. Mai Postgarage Graz, 10. Mai Wiener Konzerthaus; https://alicia-edelweiss.com)
Sängerin Alicia Edelweiss am Dienstag, 25. März 2025, anl. eines Interviews mit der APA-Austria Presse Agentur in Wien.