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NATO-Staaten bei mehrjähriger Ukraine-Hilfe nicht einig

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Stoltenberg konnte sich nicht durchsetzen
©APA/APA/AFP/POOL/PETER DAVID JOSEK
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NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg ist mit dem Vorhaben gescheitert, die Bündnisstaaten zu mehrjährigen Zusagen für Militärhilfen für die Ukraine zu bewegen. Die 32 Alliierten konnten sich im Vorfeld eines Gipfeltreffens in Washington lediglich darauf verständigen, innerhalb des nächsten Jahres Unterstützung im Umfang von mindestens 40 Milliarden Euro zu leisten, wie die Deutsche Presse-Agentur aus mehreren Delegationen erfuhr.

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Wie es danach weitergeht, soll beim Gipfel im Jahr 2025 besprochen werden. Er wird von den Niederlanden ausgerichtet. Eine konkrete Vereinbarung zur Frage, wer wie viel beisteuert, konnte den Angaben zufolge ebenfalls nicht getroffen werden. Die NATO-Staaten halten demnach nur vage fest, dass das Bruttoinlandsprodukt eine Rolle spielen sollte.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte die Alliierten ursprünglich dazu aufgefordert, der Ukraine längerfristig Militärhilfen im Wert von jährlich mindestens 40 Milliarden Euro zu garantieren. Es gehe dabei auch darum, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu zeigen, dass er seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht gewinnen werde, erklärte er Ende Mai bei einem Treffen mit den Außenministern der 32 NATO-Staaten in Prag. Der Betrag von 40 Milliarden Euro würde in etwa der bisherigen jährlichen Unterstützung der Alliierten seit dem Beginn der russischen Invasion entsprechen.

Zur Frage, wie eine faire Lastenteilung gewährleistet werden könnte, sagte Stoltenberg damals, eine Option sei es, den Beitrag der einzelnen Mitgliedsstaaten auf Grundlage von deren Bruttoinlandsprodukt zu berechnen. Sie stieß nach Angaben von Diplomaten aber vor allem bei Mitgliedstaaten auf Widerstand, die bisher nur einen vergleichsweise geringen Anteil ihrer Wirtschaftskraft für die militärische Unterstützung der Ukraine ausgeben. Dazu zählen etwa Frankreich, Spanien und Italien.

Zu den Ländern, die keine mehrjährige Zusage machen wollten, zählten nach Angaben aus Bündniskreisen insbesondere auch die USA. Dort ist die Ukraine-Unterstützung derzeit auch ein Thema im Präsidentschaftswahlkampf zwischen Amtsinhaber Joe Biden und Herausforderer und Ex-Präsident Donald Trump. Trump behauptete zuletzt, den Krieg in der Ukraine innerhalb von 24 Stunden stoppen zu können.

Druck auf Länder mit vergleichsweise geringen Militärhilfen sollen nun regelmäßige Berichte über die Anstrengungen der Alliierten ausüben. Sie werden den Planungen zufolge zweimal im Jahr erstellt.

Etwas einfacher als die Diskussionen ums Geld verlaufen vor dem Gipfel bisher die Vorbereitungen für ein Paket mit praktischer Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine. So ist bereits nahezu sicher, dass die NATO beim Gipfel einen neuen Einsatz zur Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte starten wird. Das Hauptquartier dafür soll in Wiesbaden in Deutschland aufgebaut werden.

Zudem wurde nach Angaben eines Sprechers beschlossen, eine Art Sonderbeauftragten in die ukrainische Hauptstadt Kiew zu entsenden. Der ranghohe Beamte soll dort vor Ort die politische und praktische Unterstützung des Bündnisses steuern. Die NATO hat bereits seit knapp einem Jahrzehnt eine offizielle Vertretung in Kiew, die auch ein seit Ende der 90er-Jahre existierendes Verbindungsbüro und ein Informations- und Dokumentationszentrum steuert.

Das NATO-Projekt zur Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten gilt auch als Vorkehrung für den Fall einer möglichen Rückkehr von Trump ins US-Präsidentenamt ab Jänner 2025. Äußerungen des Republikaners hatten in der Vergangenheit Zweifel daran geweckt, ob die USA die Ukraine unter seiner Führung weiter so wie bisher im Abwehrkrieg gegen Russland unterstützen werden. Im Bündnis wird befürchtet, dass von einem politischen Kurswechsel in Washington auch die bisher US-geführte Koordinierung von Waffenlieferungen und Ausbildungsaktivitäten für die ukrainischen Streitkräfte betroffen sein könnte.

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hingegen sicherte den NATO-Partnern am Mittwoch zu, dass Deutschland auch in den kommenden Jahren das sogenannte Zwei-Prozent-Ziel einhalten wird. Dies gelte auch, wenn der Sondertopf zur Modernisierung der Bundeswehr aufgebraucht sei, sagte er in der Regierungsbefragung im Bundestag. NATO-Staaten sollen mindestens zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in die Verteidigung stecken. In den Krieg mit Russland hineinziehen lassen wollte sich Scholz nicht: "Ich gebe die Garantie, dass Deutschland nicht Kriegspartei wird."

Laut US-Verteidigungsminister Lloyd Austin wollen die USA beim NATO-Gipfel nächste Woche in Washington Schritte einleiten, um "eine Brücke für eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine zu bauen", sagte Austin bei einem Treffen in der US-Hauptstadt. Konkreter wurde er dabei nicht.

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