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Moldaus Präsidentin kritisiert "Angriff auf Demokratie"

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Sandu unzufrieden mit Wahlergebnis
©APA/APA/AFP/DANIEL MIHAILESCU
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Moldaus pro-europäische Staatschefin Maia Sandu hat einen "beispiellosen Angriff auf die Freiheit und Demokratie in unserem Land" für den unerwarteten Ausgang des EU-Beitrittsreferendums verantwortlich gemacht. Es gebe Beweise, dass 300.000 Stimmen gekauft worden seien, sagte Sandu in der Nacht auf Montag in der Hauptstadt Chisinau. Sie äußerte sich, nachdem Teilergebnisse eine Ablehnung des Referendums gezeigt hatten. Auslandsstimmen könnten das Blatt aber noch wenden.

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"Wir haben es mit einem beispiellosen Angriff auf die Freiheit und die Demokratie in unserem Land zu tun", wurde Sandu von lokalen Medien zitiert. Sie wolle das Endergebnis abwarten und dann Entscheidungen treffen. Details nannte die 52-Jährige nicht. Allerdings hatten moldauische Sicherheitskräfte schon vor dem Urnengang Wählerbestechung und prorussische Desinformation in dem Land mit rund 2,5 Millionen Einwohnern aufgedeckt, das zwischen der von Russland angegriffenen Ukraine und dem EU-Mitgliedstaat Rumänien liegt.

Beim Referendum wurde gefragt, ob die Verfassung geändert werden soll, um den EU-Beitritt als Ziel aufzunehmen. Nachdem die pro-russische Opposition offiziell zu einem Boykott der von der Regierung initiierten Volksabstimmung aufgerufen hatte, wurde allenfalls eine zu niedrige Beteiligung erwartet, aber keine Ablehnung. Tatsächlich wurde die erforderliche Stimmbeteiligung mit fast 50 Prozent deutlich erreicht, während erste Teilergebnisse eine deutliche Ablehnung zeigten. Durch die Auszählung der Stimmen von Auslandsmoldauern schmolz der Vorsprung des Nein-Lagers aber dahin. Bei einem Auszählungsstand von 96 Prozent lag es nur noch mit 50,7 zu 49,3 Prozent in Führung.

Der Abstand zwischen den beiden Lagern betrug noch 20.000 Stimmen, während noch zehntausende Auslandsstimmen zu zählen waren. Die im Ausland lebenden Moldauer hatten dem Zwischenstand zufolge mit 79 Prozent für die Verfassungsänderung gestimmt. Sie stützten bei der gleichzeitigen Präsidentenwahl auch das Ergebnis von Amtsinhaberin Maia Sandu, die zunächst nur um einige Prozentpunkte vor ihrem pro-russischen Herausforderer Alexandr Stoianoglo gelegen war.

Sandu kam nach den aktualisierten Teilergebnissen zufolge auf 41,2 Prozent der Stimmen, Stoianoglo erreichte 26,8 Prozent. Drittplatzierter war der prorussische Unternehmer und frühere Kommunalpolitiker Renato Usatii mit 13,7 Prozent, die restlichen Präsidentschaftsbewerber fuhren alle Ergebnisse im einstelligen Bereich ein. Weil kein Kandidat die absolute Stimmenmehrheit erreichte, werden Sandu und Stoiagnolo am 3. November in einer Stichwahl gegeneinander antreten.

Politikbeobachter werteten ein etwaiges Scheitern des EU-Referendums als ernüchternd für das Regierungslager und erwarteten Auswirkungen auf die Stichwahl, da die pro-russischen Kräfte nun Aufwind erhalten dürften.

Kritiker Sandus werfen ihr vor, die Interessen des Westens zu vertreten und darüber zu versäumen, die angeschlagene Wirtschaft und die hohe Inflation in den Griff zu bekommen oder Justizreformen voranzutreiben. Die moldauische Regierung versuchte, bei der Energieversorgung unabhängiger von Russland zu werden, weshalb die Preise in die Höhe schnellten. Moldau ist eines der ärmsten Länder Europas.

Bei ihrer Stimmabgabe sagte Sandu, der Wahlausgang müsse vom "Willen des moldauischen Volkes" bestimmt werden und nicht "von schmutzigem Geld". Die Präsidentin beschuldigt Moskau immer wieder, sich politisch in der ehemaligen Sowjetrepublik einzumischen. Anfang Oktober hatte die moldauische Polizei einen groß angelegten Wahlbetrug aufgedeckt, bei dem mehr als 100.000 Menschen bestochen worden sein sollen, um im Sinne Moskaus abzustimmen. Nach Einschätzung des moldauischen Politikinstituts WatchDog hat Moskau allein in diesem Jahr mehr als 100 Millionen Dollar (92 Millionen Euro) für Einmischungen in die moldauische Politik ausgegeben. Der Kreml wies alle Vorwürfe "kategorisch" zurück.

Moldau grenzt an die Ukraine und an Rumänien. Seit dem Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine im Februar 2022 befürchten viele Moldauer, dass Russland ihr Land als nächstes angreifen könnte. Sorge bereitet vielen auch die Lage in der russischsprachigen Region Transnistrien, die sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion von Moldau abgespalten hatte.

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