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Ministerium: 182 Tote im Libanon bei Angriffen Israels

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Das Grenzgebiet von Israel und Libanon ist Ziel zahlreicher Angriffe
©APA/APA/AFP/JALAA MAREY
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Bei den israelischen Luftangriffen im Libanon im Kampf gegen die pro-iranische Schiiten-Miliz Hisbollah sind nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums am Montag mindestens 182 Menschen getötet und mindestens 727 verletzt worden. Unter den Opfern seien Kinder, Frauen und medizinisches Personal. Die israelische Armee hat eigenen Angaben zufolge am Montag hunderte Ziele der Hisbollah-Miliz im Libanon ins Visier genommen.

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Seit dem Morgen seien "mehr als 300 Hisbollah-Ziele angegriffen worden", hieß es in einer Erklärung Israels. Zuvor hatte es geheißen, allein zwischen 06.30 Uhr und 07.30 Uhr (Ortszeit) seien 150 Luftangriffe ausgeführt worden. Später avisierte Israel auch noch Angriffe im Ostlibanon.

Die israelische Armee hatte am Montag "umfangreichere und präzisere" Angriffe angekündigt. Sie forderte die Bevölkerung im Süden des Libanon auf, sich in Sicherheit zu bringen.

Der Konflikt zwischen Israel und der pro-iranischen Hisbollah hatte sich in den vergangenen Tagen nochmals verschärft. Mit einem gezielten Luftangriff tötete die israelische Armee in Beirut mehrere ranghohe Hisbollah-Kommandanten, zudem gab sie die Zerstörung Tausender Raketenabschussrampen im Südlibanon bekannt.

Die Hisbollah verstärkte am Wochenende ihrerseits ihre Angriffe. Allein in der Nacht auf Sonntag waren nach israelischen Angaben rund 150 Raketen und Drohnen auf Israel abgefeuert worden.

Nach den jüngsten israelischen Luftangriffen feuerte die Hisbollah nach eigenen Angaben erneut Dutzende Raketen auf mehrere israelische Militärposten abgefeuert. Details oder eine israelische Stellungnahme dazu lagen zunächst nicht vor.

Im Libanon gingen nach Angaben des dortigen Telekomkonzerns Ogero mehr als 80.000 mutmaßliche israelische Anrufversuche ein, mit denen Menschen zum Evakuieren ihrer Wohngegenden aufgerufen werden sollten. Ogero-Chef Imad Kreidieh bezeichnet diese im Gespräch mit Reuters als "psychologische Kriegsführung, um Schaden und Chaos anzurichten". Das israelische Militär hatte zuvor über mehrere Kanäle die Menschen im Libanon dazu aufgerufen, sich von Hisbollah-Stellungen fernzuhalten.

Der libanesische Regierungschef Najib Mikati warf Israel angesichts der Ausweitung von dessen Angriffen einen "Zerstörungsplan" gegen den Libanon vor. "Die anhaltende israelische Aggression gegen den Libanon ist ein Ausrottungskrieg in jedem Sinne des Wortes und ein Zerstörungsplan, der darauf abzielt, libanesische Dörfer und Städte zu vernichten", sagte Mikati am Montag bei einer Kabinettssitzung. Er rief die Vereinten Nationen auf, Israel davon abzuhalten. Er appellierte auch konkret an die UNO-Generalversammlung sowie "einflussreiche Länder".

Am Hauptsitz der Vereinten Nationen beginnt am Dienstag die UNO-Generaldebatte, dazu reisen rund 150 Staats- und Regierungschefs aus aller Welt nach New York. Mikati hatte seine Teilnahme am Samstag wegen des eskalierenden Konflikts zwischen Israel und der von Israels Erzfeind Iran unterstützten, libanesischen Hisbollah-Miliz abgesagt.

Die Hisbollah und Israel liefern sich seit bald einem Jahr fast täglichen Beschuss. Dabei wurden mehr als 500 Hisbollah-Kämpfer, zwei Dutzend Zivilisten im Libanon sowie 48 Soldaten und Zivilisten in Israel getötet. Zudem mussten 150.000 Menschen auf beiden Seiten der Grenze ihre Wohnorte verlassen. Die kriegsähnlichen Auseinandersetzung hat sich nach der Explosion Tausender Kommunikationsgeräte im Libanon sowie einem israelischen Angriff auf die Hisbollah-Führung nahe Beirut mit mehr als 50 Toten, darunter auch Zivilisten, in der vergangenen Woche noch einmal verstärkt.

Israel und die Hisbollah haben bereits 1982 und 2006 Krieg gegeneinander geführt. Die vom Iran unterstützte Miliz ist heute deutlich stärker bewaffnet als während des Kriegs vor fast 20 Jahren. Sie handelt nach eigener Darstellung aus Solidarität mit der militant-islamistischen Palästinenserorganisation Hamas, die im Gazastreifen gegen Israel kämpft. Hisbollah und Hamas werden beide vom Iran unterstützt.

Israels Armee hat die Zahl seiner Angriffe in Gaza zuletzt verringert und konzentriert sich zunehmend auf die Hisbollah. Israel will erreichen, dass sich die Miliz wieder hinter den 30 Kilometer von der Grenze entfernten Litani-Fluss zurückzieht - so wie es die UNO-Resolution 1701 vorsieht, die das Kriegsende 2006 markierte. Der Resolution zufolge darf die Hisbollah entlang der Grenze gar nicht präsent sein. Dies wird aber weder von der UNO-Beobachtermission noch von der libanesischen Armee durchgesetzt. Israel hat die Rückkehr seiner Anrainer in ihre Wohnorte in Nordisrael zu einem der Ziele im Gaza-Krieg erklärt.

Die Hisbollah ist nach mehreren Angriffen geschwächt und hat zuletzt die schwersten Schläge seit Jahrzehnten erlitten. Insgesamt habe die Hisbollah binnen knapp eines Jahres mehr als 8.800 Raketen und Drohnen auf israelisches Gebiet gefeuert, erklärte das israelische Militär. Vor Beginn der Hisbollah-Angriffe am 8. Oktober 2023 lagen die Schätzungen des Hisbollah-Arsenals bei 150.000 Raketen, Drohnen und Marschflugkörpern.

Zuletzt kündigte die israelische Armee weitere Luftangriffe auf Stätten der schiitischen Hisbollah-Miliz im Osten des Libanon an. "Wir bereiten uns auf einen groß angelegten und gezielten Angriff in der Bekaa-Ebene vor", sagte Armeesprecher Daniel Hagari vor Journalisten. Bewohner sollten sich zu ihrem "Schutz" und ihrer "Sicherheit" von Waffenlagern der Hisbollah-Miliz "entfernen".

Im Süden des Libanon sind Anrainer in Panik. Viele Menschen würden unter anderem aus Vororten der Stadt Tyros im Süden fliehen, sagten sie der Deutschen Presse-Agentur. Einige eilten ins Zentrum der Küstenstadt und zum dortigen Gelände der UNO-Beobachtermission UNIFIL. Die Straßen füllten sich mit Autos von Menschen, die offenbar in Richtung der Hauptstadt Beirut oder anderer Orte im Norden des Landes fahren wollten. Auf den Straßen kam es zu Staus. Es herrsche "Panik und Chaos", berichteten Augenzeugen. In der Küstenstadt Sidon, die etwa auf halber Strecke zwischen Tyros und Beirut liegt, kam der Verkehr zeitweise komplett zum Erliegen. Autofahrer teilten Videos in Sozialen Medien, die zeigen, wie offenbar massenhaft Libanesen in Richtung Norden fahren.

Die Krankenhäuser im Libanon bereiteten sich auf viele Verletzte vor. Das Gesundheitsministerium forderte die Häuser im Süden und einige im Osten des Landes auf, nicht dringend notwendige Operationen zu verschieben. Damit solle Platz geschaffen werden für Verwundete der sich verstärkenden israelischen Angriffe.

Das Gesundheitssystem im Libanon ist auch wegen einer jahrelangen Krise in dem kleinen Land völlig überlastet. Es fehlt an Arzneimitteln, Ausrüstung und Personal. Einige Krankenhäuser mussten den Betrieb aus Geldnot zurückfahren oder schließen.

Die Schulen im Süden und teils im Osten des Landes blieben geschlossen und sollten das auch am Dienstag bleiben. Die aktuelle Lage gefährde die Sicherheit von Schülern, sagte Bildungsminister Abbas al-Halabi. Einige Schulen hätten begonnen, Vertriebene aufzunehmen, und würden in Notunterkünfte verwandelt, sagte Halabi dem Fernsehsender LBCI.

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