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Leak aus russischer "Propaganda-Firma"

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Nach kürzlichen Ermittlungen in den USA haben sich am Montag gemeinsam recherchierende Medien mit einer Kreml-nahen "Propaganda-Firma" beschäftigt. Grundlage der Publikationen, unter anderem im "Profil", ist ein Leak mit Dokumenten der Moskauer "Agentur für soziales Projektieren", die seit dem Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine versucht hat, über das Internet die öffentliche Meinung im Westen zu beeinflussen. Österreich kam bei diesen Aktivitäten nur am Rand vor.

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"Wir arbeiten in einem analysierten und uns bestens verständlichen Informationsfeld - unsere Inhalte fügen sich in die Vorstellung der Bürger des Westens ein", heißt es in einem veröffentlichten Werbevideo. Betont wird hier auch der "feste Glaube" an einen "finalen Sieg in der Schlacht um die Köpfe der Erdenbewohner", der bereits 2023 gemeinsam mit seiner Agentur von der EU sanktionierte Firmenchef Ilja Gambaschidse gibt den Superhacker und trägt eine fiktive Uniform "russischer Ideologie-Streitkräfte". Der Film mute wie eine Art interner Werbeclip an, eine Botschaft an potenzielle Auftraggeber, kommentierte die "Süddeutsche". In seiner pathetischen Überspitztheit bedient der Clip freilich zudem westliche Russland-Klischees und könnte in bester Troll-Tradition auch für ein ausländisches Publikum konzipiert worden sein.

Das referierte Leak und veröffentlichte Erkenntnisse lassen wenig Zweifel an tatsächlichen Aktivitäten der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die laut ihrer Internetseite den Sitz in der schicken Moskauer Innenstadt hat. Die Firma kreierte im Internet unter anderem "Doppelgänger" bekannter westlicher Medien wie etwa von "Spiegel", "Süddeutsche Zeitung" und "Washington Post", in denen anders als bei den Originalen pro-russische und gegen die Ukraine gerichtete Positionen eingenommen wurden. Diese "Doppelgänger" mit leicht veränderten Internet-Adressen waren zuletzt Gegenstand intensiver internationaler Ermittlungen, ihre Performance war jedoch beschränkt. Die "Süddeutsche" schrieb mit Verweis auf den bayrischen Verfassungsschutz von "sehr überschaubaren" Zugriffen aus Deutschland auf jene gefälschten Medienseiten, die über X, ehemals Twitter, verlinkt worden waren.

Wie dies in der Vergangenheit schon die "Troll-Fabriken" des 2023 getöteten Medienunternehmers und Söldnerführers Jewgeni Prigoschin gemacht hatten, ließ Gambaschidses Firma zudem Medienveröffentlichungen in sozialen Netzwerken von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kommentieren. Die "Süddeutsche" zitierte etwa den Kommentar einer fiktiven "Sabine Becker", die 2022 auf Facebook zu einem Artikel der Zeitung schrieb, dass die USA doch gerne steigende Lebensmittel- und Energiepreise in Deutschland sehen würden. Jedes Posting sei dabei in eine Excel-Liste eingetragen worden, in denen laut "Profil" auch die Rede davon ist, dass diese extra produzierten Sujets "Hundertmillionenfach" von Usern wahrgenommen worden seien. In der Erklärung eines FBI-Agenten vor Gericht hieß es vergangene Woche, dass die für diese "Projekte" Gambaschidses mitverantwortliche Kreml-Bürokratin Sofija Sacharowa nicht nur dem stellvertretenden Chef der Administration des russischen Präsidenten, Sergej Kirijenko, sondern auch Präsident Wladimir Putin darüber berichtet habe.

Schwerpunkte dieser Aktivitäten mit schwer zu evaluierenden Auswirkungen waren laut den veröffentlichten Informationen Deutschland, Frankreich, die Ukraine und die USA - Österreich kommt in den geleakten Dokumenten kaum vor: Das Online-Medium "Exxpress", dessen Ex-Chefredakteur Richard Schmitt durch eher unkritische Interviews mit dem russischen Botschafter in Wien aufgefallen war, wird in einer Liste russlandfreundlicher Medien genannt. Der ehemalige FPÖ-Politiker Johann Gudenus, SPÖ-Parlamentarierin Muna Duzdar und Künstler Gottfried Helnwein werden als "Meinungsführer" gelistet. Alle drei erklärten gegenüber "Profil" die Agentur nicht zu kennen und von ihr auch kein Geld erhalten zu haben. Im Leak gebe es dafür auch keine Hinweise, betonte das Nachrichtenmagazin.

Gewisse Österreich-Bezüge haben zumindest auch die zwei Hauptverantwortlichen: Die Kreml-Mitarbeiterin Sacharowa hat laut den Veröffentlichungen Russland zwischen 2007 und 2010 als Diplomatin bei den internationalen Organisationen in Wien vertreten, Gambaschidse weilte nachweislich etwa 2017 als Mitglied einer OSZE-Parlamentarierdelegation in Wien. In der der APA vorliegenden Delegationsliste wurde er dabei keiner Institution zugeordnet, der im Londoner Exil lebende russische Geheimdienstexperte Andrej Soldatow erachtete auf APA-Nachfrage am Dienstag jedoch eine damalige Zugehörigkeit Gambaschidses zum russischen Auslandsgeheimdienst SWR für plausibel.

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