News Logo
ABO

Hongkonger News-Plattform und Ex-Chefredakteure verurteilt

Subressort
Aktualisiert
Lesezeit
4 min
Gericht des Verwaltungsbezirks Wan Chai fällte das Urteil
©APA/APA/AFP/PETER PARKS
  1. home
  2. Aktuell
  3. Schlagzeilen
Rückschlag für die Pressefreiheit in Hongkong: Ein Gericht hat den Betreiber der pro-demokratischen Nachrichtenplattform Stand News und deren beiden Ex-Chefredakteure wegen "Volksverhetzung" verurteilt. Richter Kwok Wai-kin erklärte die drei Angeklagten am Donnerstag im Gericht des Verwaltungsbezirks Wan Chai für schuldig. In der schriftlichen Begründung des Urteils schrieb der Richter, Stand News habe die "Autonomie Hongkongs unterstützt und vorangetrieben".

von

Die Journalisten Chung Pui Kuen und Patrick Lam sowie die Betreiber der 2021 geschlossenen Website waren wegen "Verschwörung zur Veröffentlichung und Vervielfältigung aufrührerischer Publikationen" angeklagt. Laut Richter Kwok sei Plattform zu einem Werkzeug geworden, um die Behörden der Zentralregierung in Peking und die Hongkonger Regierung zu "verleumden und zu diffamieren". Auch das Mutterunternehmen Best Pencil Limited wurde für schuldig befunden. Das Vergehen kann mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden.

Es ist die erste Verurteilung dieser Art seit die britische Kronkolonie Hongkong 1997 an China gegeben wurde. Das Urteil ist ein weiterer herber Rückschlag für die Pressefreiheit im Land. Auf der Liste der Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen ist die Sonderverwaltungszone in den vergangenen zwei Jahrzehnten von Platz 18 auf Platz 135 abgerutscht.

Stand News erreichte während der pro-demokratischen Proteste in Hongkong 2019 eine große Leserschaft. Die Staatsanwaltschaft führte in dem Prozess zahlreiche Artikel des Mediums als Beweismittel an, in denen die Beschneidung von Freiheiten in der früheren britischen Kronkolonie seit der gewaltsamen Niederschlagen massiver pro-demokratischer Proteste durch die Zentralregierung in Peking kritisiert wurde.

Mehr als 100 Menschen hatten sich zur Urteilsverkündung vor dem Gerichtsgebäude versammelt. Ein anwesender ehemaliger Journalist, der anonym bleiben wollte, bezeichnete den Prozess als bahnbrechenden Sieg für die Unterdrückung der Pressefreiheit. Chung habe "lediglich das getan, was ein Journalist tun würde, und das hätte in der Vergangenheit nicht zu einer Kriminalisierung und Inhaftierung geführt", sagte der Ex-Journalist der Nachrichtenagentur AFP. Lau Yan-hin, ein früherer Mitarbeiter von "Stand News", sprach von einem "Rundumangriff" auf die Medien.

Das österreichische Außenministerin kritisierte auf X das Urteil. "Die Einschränkung des Raums für freie Meinungsäußerung schwächt wichtige Kontroll- und Ausgleichssysteme. Ein stabiles und wohlhabendes Hongkong, in dem die Grundfreiheiten geschützt sind, liegt im Interesse aller", hieß es in der auf englisch verfassten Mitteilung.

Die Europäische Union forderte Hongkong nach dem Urteil auf, "die Verfolgung von Journalisten einzustellen". Das Urteil berge die Gefahr, "dass der pluralistische Gedankenaustausch und der freie Informationsfluss, beides Eckpfeiler des wirtschaftlichen Erfolgs von Hongkong, behindert werden", sagte ein EU-Sprecher. Die USA erklärten, der Schuldspruch sei ein "direkter Angriff auf die Pressefreiheit".

Der Vorwurf der Volksverhetzung stammt noch aus der britischen Kolonialzeit. Er kam jahrzehntelang nicht zur Anwendung, wird jedoch seit 2020 von den Behörden gegen Regierungsgegner eingesetzt.

Beh Lih Yi vom Komitee zum Schutz von Journalisten mit Sitz in den USA kritisierte, die Anwendung von "archaischer Gesetzgebung wie dem britischen Gesetz gegen Volksverhetzung aus der Kolonialzeit" stelle "eine Verhöhnung der Justiz" dar. "Journalismus ist nicht aufrührerisch", betonte sie. Das Urteil zeige, "dass Hongkong immer tiefer in den Autoritarismus abrutscht und dass jeder, der nicht linientreu ist, im Gefängnis landen kann". Sarah Brooks, China-Direktorin bei Amnesty International, bezeichnete das Urteil als "einen weiteren Sargnagel für die Pressefreiheit in Hongkong".

In einem weiteren Prozess wurde am Donnerstag ein Angeklagter wegen eines angeblich geplanten Bombenanschlags auf die Polizei in Hongkong während der Proteste im Jahr 2019 verurteilt. Sechs weitere Angeklagte wurden Medienberichten zufolge von der Jury freigesprochen. Dem Verurteilten Lai Chun-pong droht nun eine Strafe von bis zu 20 Jahren Gefängnis.

Über die Autoren

Logo
Monatsabo ab 20,63€
Ähnliche Artikel
2048ALMAITVEUNZZNSWI314112341311241241412414124141241TIER