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Hisbollah und Israel überziehen einander mit Angriffen

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Heftiger gegenseitiger Beschuss der vergangenen Tage geht weiter
©APA/APA/AFP/AMMAR AMMAR
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Nach der Tötung zweier hochrangiger Hisbollah-Kommandanten in Beirut hat die pro-iranische Hisbollah ihre Angriffe auf Israel erneut verstärkt. Aus dem Libanon seien allein Sonntag früh mehr als 100 Geschoße auf Israel abgefeuert worden, erklärte die israelische Armee. Als Reaktion auf den Raketenbeschuss seien "Ziele der Terrororganisation Hisbollah im Südlibanon" ins Visier genommen worden.

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Armeesprecher Nadav Shoshani sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass im Norden Israels "hunderttausende Menschen Schutz in Bunkern" gesucht hätten. Laut israelischer Armee wurden in der Nacht bis Sonntag früh rund 150 Raketen und Drohnengeschoße auf Israel abgefeuert, die meisten aus dem Libanon in Richtung Nordisrael. Feuerwehren waren dabei, durch herabfallende Trümmerteile verursachte Brände zu löschen.

Nach Angaben des israelischen Rettungsdienstes Magen David Adom wurden mindestens vier Menschen durch Granatsplitter verletzt, drei von ihnen nahe der Küstenstadt Haifa. Die Angriffe erinnerten ihn "an den 7. Oktober, als alle zu Hause blieben", sagte ein Einwohner der AFP mit Blick auf den Tag des beispiellosen Angriffs der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas auf den Süden Israels, der den Gaza-Krieg auslöste.

Das für den Zivilschutz zuständige Heimatfront-Kommando der israelischen Armee verschärfte wegen der zugespitzten Lage seine Richtlinien. Unter anderem ordnete es an, dass Schulen und andere Bildungseinrichtungen in Grenznähe zum Libanon bis Montag früh geschlossen bleiben sollten. In Israel beginnt die Woche bereits am Sonntag.

Nach Medienberichten wurden Krankenhäuser im Norden Israels angewiesen, ihre Patienten in Schutzräume zu verlegen. Das größte regionale Krankenhaus, die Rambam-Klinik in Haifa, teilte mit, zu Mittag solle damit begonnen werden, die Patienten in seine unterirdische Notfalleinrichtung zu verlegen. Damit folge man Anweisungen der Armee. Der Webseite zufolge können in Rambams "Bunker-Krankenhaus" bis zu 1.400 Patienten versorgt werden - Soldaten und Zivilisten. Das Notfallkrankenhaus, das bereits 2014 eingerichtet worden war, liegt mehr als 16 Meter unter der Erdoberfläche.

Armeesprecher Shoshani sagte der AFP, die Armee habe mit Gegenangriffen auf Hisbollah-Ziele im Südlibanon reagiert, um "einen größeren Angriff zu verhindern". Das libanesische Gesundheitsministerium teilte am Sonntag mit, dass bei einem "israelischen Angriff" in Grenznähe ein Mensch getötet und ein weiterer verletzt worden sei.

Die Hisbollah erklärte ihrerseits, sie habe Industriekomplexe des israelischen Rüstungsunternehmens Rafael und einen Armeestützpunkt in Haifa "bombardiert". Die sei "eine erste Reaktion" auf die Israel zugeschriebenen Explosionen von Kommunikationsgeräten der Hisbollah, hieß es.

Seit Beginn des Gaza-Krieges als Folge des Hamas-Angriffs am 7. Oktober hat sich auch der Konflikt zwischen der mit der Hamas verbündeten Hisbollah und Israel zunehmend verschärft. Der Norden Israels steht seit dem 8. Oktober unter Dauerbeschuss der Miliz. Israel reagiert auf die Angriffe auf seinen Norden mit Gegenangriffen im Libanon. Auf beiden Seiten der Grenzen mussten zehntausende Menschen ihr Zuhause verlassen.

Mit der gezielten Tötung hochrangiger Hisbollah-Kommandanten durch die israelische Armee im Libanon sowie der Israel zugeschriebenen Explosion von hunderten Pagern und Walkie-Talkies der Hisbollah spitzte sich die Lage in den vergangenen Tagen dann deutlich zu. Am Freitag fügte die israelische Armee der Hisbollah mit der gezielten Tötung von zwei ranghohen Kommandanten einen schweren Schlag zu. Außer dem Chef der Hisbollah-Eliteeinheit Radwan, Ibrahim Aqil, wurde bei dem Angriff in einem südlichen Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut auch der hochrangige Radwan-Kommandant Ahmed Wahbi getötet, wie die Hisbollah am Samstag mitteilte. Die Radwan ist für die Bodeneinsätze der Hisbollah verantwortlich.

Nach Angaben der israelischen Armee hatten sich die Hisbollah-Kommandanten zur Zeit des Angriffs bei einem Treffen "im Untergrund im Herzen eines Wohnviertels" aufgehalten. Laut libanesischen Regierungsangaben stürzte ein Wohngebäude nach dem Luftangriff ein.

Laut der Hisbollah wurden bei dem Angriff 16 ihrer Kommandanten getötet. Das libanesische Gesundheitsministerium teilte mit, insgesamt seien durch den Angriff mindestens 45 Menschen getötet worden, darunter drei Kinder und sieben Frauen.

Nach israelischen Angaben hatten die Hisbollah-Kommandanten einen Angriff auf den Norden Israels geplant, bei dem sie "israelische Gemeinden infiltrieren und unschuldige Zivilisten ermorden wollten" - ähnlich wie beim Hamas-Großangriff am 7. Oktober.

Armeesprecher Daniel Hagari sagte am Samstagabend, dass Israel "einen umfassenden Angriff im Südlibanon lanciert" habe. Zuvor seien "Vorbereitungen der Hisbollah für einen Beschuss des israelischen Territoriums erkannt" worden. Mit dem Einsatz würden "Bedrohungen gegen die Bürger Israels eliminiert". Bereits zuvor am Samstag hatte die israelische Armee bekanntgegeben, tausende Raketenabschussrampen im Südlibanon zerstört zu haben. Sie seien "für den sofortigen Abschuss in Richtung des israelischen Territoriums" bereitgestanden.

Die Eskalation im Nahen Osten dürfte auch bei der UNO-Generaldebatte, die am Dienstag in New York beginnt, ein bestimmendes Thema sein. Der libanesische Ministerpräsident Najib Mikati erklärte am Samstag, dass er angesichts der "israelischen Aggression gegen den Libanon" seine Reise zur UNO-Generaldebatte absage.

Die Sonderkoordinatorin der Vereinten Nationen für den Libanon, Jeanine Hennis-Plasschaert, sieht den Nahen Osten vor einer katastrophalen Entwicklung. Die Region stehe "an der Schwelle zu einer unmittelbar bevorstehenden Katastrophe", teilte Hennis-Plasschaert mit. "Es kann nicht häufig genug betont werden: Es gibt keine militärische Lösung, die irgendeine der beiden Seiten sicherer machen wird." Die UNO-Koordinatorin bezog sich auf den Beschuss zwischen der israelischen Armee und der Hisbollah-Miliz.

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