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Wie immer unauffällig gekleidet, im schwarzen T-Shirt mit schwarzer Jeans, betrat der unprätentiöse Gilmour dieser Tage die Bühne der Royal Albert Hall in London, in der er seit Mittwoch sechs Mal gastiert. Im September 2016 war er zuletzt in der traditionsreichen Konzerthalle aufgetreten, die ihm dank der ausgezeichneten Akustik besonders am Herzen liegt.
Mit den Instrumentalstücken "5 A.M." und "Black Cat" eröffnete der Gitarrenvirtuose den Abend. Dann sang er den gleichnamigen Titelsong von "Luck And Strange". Seine sanfte, warme Stimme ist auch mit 78 noch kraftvoll und ausdrucksstark - und wurde im Laufe des Abends immer stärker. "Breathe" und "Time" wurden besonders laut bejubelt. Auf der großen Leinwand, die wie früher bei Pink Floyd kreisrund ist, erscheinen animierte, fliegende Uhren.
Die gemeinsame Tochter Romany stand mit auf der Bühne. Mit einer Harfe in der Hand sang sie das melancholische "Between Two Points" - ein Highlight des Abends. Gemeinsam mit den Webb Sisters, die einst in Leonard Cohens Band sangen, und der Sängerin und Pianistin Louise Marshall bildete die 22-Jährige fortan den Hintergrundchor. Das Quartett begeisterte mit einer originellen Variante des textfreien Pink-Floyd-Stücks "The Great Gig In The Sky".
Die britische Zeitung "The Independent" nannte Gilmour einen wortlosen Geschichtenerzähler. Das passt nicht ganz, schließlich ist da die Lyrik von Pink Floyd und die von Gilmours Solosongs, die seit langem von seiner Frau Polly Samson getextet werden. Mit und ohne Worte malt Gilmour musikalische Gemälde, schafft Klanglandschaften und Bilder im Kopf.
Etwa die Hälfte der Songs im Set stammen von Gilmours ikonischer Band. Bei "Wish You Were Here" sang das Publikum mit. Zu "Fat Old Sun" (von "Atom Heart Mother", 1970) leuchtete auf der Bühne eine riesige Sonne. Bei "High Hopes" (von "The Division Bell", 1994) ist das dazugehörige Musikvideo zu sehen. Dazu warfen die Ordner riesige Ballons ins Publikum.
Das Konzert endete spektakulär. Spätestens, als beim ikonischen Pink-Floyd-Klassiker "Comfortably Numb" das zweite Gitarrensolo einsetzte, hielt es niemanden mehr auf dem Sitz. Für ausgedehnte Tourneen hat David Gilmour nichts mehr übrig. "Ich möchte nicht ständig unterwegs sein", sagte er kürzlich der Deutschen Presse-Agentur in London. Für 2025 deutet er aber weitere Konzerttermine an.
(Von Philip Dethlefs/London)