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Faeser verteidigt "Compact"-Verbot - Magazin-Chef feiert

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"Compact"-Chef Elsässer freut sich
©APA/APA/dpa/Kay Nietfeld
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Mal gewinnt man, mal verliert man - so kommentierte die deutsche Innenministerin Nancy Faeser die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum "Compact"-Magazin und die damit verbundene massive Kritik an ihrer Amtsführung. Ihren Kampf gegen "Verfassungsfeinde" werde sie fortsetzen, sagte sie. Der Chef des rechtsextremistischen Magazins, Jürgen Elsässer, triumphiert einen Tag nach der Entscheidung im Eilverfahren, die das Verbot vorläufig ausgesetzt hat.

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"Das Grundgesetz sieht ja das Instrument des Vereinsverbots ausdrücklich vor, um die Demokratie vor Verfassungsfeinden zu schützen", sagte Faeser am Donnerstag. Sie bekräftigte, angesichts der aktuellen Bedrohungslage sei es wichtig, diese Instrumente der wehrhaften Demokratie auch anzuwenden. Das deutsche Innenministerium halte mit Blick auf das Hauptsacheverfahren an seiner Auffassung fest. "In unserem Handeln gegenüber Verfassungsfeinden werden wir keinesfalls nachlassen", so Faeser.

Die Ministerin hat "Compact" am 16. Juli verboten. Sie begründete dies damit, dass das Blatt ein "zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene" sei. Das deutsche Verwaltungsgericht hob das Verbot im Eilverfahren am Mittwoch vorläufig auf. Es meldete vor allem Zweifel an der Verhältnismäßigkeit des Verbots an. Damit kann das Blatt unter Auflagen vorerst wieder erscheinen. Eine endgültige Entscheidung wird im Hauptsacheverfahren fallen.

Es sei gut, dass auch solche Verbote in einem Rechtsstaat gerichtlich überprüft und gegebenenfalls auch korrigiert würden, sagte Faeser. Sie verwies auf Verbotsverfügungen ihres Ministeriums aus der Vergangenheit, die vor Gericht Bestand hatten, und erklärt, es sei positiv, dass das Gericht grundsätzlich bestätigt habe, dass ein Vereinsverbot gegen ein Medienunternehmen wie "Compact" möglich sei. Nun habe man "in Teilen mal verloren", sagte Faeser. Sie fügte hinzu: "Es ist ein ganz normaler Vorgang."

Nach dem vorläufigen Scheitern des "Compact"-Verbotes hagelte es Kritik für Faeser von Union und AfD, aber auch vom Koalitionspartner FDP. "Die Eil-Entscheidung gegen das 'Compact'-Verbot wirft ein verheerendes Licht auf die Sachkompetenz von Frau Faeser", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU im deutschen Bundestag, Alexander Hoffmann. Der FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle bezeichnete die Entscheidung des Gerichts als "peinlich für das Bundesinnenministerium". Das "Compact"-Magazin könne sich jetzt als Opfer darstellen, sagte Kuhle dem "Spiegel".

Was keiner ausspricht, aber wohl viele denken, ist: Die Schlappe vor Gericht könnte der AfD bei den im September anstehenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg in die Hände spielen. Die Partei hatte in zwei Instanzen erfolglos gegen die Einstufung der Gesamtpartei als rechtsextremistischer Verdachtsfall geklagt. Die AfD-Vorsitzende, Alice Weidel, forderte Faesers Rücktritt.

Während die Ministerin unbequeme Fragen beantworten muss, genießt der "Compact"-Chef den Moment. "Compact" habe obsiegt über "die Autoritären, um nicht zu sagen faschistischen Übergriffigkeiten der Innenministerin Nancy Faeser", sagte Elsässer vor Journalisten in Berlin. Und: "Der gestrige Tag war ein Sieg von David über Goliath, war ein Sieg der Demokratie über die Diktatur und war ein Sieg des Volkes über das Regime."

Die August-Ausgabe, die vorerst zurückgehalten worden sei, könne nun ausgeliefert werden, meinte er. Allerdings könne der Verlag nicht auf seine gewöhnlichen Vertriebswege zurückgreifen, Unterlagen und Ausrüstung seien beschlagnahmt worden. Im Hauptverfahren würden, so Faeser, auch sichergestellte Beweismittel eine Rolle spielen. Unter anderem Inhalte von Schriften und Datenträgern würden aktuell ausgewertet.

Elsässer rechne aber damit, dass sich die Reichweite von Magazin und Sender ausweiten würden. "Vor Faesers Attacke haben uns vielleicht zwei Millionen Deutsche gekannt. Jetzt dürften es 60 Millionen sein." Elsässer sagte: "Jeder will jetzt dieses Blatt haben."

In der von Anwälten Elsässers veröffentlichten Verbotsverfügung des deutschen Innenministeriums wurden auch Informationen über Bezüge mehrerer Mitarbeiter zur rechtsextremen Partei "Die Heimat" (vormals NPD) aufgelistet. Elsässer sagt, mit der NPD habe "Compact" nie etwas zu tun gehabt, aber auch: "Es ist richtig, es haben Leute, die früher oder vielleicht auch aktuell mit der NPD zu tun hatten, für uns geschrieben." Sie bewegten sich aber im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Lebensläufe und Arbeitszeugnisse lasse er sich bei Bewerbungsgesprächen nie zeigen.

Das Innenministerium hatte in seiner Verbotsverfügung einen Satz Elässers zitiert, den dieser anders verstanden wissen will. "Dieser Satz "Dieses Regime muss gestürzt werden" von mir ist ja einer der meist missverstandenen Sätze aus meinem Mund", sagte er. Seine Erklärung zu dem Zitat: Ihm werde unterstellt, er wolle die freiheitlich-demokratische Grundordnung oder das freiheitlich-demokratische System stürzen. "Dabei ging es mir immer darum, durch den Sturz des sogenannten Regimes, die freiheitlich-demokratische Grundordnung wiederherzustellen."

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