JJ aka Johannes Pietsch ist definitiv einer der ungewöhnlichsten Kandidaten, den Österreich in den vergangenen Jahren zum Eurovision Song Contest geschickt hat. Im Interview erzählt der 23-Jährige Countertenor von Karaokepartys in Dubai, Conchitas Einfluss auf sein Leben und Singen beim Radschlagen.
Wie ist Ihre Beziehung zum Song Contest? Sind Sie langjähriger Fan oder ein ESC-Neuling?
Ich habe eine ganz sentimentale Verbindung zum ESC. Seit dem Sieg von Conchita Wurst 2014 haben wir in der Familie daheim jedes Jahr den Song Contest geschaut - ein riesiges Buffet und Debatten inklusive.
Und das, obwohl Sie damals allesamt in Dubai gelebt haben?
Richtig. Aber es gab in Dubai damals eine große Mediendebatte über Conchita als Frau mit Bart. Aber es wurde darüber berichtet, was für mich ein prägender Moment war.
Inwiefern?
Ich habe mich damals entschieden, dass ich die Musik zu meinem Beruf machen möchte.
Und dabei hat es Sie dann zunächst in die Klassikwelt gezogen. Wie kam das?
JJ: Meine Eltern haben in Dubai jedes Wochenende eine Karaokeparty gefeiert. Das waren meine ersten Verbindung zur Popmusik. Aber am Morgen darauf hat mein Papa uns Mozart und Bach vorgespielt und gemeint: 'Das ist die richtige Musik!" Als Kinder dachten wir zwar: "Das kennt niemand und ist schon so alt!" Aber irgendwie ist das hängengeblieben. Und dann hat er uns die Arie der Königin der Nacht vorgespielt. Und das werde ich nie vergessen!
Ist das Tanzen auf beiden Hochzeiten gut für die Stimmhygiene?
Weil ich eigentlich immer schon Popmusik gesungen habe, habe ich hier meine Technik gefunden. Und die klassische Ausbildung, die ich derzeit am MUK bekomme, hilft mir sehr, auch in der Klassik die Stimme aufrecht und gesund zu halten.
Möchten Sie weiterhin in beiden Genres reüssieren? Oder führt Ihr Karriereweg Sie langfristig eher in eine Richtung?
Ich würde gerne weiterhin beide Welten kombinieren, weil mir beide sehr liegen und Spaß machen. Derweil freue ich mich sehr auf die neue Reise. Ich weiß, dass die Klassik immer ein Zuhause sein wird für mich und ich jederzeit zurückkommen kann, wenn ich kurz eine Auszeit brauche oder meinen Kopf durchlüften will.
Noch ist Ihr Song für den ESC ja geheim, aber können Sie verraten, in welche Richtung er gehen wird?
Es ist eine Mischung aus beiden Welten: Popera - also Pop und Opera. Es gibt Streicher, aber auch klassische Popelemente wie die Beats und ein besonderes Element am Ende, das ich noch nicht verraten darf...
Aber tanzen ist bei Ihrer Stimmlage auf der Bühne wohl nicht drin?
Ich freue mich schon wahnsinnig auf die Bühneninszenierung. Das wird ein Riesenspektakel! Cooler kann's nicht werden! Und zwecks der Kondition: Ich bin es aus der Staatsoper gewohnt, gleichzeitig herumzulaufen, schauzuspielen und zu singen. Ich kann im Liegen singen oder wenn ich ein Rad schlage. Das ist eine Frage der Gewohnheit.
Sie haben ja eine philippinische Mutter, einen österreichischen Vater und sind in Dubai aufgewachsen. Ist für Sie die Frage, als Österreichs Vertreter nach Basel zu fahren, ein Thema oder geht es für Sie einfach um die Musik?
Ich bin sehr stolz, dass ich die Ehre habe, Österreich zu repräsentieren. Aber ich werde beide meine Herkünfte immer bei mir haben und beide Seiten stolz machen. Ich freue mich, dass ich bunt in die Welt hineingehen darf.
Beim ESC gibt es zwei Typen von Künstlern: Diejenigen, die ehrgeizig sind und den Sieg wollen und diejenigen, die meinen, Dabeisein ist alles. Wo sehen Sie sich?
Ich würde sagen, in der Mitte. Ich freue mich wahnsinnig, dass ich das machen darf. Aber der Sieg wäre natürlich das Coolste! Wenn ich gewinne: Sehr geil! Wenn nicht, freue ich mich trotzdem. Das kann mir niemand mehr nehmen.
(Das Gespräch führte Martin Fichter-Wöß/APA)