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Im Vergleich zu 2023 ist die Arbeitslosigkeit bei Frauen mit 15.095 (plus 9,5 Prozent) stärker gestiegen als bei den Männern, bei denen es zu einem Anstieg von 11.912 gekommen ist (5 Prozent). Ende Dezember waren 112.528 Personen ab 50 Jahren beim AMS arbeitslos oder in Schulung gemeldet, ein Zuwachs von 5,9 Prozent. Die Jugendarbeitslosigkeit lag bei 67.658 Personen, macht einen Anstieg von 9,9 Prozent. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit hat im Jahresvergleich Ausländer stärker (plus 10,3 Prozent) als Inländer (plus 5 Prozent) betroffen. Zum Vergleich: Im Dezember waren 206.547 Inländer und 146.328 Ausländer arbeitslos gemeldet.
Der Zuwachs im Dezember von insgesamt 27.000 Jobsuchenden innerhalb eines Jahres entspricht einem Plus von 6,8 Prozent. Dass der Anstieg nicht höher ausgefallen ist, ist der anziehenden Konjunktur am Bau zu verdanken. Womit die Arbeitslosigkeit in diesem Sektor um über fünf Prozent sank. Daraus auf eine Erholung am Bau zu schließen ist aber noch zu früh, so AMS-Chef Johannes Kopf. "Die schon mehr als zwei Jahre dauernde Rezession ist am Arbeitsmarkt nach wie vor deutlich spürbar: Die Industrie weist mit fast 14 Prozent den stärksten Anstieg auf und auch die Arbeitslosigkeit im Handel steigt, trotz der verlautbarten Zufriedenheit über die Umsätze im Weihnachtsgeschäft, um rund 10 Prozent", so der AMS-Vorstand.
Nach Bundesländern betrachtet hat es vor allem das Industrieland Oberösterreich getroffen, hier stieg die Zahl der Jobsuchenden im Jahresvergleich um 10,8 Prozent, es folgt Salzburg mit 8,7 Prozent. Am geringsten war der Anstieg in Kärnten (0,7 Prozent). Und einmal mehr zeigt sich, dass besonders Akademiker keine Arbeitsplatzgarantie mehr haben. Von allen Ausbildungsstufen haben sie mit 16,8 Prozent die höchsten Zuwachsraten bei Arbeitslosigkeit und Schulung. Besonders schwer ist es für Menschen mit Behinderung, hier liegt der Zuwachs der Arbeitssuchenden im Dezember bei 13 Prozent. Für Lehrlinge gab es auch schon bessere Zeiten. Die Zahl der sofort verfügbaren offenen Lehrstellen ist im Dezember im Jahresvergleich um 16,9 Prozent zurück gegangen. Die Zahl der Suchenden hat hingegen um über 20 Prozent zugenommen.
Beachtlich ist jedenfalls die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen. Liegt die Quote über alle arbeitssuchenden nach Eurostat-Berechnung bei 5,6 Prozent, beträgt sie bei Personen unter 25 Jahre satte 11,4 Prozent (Zahlen vom Oktober 2024). Im europäischen Vergleich lag Österreich im Oktober 2024 über alle Altersklassen mit einer saisonbereinigten Arbeitslosenquote im europäischen Mittel von 5,9 Prozent. Bei den Jugendlichen lag der EU-Durchschnitt bei 15,2 Prozent, wobei Musterschüler Deutschland nur eine Quote von 6,5 Prozent hat.
Mit 3.912.000 unselbstständig Beschäftigten gab es zum Jahresende 2024 einen Beschäftigtenrekord. Die Zahl habe seit Beginn des Vorjahres um 11.000 zugelegt. Allerdings ist die Anzahl der beim AMS gemeldeten offenen Stellen leicht auf 80.740 gesunken. Im Durchschnitt 2014-2024 lag die Zahl jeweils zum Jahresende bei 63.396.
"Der Anstieg der Arbeitslosigkeit bremst sich ein. Außerdem kann man anhand der aktuellen Daten erkennen, dass sich die Arbeitslosenquote auf einem geringeren Niveau befindet als Ende 2019, als die Arbeitslosenquote 8,5 Prozent betrug - vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie und dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine", rechnete dazu am Donnerstag Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) vor. Der österreichische Arbeitsmarkt stemme sich gegen die globale Wachstumsschwäche.
Gemeinsam mit dem AMS habe die Regierung einen Fokus auf Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen gelegt, so konnten 2024 über 270.000 Personen höher qualifiziert werden. "Durch das zweitgrößte Pro-Kopf-Budget für aktive Arbeitsmarktpolitik waren 2024 die Rahmenbedingungen für rasche und effektive Aus- und Weiterbildungen arbeitsloser Personen gegeben", so Kocher. Er verwies darauf, dass die Arbeitslosigkeit im ersten Quartal im Jahresvergleich um durchschnittlich 33.121 Personen anstieg, im vierten Quartal des Jahres wurde mit einem Plus von 30.390 Personen die geringste Steigerung der beim AMS gemeldeten Personen beobachtet.
Der Wirtschaftsbund hat heute einmal mehr auf die vielen Jobangebote verwiesen. Demnach weist der eigene Stellenmonitor 153.756 offene Stellen aus. So würden im Bereich Bau 12.449 Arbeitsplätze angeboten, im Bereich Büro und Marketing seien es 14.587 und in der Gastro und Hotellerie 15.254. In dem oft als Zukunftsbranche titulierten IT- und Telekomsektor stehen gar 22.675 Jobs offen.
AK-Präsidentin Renate Anderl betonte heute dass die Arbeitslosigkeit kontinuierlich gestiegen ist und die Insolvenzen der vergangenen Monaten gezeigt hätten, wie rasch es zu großen Kündigungswellen kommen könne. "Wenn nicht schnell reagiert wird, dann werden die Hiobsbotschaften im Jahr 2025 nicht abreißen", meinte sie.
"Dringend notwendig sind daher Investitionen in die aktive Arbeitsmarktpolitik sowie der sofortige Stopp des Personalabbaus beim AMS", so die AK-Präsidentin. Auch die Erhöhung des Arbeitslosengeldes und eine Inflationsanpassung der Leistungen der Arbeitslosenversicherung seien "wichtiger denn je". "Die Regierung hat viel zu lange zugeschaut und Entwicklungen verschlafen", meinte Anderl. Die heute veröffentlichten Arbeitsmarktdaten zeigen einen besorgniserregenden Trend, warnte wiederum ÖGB Bundesgeschäftsführerin Helene Schuberth und fordert von der neuen Bundesregierung eine deutliche Erhöhung des Budgets für das AMS.
In der Bundeshauptstadt Wien ist die Zahl der als arbeitslos vorgemerkten bzw. in Schulung befindlichen Personen im Dezember um 7,3 Prozent auf 35.087 nach oben geklettert - wobei laut AMS Wien vor allem Jüngere betroffen waren. Denn bei den Unter-25-Jährigen wurde ein Anstieg von 12,6 Prozent registriert. Bei den Betroffenen über 50 Jahren betrug der Zuwachs nur 6 Prozent. Am stärksten gestiegen ist die Arbeitslosigkeit in der Warenproduktion, im Einzelhandel und in der Hotellerie bzw. Gastronomie.
Der Anstieg für das Gesamtjahr 2024 wurde mit 9,2 Prozent ausgewiesen. Für das Jahr 2025 - in dem in Wien im Herbst auch ein neuer Gemeinderat gewählt wird - ist die Prognose laut AMS "moderat". Zwar werde für die Stadt ein höheres Wirtschafts- und auch Beschäftigungswachstum als in Gesamtösterreich erwartet, ein Rückgang der Arbeitslosigkeit sei aber nicht zu erhoffen, hieß es. Zumindest soll der Anstieg zurückgehen.
"Die Arbeitslosigkeit wird heuer in Wien weiter steigen, übers Jahr gesehen voraussichtlich im mittleren einstelligen Bereich, wobei sich das Tempo in der zweiten Jahreshälfte weiter verringern sollte", hielt AMS-Wien-Vizechefin Katharina Luger fest. Helfen wird laut AMS nicht zuletzt die Tatsache, dass die geburtenstarken Jahrgänge aus dem Erwerbsleben ausscheiden und dadurch Arbeitsplätze frei werden.
Für die FPÖ hat deren Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch die Schuldigen für die hohe Arbeitslosigkeit bei der Volkspartei ausgemacht. "Die ÖVP mit ihrem Verliererkanzler (Karl) Nehammer und dem Arbeits- und Wirtschaftsminister (Martin) Kocher zeigen vor, wie es mit dem Arbeitsmarkt im Land weitergehen wird. Die Daten aus dem vergangenen Dezember sind erschreckend, die Arbeitslosigkeit steigt und steigt." Ihr Fazit: "Wenn Bürger wegen einer schwarz-grünen Elendsregierung auf der Straße stehen müssen, ist Schönfärberei und Rosstäuscherei fehl am Platz und nur mehr peinlich."
Und auch IV-Chef Georg Knill fand im APA-Gespräch mahnende Worte: "Die Deindustrialisierung findet statt." Sein Ausblick ist jedenfalls nicht rosig. "Die Arbeitslosigkeit im produzierenden Sektor wird 2025 wohl weiter steigen."
SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch wiederum betonte: "Österreich braucht ein Programm für Aufschwung, Wachstum und Beschäftigung."Als erstes müsse eine neue Regierung alles tun, um die Konjunktur und den Arbeitsmarkt wieder in Schwung zu bringen. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit in der Industrie müsse als Warnsignal für die Lage der Exportwirtschaft und der nachgelagerten Wirtschaftszweige gesehen werden, merkte die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) an. Für den seit Jahresbeginn neuen WKÖ-Generalsekretär Wolfgang Hattmannsdorfer muss die Stärkung des Arbeitsmarktes und der Wettbewerbsfähigkeit Schwerpunkt der neuen Regierung sein. "Wir merken, dass es immer schwerer fällt, unsere Produkte am Weltmarkt wettbewerbsfähig zu verkaufen. Unsere Wirtschaft ist in vielen Feldern nicht mehr konkurrenzfähig", so seine Analyse.