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"Ich bin verpflichtet, auch ein Geständnis zu überprüfen", führte die Richterin dazu in ihrer Begründung aus. Im gegenständlichen Fall habe sich nicht feststellen lassen, wie das Heroin in den Körper der Kleinen gelangt war. Es habe nicht geklärt werden können, "ob sich das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit so zugetragen hat, wie es angeklagt wurde. Ich kann nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass Sie eine gröbliche Vernachlässigung begangen haben", hielt die Richterin fest. Ein "Kausalzusammenhang" zwischen dem Drogenkonsum bzw. dem Verhalten des Vaters und den damit verbundenen Folgen für die Tochter sei nicht erwiesen.
Zur Mutter bemerkte die Richterin: "Ich hab' mich schon ein bisschen gewundert, dass Sie angeklagt wurden. Ich sehe bei Ihnen kein Fehlverhalten. Es war relativ schnell klar, dass das nur ein Freispruch werden kann." Die beiden Freisprüche sind nicht rechtskräftig. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.
Sie hatte den Eltern vorgeworfen, ihre Verpflichtung zur Fürsorge grob vernachlässigt zu haben, indem das Mädchen in ihrer Wohnung in Wien-Favoriten Zugang zu Heroin hatte. Das Gift gelangte ins Blut der Kleinen, was eine Heroinvergiftung bewirkte, die zu einem "tief komatösen Zustand" führte, wie Gerichtsmediziner Nikolaus Klupp darlegte. Auf dem siebenstufigen Glasgow Coma Score (GSC) befand sich das Mädchen demnach auf der Stufe sechs, als die Kleine im Spital notfallmedizinisch versorgt wurde. Die Sauerstoffsättigung im Blut lag bei 60 Prozent. Bei einer Sättigung von unter 80 Prozent ist Lebensgefahr gegeben. Das Kind sei im Spital zunächst "weiter verfallen", schilderte Klupp. Erst als dem Mädchen ein Gegengift gegen Morphin und Opiate verabreicht wurde, hätte sich der Zustand stabilisiert. "Ohne notfallmedizinische Maßnahmen wäre heroinbedingter Atemstillstand eingetreten und hätte das zum Ableben des Kindes geführt", betonte der Gerichtsmediziner.
Der 43-jährige Vater hatte in der Verhandlung ein umfassendes Geständnis abgelegt. Er habe damals Heroin konsumiert, wobei seine Partnerin davon nichts gewusst habe. "Es war Stress. Das Leben ist schwer", erklärte er zu seinem Suchtgift-Konsum. Er habe das Heroin in einem Plastiksackerl in seiner Hosentasche mit sich geführt und müsse davon etwas in der Wohnung "verloren" haben: "Es tut mir sehr wahnsinnig leid. Es war das Schlechteste, was in meinem Leben passiert ist." Etwas Heroin sei ihm aus der Tasche gefallen, seine Tochter müsse das in den Mund genommen haben, vermutete er.
Die um ein Jahr jüngere Mutter des Mädchens bekannte sich "nicht schuldig". Sie habe von der Drogensucht ihres Lebensgefährten nichts geahnt: "Ich habe gar nichts gewusst. Wir haben nie über Drogen gesprochen. Das war gar kein Thema bei uns." Sie und ihre Tochter hätten ein "sehr gutes Verhältnis" zum Vater gehabt: "Sie hat ihn geliebt." Mittlerweile habe sie sich von dem Mann getrennt, es gebe nur mehr telefonischen Kontakt.
Der 42-Jährigen war am Morgen des 21. Jänner 2024 aufgefallen, dass ihre Tochter ungewöhnlich ruhig war und schläfrig wirkte. Als der Kleinen der Kopf vornüber fiel, rief die Frau die Rettung an. Die Zweijährige wurde rasch ins Spital gebracht, was ihr das Leben rettete, wie die Richterin der Mutter zubilligte: "Wenn Sie die Ärzte nicht gerufen hätten, wäre sie nicht mehr da."
Im Fall eines im vergangenen Februar in Wien mutmaßlich an den Folgen eines Schütteltraumas gestorbenen Babys muss sich der Vater am Dienstag, 15. Oktober 2024, wegen Mordes am Wiener Landesgericht verantworten.