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Ars Electronica Festival auf der Suche nach der Hoffnung

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"Flock of" - Eintauchen in einen Fischschwarm
©APA/APA/Ars Electronica/bit.studio
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"HOPE - who will turn the tide" - das Ars Electronica Festival 2024 widmet sich der Hoffnung und der Frage, wer das Blatt wenden wird. Mehr als 1.200 Kunstschaffende, Forschende, Aktivisten und Wirtschaftstreibende aus 67 Ländern stellen ihre Visionen für eine gute Zukunft vor. Für die Hauptausstellung in der PostCity, dem ehemaligen Postverteilzentrum am Bahnhof, ist viel Zeit und gutes Schuhwerk anzuraten, im Gegenzug erhält man Inspiration und - wie versprochen - Hoffnung.

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"How dare you maintain hopeful visions in times like these?" prangt am Eingang zur diesjährigen Themenausstellung. Die gezeigten Projekte beantworten diese Frage damit, dass sie zeigen: Ja, wir können etwas ändern und damit darf man sich auch erlauben, die Hoffnung aufrechtzuerhalten. In den fensterlosen Räumen der PostCity kommen viele der Projekte allein schon durch reine Ästhetik zur Geltung; Neben künstlerischen Installationen, die zum Nachdenken anregen, sind aber auch viele äußerst praktisch gedachte und sofort nutzbare Projekte vertreten.

Das "Solar Protocol" des internationalen Künstlerkollektivs Tega Brain etwa hat ein globales Netzwerk an solarbetriebenen Servern installiert, die von Freiwilligen gewartet werden und gemeinsam eine Webplattform hosten - die Energie kommt immer von dort, wo gerade das meiste Sonnenlicht zur Verfügung steht. In einem zweiten Projekt ("Cold Call") ruft die Gruppe dazu auf, Ölbossen die Zeit zu stehlen, indem man sie anruft und in Gespräche verwickelt. Solange sie zugetextet werden, können sie nichts tun, was CO2 emittiert, so der zugrunde liegende Gedanke.

"Iron 56" von Carlos Sfeir Vottero besteht aus von der Decke hängenden Kompassnadeln - ihr Magnetfeld wird durch die vorbeigehenden Besucher gestört und sie müssen sich ständig neu ausrichten. Nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert die Arbeit "Flock of" von bit.studio, die Vernetztheit und Anpassungsfähigkeit des Lebens vor Augen führen soll: Durch den Raum schweben Heliumballons in Form von großen, silbernen Fischen, die einen Schwarm simulieren. Auch hier stört der Besucher - der Schwarm versucht sich neu auszurichten, der Besucher wird ab und an von einem der leise Geräusche machenden Fischballons sanft angestupst.

Dass in Virtual-Reality-Anwendungen meist nur weiße Bewegungsmuster vorkommen, hat die US-amerikanische Künstlerin LaJune McMillian zum Anlass genommen, eine Black Movement Library aufzubauen - ein Archiv, in dem schwarze Tänze, Bewegungsmuster, Lebensgeschichten enthalten sind, die in die Gestaltung von Avataren einfließen und diese diverser machen können. Re- und Upcycling prägt das Projekt "Mutualidad de Fantasmática Electrónica" von Federico Gloriani aus Argentinien: Freiwillige sammeln Elektroschrott, zerlegen ihn in akribischer Kleinarbeit und bauen eine Bibliothek auf, in der Künstler nach jenen Einzelteilen suchen können, die sie benötigen.

Ebenfalls in der PostCity zu sehen ist die Schau der StartsPrize-Projekte. Diese Auszeichnungen der EU-Kommission erhielten heuer die Kulturinitiative der europäischen Organisation für Kernforschung (CERN) in Genf, die u.a. die Daten des Large Hadron Collider ästhetisch aufarbeitet, und "Calculating Empires" von Kate Crawford und Vladan Joler. Die australische KI-Wissenschafterin Kate Crawford und Vladan Joler, Professor für New Media an der Universität Novi Sad, setzen sich mit der Beziehung zwischen Technologie und Macht in den vergangenen fünf Jahrhunderten auseinander. Die Unmenge an Daten aus dieser Recherche haben sie in einem riesigen Schaubild zu unterschiedlichen Gesellschaftsbereichen - von der Bildung bis zum Militärwesen - aufbereitet, das man in verschiedene Richtungen lesen kann und für das man etwas Zeit einplanen sollte.

Ebenfalls in dieser Ausstellung zu sehen ist mit "Balot NFT" ein innovativer Ansatz zur Restitution von Raubkunst, der den heuer erstmals vergebenen StartsPrize Africa erhalten hat: Die kongolesische Initiative Cercle d'Art des Travailleurs de Plantation Congolaise (Kunstkreis der kongolesischen Plantagenarbeiter*innen) hat NFTs einer volkskulturell bedeutenden Statue, die im Besitz eines Museums ist, angefertigt und veräußert diese. Mit dem eingenommenen Geld wird Land zurückgekauft.

Weitere Ausstellungen des Festivals, das von Mittwoch bis zum 8. September dauert, sind u.a. im Lentos - die Schau der Prix-Gewinner - und im MedCampus ("Art and Science") sowie an der Kunstuni zu sehen. Die Eröffnung Mittwochabend im Mariendom ist Jubilar Anton Bruckner gewidmet, das Perger Präludium wird von zwei Orgeln und verschränkten Photonen als Dirigenten dargeboten. Weitere musikalische Höhepunkte sind die Große Konzertnacht am Freitag mit dem Cello Octet Amsterdam und acht Robotern sowie Pianistin Maki Namekawa und die Österreichische Erstaufführung des Mishima Concerto von Philip Glass mit dem Brno Philharmonic Orchestra unter Dennis Russell Davies am Sonntag.

(S E R V I C E - Ars Electronica Festival "HOPE who will turn the tide" von 4. bis 8. September in Linz, Programm und Highlights unter http://ars.electronica.art)

LINZ - ÖSTERREICH: FOTO: APA/APA/Ars Electronica/bit.studio

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