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Auch wenn sie nie ganz von der Kinoleinwand verschwand: Mit "Maria" feiert Jolie jetzt ein glamouröses Comeback. Dass sie für ihre Rolle als legendäre Opernsängerin Maria Callas nicht für einen weiteren Oscar nominiert wurde, sorgte unlängst für Verwunderung.
Denn Jolie ist mit großem Perfektionismus an die Rolle herangegangen und geht ganz im Image der so begnadeten wie fragilen Sängerin auf. Sie habe sieben Monate Operngesang trainiert, erzählte die US-Amerikanerin in Interviews. Im Film werden Jolies und Callas' Gesang ineinander gemischt.
Das Drama von Pablo Larraín erzählt von den letzten Lebenstagen Callas' in den 1970er Jahren in Paris. Und fokussiert sich in seiner fiktionalen Nacherzählung ganz auf Callas' Image als geniale, kapriziöse Diva. Entstanden ist ein visuell berauschendes Kammerspiel.
Callas, die 1977 mit nur 53 Jahren an einem Herzinfarkt starb, lebte am Schluss weitgehend isoliert. Der Film zeichnet sie als sensible, aber auch herrische Person, die außer ihrer Haushälterin (Alba Rohrwacher) und ihrem Diener (Pierfrancesco Favino) kaum soziale Kontakte hat.
In opulenten Morgenmänteln schreitet sie durch ihr barockes Pariser Appartement, kommandiert ihr Personal, blickt in die Ferne, nimmt kaum Essen zu sich, dafür aber viele Beruhigungsmittel. Sie denkt über ein Comeback nach, doch ihre Stimme ist schwach.
"Etwas, das ich für die Rolle und das Leben von Callas für wichtig halte, ist, dass sie aufgrund des öffentlichen Drucks, des Zustands ihrer Stimme, des Konflikts mit ihrer biologischen Familie ... mit dem gesamten Planeten, so isoliert von der Welt war", sagte Regisseur Larraín bei den Filmfestspielen Venedig, wo das Werk Premiere feierte. "Sie war in diesem Haus eingeschlossen."
Viel Zeit verbringt Callas im Film damit, in Erinnerungen zu schwelgen, unterstützt durch einen jungen Reporter, der sie zu Hause interviewt. Ob sie sich das Gespräch nur vorstellt oder es wirklich passiert, ist wie bei vielen Szenen im Film nicht klar. Callas schwelgt in Erinnerungen an ihre große Liebe Aristoteles Onassis, an gefeierte Auftritte, aber auch ihre teils problematische Kindheit.
Larraín, der zuvor mit "Jackie" und "Spencer" bereits zwei Dramen über leidende Frauen der Weltgeschichte gedreht hat, legt Wert auf die ästhetische Inszenierung. Jedes Bild ist bis ins Detail durchdacht und toll anzusehen. Doch wie schon seine Vorgängerfilme wirkt der Film etwas statisch. Man kommt der Hauptfigur nicht wirklich nah.
Das ist gewollt: Larraíns Filme sind keine klassischen Biopics, die den Zuschauern die wichtigsten Fakten aus dem Leben berühmter Persönlichkeiten präsentieren. Mehr geht es um gesellschaftliche Mechanismen, die Frauen in bestimmte Verhaltensweisen zwängen. Callas wird im Film von Journalisten bedrängt. An einer Stelle sagt sie: "Es gibt kein Leben abseits der Bühne."
Man konnte schon bei früheren Besetzungen - Natalie Portman als Jackie Kennedy und Kristen Stewart als Lady Diana - vorsichtige Parallelen zwischen den Images der Schauspielerinnen und ihren Rollen in diesen Filmen ziehen. So auch in "Maria".
Einem Reporter der "New York Times" erzählte Jolie, sie könne sich mit der Isolation der Callas identifizieren. "Einsamkeit ist keine schlechte Sache", sagte sie. "Wir werden beide als stark angesehen, aber in Wirklichkeit sind wir sehr verletzlich und menschlich", führte sie aus. "Ich glaube nicht, dass sich eine von uns beiden in der Öffentlichkeit wohlfühlt."
Auch mit der Musik könne sie sich identifizieren. Zwar sei sie mit Punkmusik aufgewachsen und ihre Lieblingsband sei The Clash, sagte Jolie in Venedig. Aber inzwischen hege sie auch eine große Liebe für die Oper. "Wenn du ein erfülltes Leben hattest, wenn du an einem bestimmten Punkt ein gewisses Maß an Verzweiflung, an Schmerz, an Liebe gefühlt hast, dann gibt es nur bestimmte Klänge, die zu diesem Gefühl passen." Die Oper sei "der einzige Klang, der diesen bestimmten Schmerz erklären kann".
Es ist vielleicht diese Identifikation, die Jolie dazu brachte, mit einer großen Hauptrolle auf die Kinoleinwand zurückzukehren. Zweifellos nehmen sowohl die Schauspielerin als auch der Regisseur Callas und ihr Vermächtnis jedenfalls sehr ernst. Und das ist vielleicht am Ende der größte Reiz dieses Films.