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Aktionismus im Volkstheater, Demokratie-Frühschoppen im MQ

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Ostrowski führte im Volkstheater durch launige Revue vor der Hochrechnung
©APA/Sonja Harter
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Selten zuvor hat eine Wahl die Kunst- und Kulturszene derart mobilisiert wie die heutige Nationalratswahl. Aufrufe, von seinem demokratischen Stimmrecht Gebrauch zu machen, waren in den vergangenen Wochen ebenso zahlreich wie Warnungen vor einem Rechtsruck. Kein Wunder also, dass auch der Wahltag selbst seinen Niederschlag fand. Im und beim Museumsquartier wurde man am Vormittag gleich bei zwei Veranstaltungen kulturell betreut, am Nachmittag lud das Volkstheater zur Revue.

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Seine Stimme hatte man beim Demokratie-Frühschoppen der Jeunesse besser noch nicht abgegeben - denn die wurde noch gebraucht. Nach einem Blasmusik-Auftakt im Hof des Museumsquartiers bat Jeunesse-Generalsekretärin Birgit Hinterholzer das Publikum, mit gemeinsamem Gesang in die Halle E einzuziehen. Im Foyer wurde man vom Chor "Neue Wiener Stimmen" erwartet. Die Frühschoppen-typischen Bierbänke standen dann auf der Bühne, wo sich der in bunte T-Shirts gekleidete Chor mit den in Tracht angetretenen acht jungen "Kaisermusikanten" mischte. Die vor sechs Jahren gegründete Truppe, deren Mitglieder ansonsten in unterschiedlichen Klangkörpern wie dem RSO Wien oder dem Volksopern-Orchester engagiert sind, absolvierte im Rahmen des zweitägigen Fests zum 75-Jahr-Jubiläum des Musikveranstalters Jeunesse Österreich ihren ersten Frühschoppen in Wien.

Die Choreografin und Regisseurin Cornelia Voglmayr, heuer eine der Featured Artists der Jeunesse, hatte diesen Frühschoppen "als geselliges, traditionelles Beisammensein nach (oder vor) der Wahlurne" gestaltet und ließ dabei keinen Zweifel, dass der Gegensatz zwischen Volksmusik und Diversität von Lebens- und Musikstilen nur politische Behauptung ist, die durch gelebte Praxis widerlegt werden kann. "Gemeinsames Musizieren verbindet", hatte sich Hinterholzer schon im Vorfeld gegen Aus- und Abgrenzung positioniert. Auch gemeinsames Trinken verbindet - eines der Erfolgsgeheimnisse des Konzertformats Frühschoppen. Das vielfache Verschlussklicken der gratis ausgeteilten Bierdosen im Zuschauerraum konnte zwar auch als musikalischer Beitrag verstanden werden, hinterließ in den Ohren umweltbewusster Menschen jedoch einen unangenehmen Nachhall.

Wenige Meter weiter konnte man sich im Café Liebling des Wiener Volkstheaters die Wartezeit auf die erste Hochrechnung kurz nach 17 Uhr mit der Teilnahme an einer Wahlwette verkürzen. Die dort eingerichtete Wahlkommission sah indes nicht recht vertrauenserweckend aus: Glücksspiel ist trotz Staatsmonopol nicht nur Glücks-, sondern auch Vertrauenssache, und so musste man den beiden mafiös wirkenden Gestalten, die hier hinter einer Schachtel Glücksbohnen Platz genommen hatten, glücklicherweise nicht seine Stimme, sondern nur seinen Tipp, was die Prozentanteile der Parteien bei der Hochrechnung angeht, anvertrauen. Der Umstand, dass sich das Ganze auf zusammen 100 Prozent ausgehen sollte, brachte so manche Teilnehmer beim Ausfüllen des Wettscheins gehörig ins Schwitzen. Für zwei Euro Einsatz gab es Volkstheater-Tickets zu gewinnen.

Ausverkauft war schließlich das große, von Ostrowski gewohnt charmant-rotzig moderierte Finale, das ab 15.30 Uhr mit interessanten Gästen aufwartete: So sprach etwa die Filmemacherin Ulli Gladik über ihre Doku "Inland", in der sie FPÖ-Wähler über einen längeren Zeitraum begleitet hat, der Aktivist David Prieth erzählte, warum er sich die Marke "Volkskanzler" schützen ließ ("Wenn die blöd tun, kann ich auch blöd tun") und Ashwien Sankholkar und Georg Eckelsberger von der Recherche-Plattform "Dossier" präsentierten ihr jüngstes Magazin, das sie Nationalratspräsident Werner Sobotka (ÖVP) gewidmet haben.

Konterkariert wurden die ernst gemeinten Gespräche von Kalauern Ostrowskis ("Sowohl die SPÖ als auch die FPÖ werden sich nach der christlichen Decke strecken müssen") und zahlreichen Video-Einspielungen des Journalisten Herwig Höller, der in seinen Zusammenschnitten etwa typische Gesten in Wahlkämpfen, Hoppalas oder die gesammelten politischen Reaktionen auf die jüngste Hochwasserkatastrophe auf der großen Leinwand präsentierte.

Auch das Publikum selbst wurde in die Pflicht genommen: Mittels QR-Code mussten mehrere Fragen beantwortet werden. Sie reichten von "Wessen Rücktritt werden wir bald sehen? Babler, Kickl oder Kogler?" bis zu "Welche Versöhnung wollen Sie erleben? Zwischen Babler und "Kronenzeitung", dem Volkstheater und dem "Kurier" oder zwischen Austria und Rapid?". Bei der Enthüllung der Antworten sprang Ostrowski in "1, 2 oder 3"-Manier zwischen drei beleuchteten Feldern herum.

Auch zwei künstlerische Einlagen hatte das kurzweilige Warten auf die Hochrechnung zu bieten: Die Band "Die Hitlers" spielte eine Akustik-Version des Skandal-Videos "Euerrr Wille geschehe (Heim ins Rrreich)", Hasti Molavian als Akten hortende Personifikation der ÖVP und Birgit Unterweger als sich anbiedernder Herbert Kickl gaben eine Show-Einlage zu "L'amour est un oiseau rebelle" aus "Carmen" und ernteten Szenenapplaus. Still wurde es dann schließlich, als via ORF die erste Hochrechnung eingeblendet wurde und Ostrowskis Eingangsempfehlung schlagend wurde: "In der Roten Bar gibt es Bier für alle, die feiern wollen - oder Trost suchen." Welche Richtung für das Haus bestimmend ist, machte freilich schon ein kürzlich an der Fassade des Theaters angebrachtes Hinweisschild deutlich: "Rechts ist bei uns nur Haupteingang, Kartenservice, Dunkelkammer & Bühneneingang."

WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/Sonja Harter

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