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Bei den Massakern in Wolhynien und Ostgalizien zwischen 1943 und 1945 ermordeten ukrainische Nationalisten der Aufstandsarmee UPA etwa 100.000 Polen. Sie hofften, durch einen Aufstand gegen die deutschen Besatzer und die Beseitigung der polnischen Zivilbevölkerung den ukrainischen Anspruch auf das Gebiet zu untermauern.
Die Gewalt in der heutigen Westukraine erreichte im Juli 1943 ihren Höhepunkt. Viele Opfer wurden bei lebendigem Leib in den Kirchen ihrer Dörfer verbrannt. Bei Vergeltungsaktionen wurden Schätzungen zufolge bis zu 20.000 Ukrainer getötet.
Selenskyj vermied es, sich direkt zu den Vorgängen in der heutigen Westukraine in den 1940ern zu äußern. "Für uns ist die Unterstützung Polens sehr wichtig. Wir müssen in unseren Beziehungen voran gehen, nach vorne schauen", unterstrich er auf der gemeinsamen Pressekonferenz. Aus ukrainischer Sicht ist der Umgang mit den Wolhynien-Massakern ein schwieriges Thema: Viele damalige Nationalisten gelten heute als Helden. Ihr Status als Kämpfer für die Unabhängigkeit wurde gesetzlich verankert.
Polen, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, zählt zu den wichtigsten politischen und militärischen Unterstützern der Ukraine, die seit knapp drei Jahren einen russischen Angriff abwehrt. Der Streit um die Exhumierung der Opfer hat das Verhältnis zwischen Warschau und Kiew seit Jahren belastet.
Vor diesem Hintergrund stand auch Regierungschef Tusk unter zunehmenden Druck, eine Einigung mit der Ukraine über die Exhumierung herbeizuführen. Am 18. Mai wählt Polen einen neuen Präsidenten. Unter den Bürgern wuchs zuletzt der Unmut darüber, dass ihr Land der Ukraine so viel hilft und eine knappe Million Kriegsflüchtlinge aufgenommen hat, während Kiew kaum Anstalten machte, ein aus polnischer Sicht wichtiges Thema anzupacken.
Tusk sagte: "Wir werden das Problem des Gedenkens an die Opfer der Wolhynien-Massaker lösen. Ich möchte nicht, dass irgendjemand in Polen oder in Europa dies zu einer politischen Bedingung für die Unterstützung der Ukraine in ihrer Konfrontation mit Russland macht."
Russland griff indes die Energieinfrastruktur in der Region Lwiw (Lemberg) und anderen Teilen der Ukraine an. "Es ist mitten im Winter, und das Ziel für die Russen bleibt unverändert: unsere Energieversorgung", schrieb Selenskyj auf Telegram. Es handle sich um eine kombinierte Attacke, bei der 40 Raketen und 70 Drohnen eingesetzt worden seien, teilte er mit. Er forderte erneut die Stärkung der ukrainischen Flugabwehr, um solchen Angriffen zu widerstehen.
Der Bürgermeister der Regionalhauptstadt, Andrij Sadowyj, sagte am Mittwoch in den sozialen Medien: "Notabschaltungen wurden in sechs Regionen durchgeführt, aber Lwiw steht noch nicht auf dieser Liste." Bei Angriffen auf die Region Cherson wurden sieben Menschen verletzt. Im benachbarten Iwano-Frankiwsk wurden ebenfalls Anlagen der Energieversorgung beschossen. Die Notdienste seien im Einsatz, die Lage unter Kontrolle, versicherte die Gouverneurin Switlana Onyschtschuk.
In anderen Regionen hingegen gab es Blackouts. Energieminister Herman Haluschtschenko begründete dies mit Präventivmaßnahmen wegen des Raketenangriffs. Betroffen waren die Regionen Charkiw, Sumy, Poltawa, Saporischschja, Dnipropetrowsk und Kirowohrad. Über Schäden in den Regionen ist allerdings bisher nichts bekannt.
Nach Angaben der ukrainischen Flugabwehr hat das russische Militär bei der Attacke Marschflugkörper, aber auch Hyperschallraketen vom Typ Kinschal und andere ballistische Raketen eingesetzt. Über den grenznahen Regionen wie Sumy warfen russische Kampfjets auch Gleitbomben ab. Russland beschießt gezielt und systematisch Energieanlagen in der Ukraine. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs ist inzwischen rund die Hälfte der ukrainischen Energiekapazitäten zerstört worden.