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Trumps Gruselkabinett: Hegseth, Noem, Kennedy, Musk

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Donald Trump

©Justin Sullivan/Getty Images
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Das Regierungsteam des 47. US-Präsidenten nimmt Gestalt an. Maximal loyal, unerfahren, über Parteigrenzen hinweg kontrovers: So lassen sich die bisher bekannten Personen zusammenfassen. Wen sich Trump ins Boot holen will

Mar-a-Lago, Florida. Seit der Wahl wird hier an der Zusammensetzung der neuen US-Regierung getüftelt. An diesem Tag wird aber gefeiert statt gearbeitet. Sylvester Stallone tritt ans Mikrofon. Er kündigt den Gastgeber Donald Trump an, den er einen „mythischen Charakter“ und einen „zweiten George Washington“ nennt. Die Atmosphäre erinnert an eine Oscar-Verleihung.

Oscars hat Trump, anders als Stallone, keine. Dafür Regierungsämter und Beraterposten zu vergeben. Diesmal: das Amt des Gesundheitsministers. Robert F. Kennedy Jr. soll es werden, verkündet Trump. „Bobby, wo bist du?“, fragt er ins Publikum. Später wird er dort auch noch Doug Burgum suchen, der Innenminister werden soll.

Kaum „Erwachsene“

Im Vergleich zur Regierung Trump I fällt auf: Erfahrene politische Führungskräfte sind kaum noch zu finden. Trump hat Loyalisten um sich geschart – langjährige Begleiter wie Kristi Noem, die ihn auch in schlechteren Zeiten unterstützten, aber auch ehemalige Gegner wie J. D. Vance und Marco Rubio, die sich bekehren ließen und nun voll auf MAGA-Kurs sind. Die sogenannten „adults in the room“, die während Trump I versuchten, dessen impulsiven und erratischen Führungsstil einzudämmen, und ihm seine radikalsten Ideen ausredeten, sind weg.

Denn vieles, was Trump im Wahlkampf ankündigte, wollte er bereits in seiner ersten Amtszeit umsetzen. Die Verfolgung politischer Gegner durch die Justiz oder der Einsatz des Militärs gegen Demonstranten gehören dazu. Der mittlerweile pensionierte Topgeneral Mark Milley schrieb etwa in einem Buch, Trump habe ihn aufgefordert, Demonstranten zu erschießen und ihnen die Schädel zu spalten.

Senat als potenzieller Spielverderber

Trump kann die Ministerposten allerdings nicht allein besetzen. Der Senat muss seine wichtigsten Nominierungen bestätigen. Demokratische Stimmen wird es kaum geben, also müssen die Republikaner fast geschlossen für Trumps Wunschkandidaten stimmen.

Gleich mehrere Namen sorgen aber auch innerhalb der Partei für, vorsichtig formuliert, Überraschung. Matt Gaetz etwa, der bei Demokraten wie Republikanern unbeliebt ist und nun das Justizministerium leiten soll, obwohl dieses gerade noch gegen ihn ermittelte. Oder der TV-Moderator Pete Hegseth, der nun Verteidigungsminister werden soll. Beide sind vor allem eines: loyal gegenüber Trump.

Die wichtigsten Personen in Trumps Regierungsteam

Kristi L. Noem, Ministerin für innere Sicherheit

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Kristi L. Noem,  Ministerin für innere Sicherheit
 © Kamil Krzaczynski/AFP/picturedesk.com

Noem erlangte zweifelhafte Berühmtheit, nachdem sie in einem Buch beschrieben hatte, wie sie ihren Hund erschoss, weil er nicht gehorchen wollte. Die Episode könnte sie die Nominierung zur Vizepräsidentin gekostet haben.

Die Gouverneurin von South Dakota soll mit „Grenz-Zar“ Matt Homan und Topberater Stephen Miller die Grenzen schützen und Millionen illegaler Migranten abschieben. Dafür wird die berüchtigte „Zero Tolerance“-Strategie aus Trump I wieder aufgenommen: Tausende Kinder irregulärer Migranten und Asylsuchender wurden ihren Eltern entrissen und als Geiseln eingesetzt, um sie zur Rückkehr in ihr Heimatland zu zwingen. Die Rückführung der Kinder wurde auch zum bürokratischen Albtraum, sie verbrachten teils Jahre in US-Einrichtungen, ohne Kontakt zu den Eltern in der Heimat.

J. D. Vance, Vizepräsident

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J. D. Vance, Vizepräsident
 © IMAGO/ZUMA Press Wire

James David „J. D.“ Vance hat einen bemerkenswerten Lebenslauf: Das Kind einer zerrütteten Arbeiterfamilie schaffte es an die Elite-Uni Yale, dann in den Senat und nun ins Weiße Haus. Ab 2016 trat er häufig als Erklärer des Wahlverhaltens der weißen Unterschicht auf, die mehrheitlich für Trump stimmte, und veröffentlichte den autobiografischen Bestseller „Hillbilly Elegy“.

Damals kritisierte er Trump noch stark, bezeichnete ihn als ungeeignet für das Präsidentenamt und schrieb in privaten Chats, er könne sich nicht entscheiden, ob Trump ein „zynisches Arschloch wie Nixon“ oder „Amerikas Hitler“ sei. Als er aber Senator werden wollte, änderte sich das: „J. D. küsst meinen Hintern, so dringend will er meine Unterstützung“, sagte Trump. Es hat sich für ihn wohl gelohnt.

Marco Rubio, Außenminister

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Marco Rubio, Außenminister
 © RYAN M. KELLY/AFP/picturedesk.com

Marco Rubio trat im Vorwahlkampf 2016 gegen Trump an, der ihn als „Little Marco“ und als politisches Leichtgewicht verspottete. Nun dürfte Trump Rubio zum ersten Latino an der Spitze des US-Außenministeriums machen. Der Senator aus Florida, ein Sohn kubanischer Einwanderer, galt einmal als „Falke“ und Interventionist – ein spannender Kontrast zu Trumps Versprechen, Kriege zu beenden. Rubio stimmte für den Irakkrieg und für die Nato-Invasion in Libyen, und er tritt für die Unterstützung der Ukraine ein.

Als Erfüllungsgehilfe für Trumps isolationistische Außenpolitik wird er viele seiner Überzeugungen beiseitelegen müssen. Die Zustimmung des Senats dürfte reine Formsache sein. Rubio gilt als erfahren, er war jahrelang Teil des außenpolitischen Ausschusses im Senat.

Pete Hegseth, Verteidigungsminister

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Pete Hegseth, Verteidigungsminister
 © Brett Carlsen/Getty Images

„Who the fuck is this guy?“ So reagierte ein Lobbyist der US-Rüstungsindustrie gegenüber „Politico“ auf die Nominierung Hegseths. Auch republikanische Senatoren reagierten teils verwundert, von Urgestein Bill Cassidy kam etwa ein „Who?“. Ein TV-Moderator an der Spitze des weltweit stärksten Militärs?

Aber die Wahl Hegseths hat eine gewisse Logik. Trump ist für seinen extensiven TV-Konsum bekannt, und es ist Hegseth, der ihm jedes Wochenende bei „Fox & Friends Weekend“ sagt, was in der Verteidigungspolitik falsch laufe: „Woke Ideologie“ habe das Militär verweichlicht, Generäle, die sich für mehr Diversität in der Truppe einsetzen, müssten „gefeuert“ werden. 2019 setzte sich Hegseth gegenüber Trump erfolgreich für die Begnadigung von US-Kriegsverbrechern ein.

Hegseth ist selbst Veteran, war in Guantánamo, im Irak und in Afghanistan stationiert, hat aber darüber hinaus keine Führungs- und Regierungserfahrung. Nun soll er die Verantwortung für fast drei Millionen zivile und militärische Mitarbeiter und ein Jahresbudget von zuletzt 842 Milliarden Dollar erhalten. Seine Anhörung im Senat dürfte besonders spannend werden.

Matt Gaetz, Attorney General

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Matt Gaetz, Attorney General
 © Chip Somodevilla/Getty Images

Vor Kurzem war Matt Gaetz noch Abgeordneter für Florida. Nachdem Trump ankündigte, ihn als Attorney General – vergleichbar mit einem Justizminister – vorzuschlagen, legte er sein Mandat sofort zurück. In den nächsten Tagen wurde ein Bericht des parteiübergreifenden Ethikkomitees erwartet, der sich mit Vorwürfen sexuellen Fehlverhaltens gegen Gaetz befasst. Da Gaetz kein Abgeordneter mehr ist, wird die Untersuchung nun fallengelassen.

Gaetz eignet sich wohl gut dafür, die Justiz wie angekündigt zur Verfolgung von Trump-Gegnern einzusetzen – falls der Senat ihn bestätigt. Erste Reaktionen zeigen: Das könnte schwierig werden.

Update, 22.11: Am 21. November gab Gaetz bekannt, dass er sich aus dem Rennen um die Position des Attorney General zurückzieht. Als Ersatz stellte Trump kurz darauf Pam Bondi vor, aktuell Attorney General von Florida. Sie dürfte keine Probleme haben, vom Senat bestätigt zu werden.

Robert F. Kennedy Jr., Gesundheitsminister

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Robert F. Kennedy Jr., Gesundheitsminister
 © Joe Raedle/Getty Images

Einst von Trump als „dümmstes Mitglied der Kennedy-Familie“ bezeichnet, machte der JFK-Neffe und Ex-Präsidentschaftskandidat Robert F. Kennedy Jr. vor allem durch die Verbreitung der falschen Theorie, Impfungen würden Autismus bei Kindern auslösen, auf sich aufmerksam. Auch über 5G- und WLAN-Strahlung sinnierte er bereits abseits der Wissenschaft. Nun soll er die Gesundheitsbehörden zurück zum „empirischen und evidenzbasierten Goldstandard“ (Trump) führen. Sein Vorhaben der strengeren Regulierung von Chemikalien in Lebensmitteln dürfte vor allem unter Republikanern auf Widerstand stoßen.

John Ratcliffe, CIA-Direktor

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John Ratcliffe, CIA-Direktor
 © Cheriss May/Reuters/picturedesk.com

Ratcliffe war 2019 als Geheimdienstkoordinator im Gespräch, nahm sich aber wegen Bedenken aus beiden Parteien selbst aus dem Rennen. Ein Jahr später wurde er dann doch nominiert und auch vom Senat bestätigt – allerdings ohne eine einzige Stimme aus den Reihen der Demokraten. Später arbeitete der ehemalige republikanische Abgeordnete am umstrittenen „Project 2025“ des Trump-nahen Thinktanks Heritage Foundation mit. Ratcliffe tritt für ein hartes Vorgehen gegen China ein, das er als „größte Bedrohung für die USA“ sieht.

Elon Musk und Vivek Ramaswamy, Berater

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Elon Musk und Vivek Ramaswamy, Berater
 © APA/AFP/Ryan Collerd
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 © Alex Brandon/AP/picturedesk.com

Etwas undurchsichtig ist die künftige Rolle des reichsten Mannes der Welt in Trumps Team. Elon Musk unterstützte Trumps Wahlkampf massiv, spendete fast 120 Millionen Dollar und machte seine Social-Media-Plattform X mit Algorithmus-Tricks zum „MAGA-Phon“. Nun darf er knapp zwei Jahre lang eine Beratungskommission leiten. Das „Department of Government Efficiency“, kurz „DOGE“ in Anlehnung an die Kryptowährung Dogecoin, soll helfen, zwei Billionen Dollar an Staatsausgaben einzusparen.

Konkrete Pläne, wie das funktionieren soll, äußerte Co-Berater und Ex-Vorwahlkandidat Vivek Ramaswamy letztes Jahr: drei Viertel aller Staatsdiener feuern, Behörden zerschlagen oder ganz abschaffen. Darunter das FBI, die Steuerbehörde IRS und, warum nicht, das Bildungsministerium. Ambitioniert.

Susie Wiles, Stabschefin

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Susie Wiles, Stabschefin
 © Alex Brandon/AP/picturedesk.com

Trumps Wahlkampfmanagerin wird die erste Frau im mächtigen Amt des „Chief of Staff“. Susie Wiles wird nachgesagt, einen besonderen Draht zu Trump zu haben, den sie auch brauchen wird: Vier „Chiefs“ verschliss Trump in seiner ersten Amtszeit – ein Rekord.

Elise Stefanik, UN-Botschafterin

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Elise Stefanik, UN-Botschafterin
 © Mandel Ngan/AFP/picturedesk.com

Stefanik erzwang nach propalästinensischen Ausschreitungen an Elite-Unis den Rücktritt zweier Rektorinnen und bezeichnete die UN als „extrem antisemitisch“. Außenpolitische Erfahrung hat sie nicht vorzuweisen.

Robert Lighthizer, Handelsbeauftragter

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Robert Lighthizer, Handelsbeauftragter
 © Joe Skipper/Reuters/picturedesk.com

Lighthizer war schon Handelsbeauftragter während Trump I. Der Protektionist sieht die Abkopplung von China als oberste Priorität, aber auch andere große Exporteure wie Deutschland werden mit ihm keine Freude haben.

Dieser Beitrag ist erstmals am 21.11.2024 in der News-Printausgabe Nr. 47/2024 erschienen.

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