Geht es nach dem designierten US-Präsidenten Donald Trump, soll Grönland den USA einverleibt werden. Warum die größte Insel der Welt strategisch und ökonomisch eine so wichtige Rolle spielt, dass Trump keine Mittel – weder wirtschaftliche noch militärische – ausschließt, um sie zu einem Teil der USA zu machen
Weit im Norden, scheinbar am Ende der Erde, liegt Grönland. Das Klima der größten Insel der Welt ist rau: klirrende Kälte, extreme Schneestürme, sowie monatelange Dunkelheit im Winter. Die Sommer sind kurz und wechselhaft. 82 Prozent des Landes sind zudem von einer bis zu drei Kilometer dicken Eiskappe bedeckt.
Eine unwirtliche, nur spärlich besiedelte Region, praktisch ohne Infrastruktur – und dennoch möchte der designierte US-Präsident Donald Trump Grönland unbedingt besitzen. Es sei „im Interesse der nationalen Sicherheit und der Freiheit in der Welt“ eine „absolute Notwendigkeit“, Grönland zu besitzen und zu kontrollieren, erklärte er. Und schließt keine Mittel – weder wirtschaftliche noch militärische aus –, um sein Ziel zu erreichen.
Ein provokanter Besuch
Fast zeitgleich zu Donald Trumps Aussagen landete seine Privatmaschine mit Donald Trump Jr. an Bord in Grönlands Hauptstadt Nuuk. Offiziell ist es ein Privatbesuch, der allerdings von vielen als Provokation gedeutet wird.
Doch warum ist für die USA Grönland so wichtig? Und was wollen eigentlich die knapp 57.000 Bewohnerinnen und Bewohner der Insel?
Bodenschätze
Grönland ist reich an Bodenschätzen. Die deutsche Rohstoffagentur verfasste einen Bericht über das Potenzial der Insel. Daraus geht hervor, dass es dort im Gestein u. a. Gold, Palladium, Uran, Lithium und Tantal gibt. „Beim Erschließen dieser Rohstoffvorkommen tut sich allerdings nach wie vor relativ wenig“, stellt Harald Elsner, Autor der Studie und Seltene-Erden-Spezialist der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, klar. „Es gibt keine Infrastruktur, keine Energie und kein Personal. Die Kosten für den Abbau wären enorm“, erklärt Elsner. Obwohl durch den Klimawandel neue Regionen Grönlands eisfrei werden, so rentiere sich die Erschließung im Augenblick nicht.
Schwere Seltene Erden
Im Süden Grönlands gibt es allerdings das Minenprojekt „Tanbreez“, auf das Trump offenbar ein Auge geworfen hat. Es beherbergt das weltweit größte Vorkommen an schweren Seltenen Erden, die eine Schlüsselrolle in vielen modernen Technologien spielen. Diese finden u. a. Verwendung in Magneten, die für saubere Energietechnologien unverzichtbar sind, ebenso wie in der Kommunikations- und Militärtechnik, etwa für Sonarsensoren.
Immer wieder kommt es zu Lieferengpässen, da die Nachfrage das Angebot seit Jahren übersteigt. Besonders problematisch für die USA: Sie besitzen keine eigenen Schwere-Seltene-Erden-Vorkommen, sodass sie diese – ausgerechnet vom Weltmarktführer China – zukaufen muss.
„Tanbreez“ ist im Besitz eines australischen Privatmannes. Seit vielen Jahren versucht er, die Rechte an den Vorkommen zu verkaufen. Bisher ohne Erfolg.
Strategische Bedeutung
Die Vorkommen an Bodenschätzen sind nicht der einzige Grund, der Grönland für die USA so begehrenswert macht. „Hinter Trumps Ambitionen stecken handfeste sicherheitspolitische Interessen, die sich vor allem auf die militärische Relevanz Grönlands beziehen“, weiß Militäranalyst Franz-Stefan Gady, der Regierungen sowie Streitkräfte in Europa und den Vereinigten Staaten berät. „Im Zentrum steht das Grönland-Island-Vereinigtes Königreich-Gap (GIUK-Gap), eine strategisch wichtige Meerenge zwischen Nordamerika und Europa“, so Gady weiter. Diese ca. 1.000 Kilometer breite Passage kontrolliert den Zugang zum Nordatlantik und ist somit essenziell für die Überwachung maritimer Aktivitäten.
Vor allem die aktuelle Schwäche der Royal Navy des Vereinigten Königreichs, deren Hauptaufgabe traditionell die Überwachung des GIUK-Gaps war, bereitet Trump laut Gady Sorgen: „Die Royal Navy verfügt aktuell über nur ca.
16 große Überwasserkriegsschiffe und kann keine flächendeckende Überwachung mehr garantieren.“
Unterseekabel und Militärstützpunkt
Ein weiterer kritischer Aspekt betrifft die für den globalen Datentransfer zentralen Unterseekabel. Ein großer Teil dieser Kabel, die Sabotagziele im Rahmen hybrider Kriegsführung sind, verläuft durch den Nordatlantik. Eine verstärkte militärische Präsenz der USA in dieser Region könnte deren Schutz deutlich verbessern.
Nicht zuletzt könnte die USA durch einen Ausbau ihres Stützpunkts Pituffik im Nordwesten der Insel die Überwachung der Aktivitäten Russlands und auch Chinas in der Region intensivieren.
Bevölkerung
Grönlands Regierungschef Mute Egede erteilte Trump eine Absage: „Grönland gehört uns. Wir stehen nicht zum Verkauf und werden niemals zum Verkauf stehen“, erklärte er. Gleichzeitig betonte Egede den Wunsch nach Unabhängigkeit.
Grönland gehört zu Dänemark, verfügt aber über weitgehende Autonomie. Die Mehrheit der Bevölkerung spricht sich für Unabhängigkeit aus. Allerdings ist das Land wirtschaftlich von Dänemark abhängig. Das soll sich bald ändern.
Viel Geld wird in Infrastruktur für den Tourismus investiert. Ende November wurde der internationale Flughafen in Nuuk eröffnet, der erstmals Direktflüge in die Hauptstadt ermöglicht.
Und Dänemark? Die Reaktion auf Trumps Äußerung kam prompt: Das Wappen wurde geändert. Grönland Symbol, der Polarbär, wurde aufgewertet. Regierungschefin Mette Frederiksen fragte zudem um einen Gesprächstermin mit Trump an – noch wartet sie auf eine Zusage.
Múte Egede
ist seit 2021 Regierungschef Grönlands. Er gehört der sozialistischen Partei Inuit Ataqatigiit (IA) an und setzt sich gegen umstrittene Bergbauprojekte auf der Insel sowie für die Unabhängigkeit von Dänemark ein. Die nächsten Wahlen finden in Grönland im Frühjahr statt.
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr.03/2025 erschienen.