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Todesfahrt in Magdeburg - Behörden erhielten Hinweise

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Die Tat löste Entsetzen aus
©APA/APA/AFP/JOHN MACDOUGALL
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Nach dem Weihnachtsmarkt-Anschlag von Magdeburg mit fünf Toten und vielen Schwerverletzten rückt die Frage in den Blick, ob die Gewalttat hätte verhindert werden können. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erhielt nach eigenen Angaben im Spätsommer 2023 Hinweise zum mutmaßlichen Täter. Nach Angaben des Chefs des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, wurde nach einem Hinweis aus Saudi-Arabien zu dem Mann ein Verfahren eingeleitet.

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Der 50-jährige Taleb A. soll am frühen Freitagabend mit einem Auto auf einem Weihnachtsmarkt in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt in die Menschengruppe gerast sein. Dabei waren ein neunjähriges Kind sowie vier Frauen getötet und mehr als 200 weitere verletzt worden. Viele von ihnen erlitten schwere und schwerste Verletzungen, deswegen könnte die Zahl der Todesopfer weiter steigen. Bei dem unmittelbar nach der Tat festgenommenen Taleb A. handelt es sich um einen Arzt aus Bernburg südlich von Magdeburg, der als islamkritischer Aktivist bekannt ist. Er befindet sich inzwischen in Untersuchungshaft.

Das Bundesamt für Migration erhielt den Hinweis zum Tatverdächtigen nach eigenen Angaben über seine Social-Media-Kanäle. "Dieser wurde, wie jeder andere der zahlreichen Hinweise auch, ernst genommen", schrieb das BAMF auf der Plattform X. Da das Bundesamt keine Ermittlungsbehörde sei, sei die hinweisgebende Person, wie in solchen Fällen üblich, direkt an die verantwortlichen Behörden verwiesen worden.

Im Netz kursieren derzeit Screenshots, die Nachrichten einer Person mit Warnungen vor dem mutmaßlichen Täter an das BAMF zeigen sollen. Die Echtheit dieser Screenshots war zunächst nicht zu verifizieren. Die "Welt am Sonntag" berichtete über eine Frau, die Ende 2023 Warnungen über Taleb A. an den X-Account des BAMF geschickt habe. Zuvor habe sie bereits versucht, die Berliner Polizei vor dem Mann zu warnen. Ihre E-Mail sei nicht angekommen, da sie diese versehentlich an die Polizei einer Gemeinde namens Berlin in den USA geschickt habe, berichtete die Zeitung.

Die Berliner Polizei schrieb auf X, dass aktuell Screenshots mit vermeintlichen Hinweisen an sie im Zusammenhang mit Magdeburg kursierten. "Zum jetzigen Zeitpunkt können wir diese Hinweise nicht bestätigen, und auch einen Fake nicht ausschließen. Die Prüfung hierzu dauert an", hieß es am Samstagabend. Unabhängig davon war der mutmaßliche Täter der Berliner Justiz bekannt: Nach dpa-Informationen lag dort ein Verfahren der Amtsanwaltschaft wegen des Missbrauchs von Notrufen durch Taleb A. vor. Zuerst hatte der "Spiegel" berichtet.

Der Direktor der Magdeburger Polizeiinspektion, Tom-Oliver Langhans, erklärte am Samstag auf einer Pressekonferenz, dass die Polizei in der Vergangenheit eine Strafanzeige aufgenommen habe. "Es ist auch von unserer Seite versucht worden, eine Gefährderansprache durchzuführen. Das ist jetzt auch noch Gegenstand der Ermittlungen, woran das dann nachher letztendlich in diesem Verfahren dazu nach meiner Erkenntnis erst mal so nicht gekommen ist." Dieses Verfahren liege aber derzeitig schon ein Jahr zurück.

Über das Tatmotiv wurde weiterhin gerätselt. Der Leitende Oberstaatsanwalt Horst Walter Nopens hatte am Samstag gesagt, das Motiv des mutmaßlichen Täters könnte Unzufriedenheit über den Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland gewesen sein. In sozialen Netzwerken präsentierte sich der Festgenommene als vehementer Kritiker des Islams und des repressiven Machtapparats in Saudi-Arabien. Zugleich setzte er sich für die Belange vor allem von Frauen aus seinem erzkonservativ geprägten Heimatland ein. In sozialen Medien und Interviews erhob er zuletzt teils wirr formulierte Vorwürfe gegen deutsche Behörden und hielt ihnen unter anderem vor, nicht genug gegen Islamismus zu unternehmen.

Der Mann soll sich mittlerweile als Ex-Muslim ansehen. Zehn Jahre nach seiner Ankunft in Deutschland stellte er im Februar 2016 einen Asylantrag, der im Juli 2016 positiv beschieden wurde. Erst vor rund zehn Tagen veröffentlichte die amerikanische Plattform "RAIR", die sich selbst als antimuslimische Graswurzel-Organisation beschreibt, ein mehr als 45 Minuten langes Interview mit dem Arzt. Darin warf er der deutschen Polizei vor, das Leben saudischer Asylsuchender, die sich vom Islam losgesagt hätten, gezielt zu zerstören. Zudem präsentierte er sich als Fan von X-Inhaber Elon Musk, der inzwischen Positionen der amerikanischen Rechten vertritt, und der AfD, die die gleichen Ziele wie er verfolge. Gleichzeitig bezeichnete er sich aber politisch als links.

BKA-Chef Holger Münch sagte im ZDF-"heute journal", es gebe - anders als bei ähnlichen Taten in der Vergangenheit - keinen Hinweis auf einen islamistisch motivierten Anschlag. Auch der Generalbundesanwalt sage noch nicht eindeutig, wie der Sachverhalt einzuordnen sei. Der Tatverdächtige habe eine islamfeindliche Einstellung, er habe sich auch mit rechtsextremen Plattformen beschäftigt, sagte der Chef des Bundeskriminalamts. Es sei aber noch nicht abschließend möglich zu sagen, dass die Tat politisch motiviert gewesen sei. Münch sagte, dass das BKA schon im November 2023 einen Hinweis aus Saudi-Arabien zu dem Mann bekommen habe. Die Polizei in Sachsen-Anhalt habe dann "entsprechende Ermittlungsmaßnahmen" vorgenommen, doch sei die Sache unspezifisch gewesen.

Diskutiert wird nun wie häufig in solchen Fällen die Frage, ob die Sicherheitsbehörden nicht früher hätten handeln können oder müssen. Der Terrorismusexperte Peter Neumann sagte im ZDF, der Tatverdächtige habe nicht in ein bestimmtes Raster gepasst. "Er war eben kein typischer Islamist. Er war ein Saudi, der sich gegen den Islam gewendet hat. Das passt für Behörden nicht so richtig in die gängigen Schema rein." Zudem habe man heute eine Flut von Informationen von Tausenden von Leuten, die im Internet ähnliche Botschaften sendeten. "Und es ist ganz, ganz schwierig zu unterscheiden: Wer meint es ernst, und wer ist nur auf dem Internet und macht Sprüche?"

Die Tat löste international Entsetzen aus. Mehrere Staats- und Regierungschefs drückten ihr Mitgefühl aus. In Magdeburg selbst kamen am Abend Hunderte zu einem Trauergottesdienst zusammen. In das Gedenken in der Magdeburger Innenstadt mischten sich am Samstagabend aber auch rechte Parolen. Mehr als 2.000 Teilnehmer versammelten sich nach Angaben der Polizei auf einem zentralen Platz, vereinzelt kam es zu kleineren Störungen mit körperlichen Auseinandersetzungen. Mehrere Strafverfahren wurden eingeleitet.

In Österreich werden ebenfalls Sicherheitsvorkehrungen bei Weihnachtsmärkten verschärft. So teilte die Stadt Linz am Samstag in einer Aussendung mit, die Besucher der Standl am Hauptplatz, am Volksgarten sowie des Marktes vor dem Neuen Dom durch "technische Sicherungsmaßnahmen" zu schützen. Von der Wiener Polizei hieß es, die umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen würden "auf hohem Niveau intensiviert". Ähnlich äußerte sich das Innenministerium.

Candles stand at a makeshift memorial at the site of a car-ramming attack on a Christmas market in Magdeburg, eastern Germany, on December 22, 2024. The death toll in the attack on December 20, rose to 5 on December 21, 2024, with over 200 injured, according to the head of the regional government, Reiner Haseloff. (Photo by John MACDOUGALL / AFP)

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