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Der gebürtige Grieche Currentzis, der seit 2014 auch die russische Staatsbürgerschaft besitzt, wird deshalb von zahlreichen westlichen Institutionen derzeit nicht mehr engagiert. Auch im Wiener Konzerthaus oder dem Musikverein sucht man vergeblich Currentzis-Termine im Programm. Der neue Wiener Festwochen-Intendant Milo Rau hatte 2024 eine programmatische Zusammenstellung von Currentzis mit der ukrainischen Dirigentin Oksana Lyniv geplant, die sich dem Projekt allerdings verweigerte, weshalb Currentzis wieder ausgeladen wurde.
Gegenüber dem "Spiegel" sieht sich der Dirigent angesichts der vielen Absagen von Musikinstitutionen als Opfer und behauptet, viele hätten seine "Menschenrechte" verletzt, weshalb er sie verklagen könnte. "Das Gleiche haben sie in der Junta gemacht, unter der ich aufgewachsen bin." Damals, in den 1970ern, habe die griechische Militärdiktatur von seiner Mutter verlangt, schriftlich zu versichern, keine Kommunistin zu sein, wenn sie weiterhin arbeiten wolle. "Sie versuchen dieses Spiel mit mir zu spielen, aber sie haben eines nicht verstanden: Nicht mit mir!"
Manche Kollegen hätten viel Geld vom russischen Staat bekommen, dann aber sogleich andernorts die ukrainische Hymne gespielt. "So einer bin ich nicht", so Currentzis: "Vielleicht stehe ich nicht auf der richtigen Seite der Geschichte! Ich weiß nicht, wo das sein soll. Mein Navigator kann es nicht finden." Zugleich gelte: "Ich wäre ja froh, wenn ich die Leute, die das entscheiden, anrufen und ihnen sagen könnte, dass sie sich lieben und vergeben sollen."
Ein weiterer Kritikpunkt an Currentzis ist sein einst im sibirischen Perm gegründetes und seit 2019 in St. Petersburg ansässiges Orchester MusicAeterna. Dieses wird primär von der auf der EU-Sanktionsliste stehenden VTB Bank finanziert und hat einen Vorstand, in dem neben dem Bankchef auch der Putin-nahe Gouverneur von Sankt Petersburg und die ebenfalls eng mit dem Regime verbundene Leiterin der russischen Nationalbank sitzt. Laut russischen Medienberichten könnte bald Currentzis Traum eines eigenen Konzerthauses für MusicAeterna wahr werden. Die VTB Bank und der Gouverneur von Sankt Petersburg haben eine gemeinsame Absichtserklärung für den Bau einer Konzerthalle im Umfang von 900 Millionen US-Dollar unterzeichnet.
Im Westen tritt Currentzis nun in der Regel mit seinem neu gegründeten Ensemble Utopia auf, so auch bei den heurigen Salzburger Festspielen. Dieses wurde 2022 aus der Taufe gehoben, hat seinen Sitz nicht in Russland und wird wesentlich von der Kunst und Kultur DM Privatstiftung des verstorbenen Red-Bull-Masterminds Dietrich Mateschitz finanziert.