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Nach eigenen Angaben nahmen die Kämpfer ein großes Gefängnis in der Stadt ein und ließen Insassen frei. "Unsere Streitkräfte sind in das Zentralgefängnis von Hama eingedrungen und haben Hunderte zu Unrecht inhaftierte Gefangene befreit", erklärte Hassan Abdel Ghani, ein militärischer Führer der islamistischen Kämpfer, im Onlinedienst Telegram.
Die Stadt Hama im westlichen Zentrum von Syrien liegt zwischen Aleppo im Norden und Damaskus im Süden und ist für den Schutz der rund 220 Kilometer entfernten Hauptstadt von großer Bedeutung. Nach Aleppo waren die Rebellen bei ihrer Offensive innerhalb weniger Tage vorgedrungen. Seit Tagen lieferten sie sich mit den Truppen der Regierung von Machthaber Bashar al-Assad Gefechte auch um Hama.
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London berichtete, die Rebellen seien nach stundenlangen Kämpfen von nordöstlicher Seite in die Stadt eingedrungen. "Im Lauf der vergangenen Stunden (...) konnten diese Gruppen mehrere Achsen in der Stadt durchdringen und die Stadt betreten", teilte das syrische Ministerium mit. Bei den zunehmenden Kämpfen mit den "Terroristen" habe es in den Reihen der Regierungssoldaten zunehmend Tote gegeben.
Die Rebellen hatten in der vergangenen Woche eine überraschende Offensive im Norden Syriens gestartet und dabei die zweitgrößte Stadt Aleppo erobert. Seitdem sind sie rasch weiter nach Süden vorgestoßen. Die syrische Armee versucht sie aufzuhalten. Unterstützt wird sie dabei vom russischen Militär und vom Iran unterstützten Milizen. Der Iran und Russland sind die engsten Verbündeten des syrischen Präsidenten Assad. Mächtigste Gruppe unter den Rebellen ist die HTS, der ehemalige Al-Kaida-Ableger in Syrien. Ihr Anführer Abu Mohammed al-Golani hat zwar versprochen, die religiösen Minderheiten zu schützen, doch gibt es große Sorgen wegen der Aufständischen. Eine Eroberung von Hama eröffnet den Rebellen die Möglichkeit für einen Vorstoß auf Homs, die wichtigste Stadt in Zentralsyrien.
Der Überraschungsangriff der Rebellen ist der größte seit Jahren im syrischen Bürgerkrieg, in dem die Fronten seit 2020 weitgehend eingefroren waren. Der Iran und Russland hatten Assad geholfen, die Kontrolle über den größten Teil des Landes und alle größeren Städte zurückzugewinnen. Assad hatte die Massenproteste gegen ihn, die 2011 in einen Bürgerkrieg mündeten, vom Militär brutal niederschlagen lassen. UNO-Experten sprechen von Kriegsverbrechen. Hunderttausende Menschen wurden in dem Konflikt getötet und viele Millionen vertrieben.
Der deutsche Nahost-Experte und frühere deutsche Botschafter in Damaskus, Andreas Reinicke, sieht nach dem Wiederaufflammen des Bürgerkriegs die Zukunft der christlichen und kurdischen Minderheiten in Syrien gefährdet. Die HTS-Miliz habe sich zwar von den brutalen Praktiken der Terrororganisation "Islamischer Staat" distanziert, dennoch sei die Miliz in der Ideologie der Al-Nusra-Front, einer Abspaltung von Al-Qaida, fest verwurzelt, sagte der Direktor des Deutschen Orient-Instituts der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), wie Kathpress berichtete.