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Yoon hatte am 3. Dezember überraschend das Kriegsrecht ausgerufen, um gegen die das Parlament dominierende Opposition vorzugehen. Er begründete sein Vorgehen mit dem Vorwurf, sie sei Handlanger des kommunistischen Nordkorea und habe den parlamentarischen Prozess gelähmt. Nach massiven Protesten auch aus seiner eigenen Partei hob er das Kriegsrecht sechs Stunden später wieder auf.
Yoon hatte sich für sein Vorgehen zwar entschuldigt, Forderungen nach einem Rücktritt aber zurückgewiesen. Die Staatsanwaltschaft leitete strafrechtliche Ermittlungen gegen Yoon ein. Ihm wird das Schüren von Aufruhr vorgeworfen, wofür die Immunität des Präsidenten nicht gilt. Yoon war wiederholt Ladungen der Justiz zur Vernehmung nicht nachgekommen. Der daraufhin erlassene Haftbefehl ist bis Montag gültig.
Nach der gescheiterten Festnahme kündigte Yoon rechtliche Schritte gegen die daran Beteiligten an. Wie die Nachrichtenagentur Yonhap berichtete, erklärte Yoons Anwalt, am Montag eine Beschwerde gegen rund 150 Strafverfolgungsbeamte einreichen zu wollen, darunter auch den Leiter der südkoreanischen Anti-Korruptionsbehörde (CIO). Unter Führung der CIO hatten Dutzende Ermittler am Freitag mehr als fünfeinhalb Stunden lang versucht, Yoon festzunehmen, um ihn im Fall um die kurzzeitige Verhängung des Kriegsrechts Anfang Dezember zu befragen. Auf dem Gelände der Residenz des Präsidenten stellten sich jedoch etwa 200 Mitglieder der Armee und des Sicherheitsdienstes den Behörden in den Weg.
Wie Yonhap berichtete, könnten die Ermittler noch am Sonntag erneut versuchen, Yoon festzunehmen. Sollte ihnen dies gelingen, hätten sie demnach 48 Stunden Zeit, Yoon zu befragen und zu entscheiden, ob sie ihn wieder freilassen oder einen Haftbefehl gegen ihn beantragen. In Seoul demonstrieren seit Tagen zahlreiche Anhänger Yoons vor dem Präsidentensitz. Auch Gegner des suspendierten Präsidenten protestierten zu Tausenden.
Parallel zu den strafrechtlichen Ermittlungen läuft das Amtsenthebungsverfahren gegen Yoon, für das das Parlament am 14. Dezember gestimmt hatte. Mit dem Votum der Abgeordneten wurden dem konservativen Staatschef die Befugnisse entzogen. Er bleibt aber suspendiert im Amt, bis das Verfassungsgericht eine endgültige Entscheidung getroffen hat. In dem Amtsenthebungsverfahren soll es am 14. Jänner eine erste mündliche Verhandlung geben.
Ermittlern zufolge warnten mehrere Minister Yoon Anfang Dezember vor der Ausrufung des Kriegsrechts, er ignorierte aber deren Bedenken. Der diesbezügliche Bericht der Staatsanwaltschaft, den die Nachrichtenagentur AFP am Sonntag einsehen konnte, bezieht sich auf ein Kabinettstreffen, dass Yoon demnach kurz vor der folgenschweren Ausrufung des Kriegsrechts am 3. Dezember einberufen hatte. Sowohl der damalige Ministerpräsident, als auch der Außen- und Finanzminister rieten Yoon demnach von der Ausrufung des Kriegsrechts ab.
Der damalige Premier Han Duck-soo warnte den Angaben zufolge vor "schweren" wirtschaftlichen Folgen und Schäden für die internationale Glaubwürdigkeit Südkoreas. Außenminister Cho Tae-yul sagte, die Ausrufung des Kriegsrechts werde "diplomatische Auswirkungen haben und die Errungenschaften zerstören, die Südkorea in den vergangenen 70 Jahren aufgebaut hat", wie die Ermittler schilderten. Der damalige Finanzminister und derzeitige Interimspräsident Choi Sang-mok warnte demnach vor "verheerenden Auswirkungen für die Wirtschaft und Glaubwürdigkeit des Landes".
Yoon erwiderte laut Bericht, es gebe "keinen Weg zurück, die Opposition werde das Land zum Kollaps führen. "Weder die Wirtschaft noch die Diplomatie werden funktionieren", sagte er demnach. Einer bereits zuvor herausgegebenen Zusammenfassung des Berichts zufolge hatte Yoon die Armee mit der Erlaubnis ausgestattet, mit Waffengewalt in das Parlament einzudringen. Der Bericht der Staatsanwaltschaft bezieht sich auf Ermittlungen gegen den ehemaligen Verteidigungsminister Kim Yong-hyun. Yoons Anwalt sagte, der Bericht stelle keinen Beweis dar.